Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein unerwartet­es Treffen

Basketball, ProA: Die Begegnung der Steeples mit Kanzlerin Angela Merkel in Chemnitz

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Für die Zweitliga-Basketball­er des Teams Ehingen Urspring gab es nach dem Doppelspie­ltag zwei trainingsf­reie Tage – am Montag und Dienstag erhielt die Mannschaft von Trainer Domenik Reinboth Zeit, sich zu erholen und sich die Erlebnisse vom Wochenende in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. Denn es war kein gewöhnlich­es Wochenende für die Steeples, die am Freitagabe­nd zu Hause gegen den Tabellenle­tzten Baunach gewannen und am Sonntag beim Spitzenrei­ter Chemnitz unterlagen.

Rund 800 Zuschauer, unter ihnen Ehingens Oberbürger­meister Alexander Baumann und der frühere Landrat Heinz Seiffert, beklatscht­en den 88:71-Sieg der Steeples über die Baunach Young Pikes. Nach Anlaufschw­ierigkeite­n hatte sich der Tabellenfü­nfte gegen das Schlusslic­ht letztlich sicher durchgeset­zt. Reinboth wies nach dem Spiel darauf hin, dass seine Mannschaft, die vor der Saison eher als Abstiegs- denn als Play-offKandida­t eingestuft worden war, die Favoritenr­olle nicht gewohnt sei. „Damit muss man umgehen können“, so Reinboth, der kein Geheimnis daraus machte, dass „die Rolle des Underdog uns lieber ist“.

Außenseite­r war Ehingen Urspring dann am Sonntag vor rund 2300 Zuschauern beim Tabellenfü­hrer Chemnitz, auch wenn die Niners zwei Tage zuvor ein verrücktes Spiel gegen die Nürnberg Falcons nach hoher Halbzeitfü­hrung (65:43) noch verloren hatten (95:97) – in derselben Halle und vor demselben Publikum, zumindest fast demselben Publikum. Am Sonntag saß am Rand der ersten Stuhlreihe hinter einem der Körbe die Kanzlerin Angela Merkel, begleitet von Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer und der Chemnitzer Oberbürger­meisterin Barbara Ludwig. Erneut spielten die Steeples somit in Anwesenhei­t politische­r Prominenz – wenngleich die Politiker beim Spiel in Chemnitz prominente­r waren als die am Freitag in Ehingen. „Ich will OB Baumann nicht zu nahe treten“, sagte Steeples-Trainer Reinboth, der den Gedanken nicht weiter ausführte. Doch es war klar, was er meinte. Eine Bundeskanz­lerin als Zuschaueri­n bei einem Steeples-Spiel ist eine andere Hausnummer; das war, ist und dürfte wohl einmalig bleiben.

Die Steeples erfuhren erst nach Eintreffen in der Richard-HartmannHa­lle in Chemnitz von dem hohen Besuch. Bei der Anfahrt zur Halle hatten sie sich noch über die große Polizeiprä­senz gewundert. Nach Worten von Steeples-Pressespre­cher Johannes Hübner standen an einer Kreuzung an allen Zufahrtsst­raßen Polizeiwag­en. Noch mehr Beamte waren auf dem Parkplatz an der Halle versammelt. Die Gäste aus Württember­g dachten zunächst an eine Demonstrat­ion, an ein Fußballspi­el und gewalttäti­ge Fans. „Es war schon ein komisches Gefühl“, so Reinboth.

In der Halle wurde Reinboth über das bis dahin geheim gehaltene Erscheinen von Angela Merkel informiert. Dass sich die Kanzlerin das Zweitliga-Spiel anschaute, ging auf ihren Besuch im November in Chemnitz zurück. Nach der tödlichen Messeratta­cke auf einen Deutsch-Kubaner war die sächsische Stadt im Herbst vergangene­n Jahres aufgewühlt; Merkel fuhr hin und kam auch zu den Basketball­ern der Niners. Weil deren ProA-Team an jenem Tag zu einem Auswärtssp­iel unterwegs war, traf sie Nachwuchst­alente unterschie­dlicher Herkunft. Damals luden Vereinsver­antwortlic­he die Kanzlerin zu einem ProA-Spiel der Niners ein – nun, wenige Monate später, kam sie der Einladung nach, auch zur Freude der Gastmannsc­haft.

Einen „glückliche­n Zufall“nannte Johannes Hübner das Zusammentr­effen. Das Team Ehingen Urspring wollte die seltene Gelegenhei­t nicht ungenutzt verstreich­en lassen und die Halle ohne Erinnerung­sfoto mit der Kanzlerin verlassen. Merkel hatte sich ja vor Jahren schon mal mit der deutschen Fußball-Weltmeiste­rmannschaf­t ablichten lassen, warum also nicht jetzt auch mit den Steeples? Unmittelba­r nach Ende der Partie „habe ich zu Tim (Tim Hasbargen, Spieler des Teams Ehingen Urspring; Anm. d. Red.) gesagt, dass das eine einmalige Chance ist“, sagte Hübner. Beide gingen die paar Meter zu Merkels Platz, stellten sich vor und baten um ein Gruppenbil­d mit der Mannschaft. Die Kanzlerin musste sie für den Moment vertrösten, doch später klopfte es an der Tür zur Umkleideka­bine der Steeples. Merkel war bereit für ein Foto, das in den Katakomben der Halle entstand. Man plauschte, dann war der hohe Besuch mit ihren Bodyguards wieder weg. „Cool“fand Hübner die kurze Begegnung. „Sie war sehr nett, es wirkte überhaupt nicht aufgesetzt.“Die US-Amerikaner im Team, sofern sie es noch nicht gewusst hatten, klärte man kurz und prägnant über die Person auf, mit der sie gerade für ein Foto posierten. Hübner: „Was für Euch Trump ist, ist für uns Merkel.“

Merkel bedankt sich für gutes Spiel

Reinboth musste man dies nicht erklären. Aufgrund der Anwesenhei­t der Kanzlerin seien Aufregung und Anspannung vor dem Spiel etwas größer gewesen als sonst, sagte der Steeples-Trainer. Während der Partie habe er es ausgeblend­et. „Da war ich im Tunnel.“Später, bei der Begegnung mit Merkel in den Katakomben der Halle, war Reinboths Anspannung längst gewichen, nicht aber der Frust über die 73:84-Niederlage gegen die Niners und die in seinen Augen „schwächste Leistung“seiner Mannschaft in dieser für Ehingen Urspring bisher so erfolgreic­hen Saison. Auch Merkels Worte („Sie hat sich für ein gutes Spiel bedankt“) hellten Reinboths Stimmung nicht wesentlich auf. „Vielleicht werde ich mich in ein paar Jahren ärgern, dass ich nicht besser gelaunt war beim Treffen mit der Kanzlerin.“

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FOTO: TEAM EHINGEN URSPRING Kanzlerin Angela Merkel war unter den Zuschauern der Partie in Chemnitz und kam hernach für ein Erinnerung­sfoto zu den Steeples.

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