Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die nächsten Tage entscheide­n über Venezuelas Zukunft

- Von Klaus Ehring feld, Mexiko-Stadt

Er kam wie versproche­n: durch den Haupteinga­ng. Nicht über die grüne Grenze, heimlich und versteckt. Juan Guaidó nahm am Montag den Linienflug von Copa-Airlines aus Panama und landete mittags am Flughafen von Caracas wie „ein ganz normaler freier Bürger“. Dort wurde er weder festgenomm­en, noch an der Einreise gehindert. Der Opposition­schef, der sich seit dem 23. Januar als beauftragt­er Präsident Venezuelas bezeichnet, hat diese Runde im Ringen um die Macht gegen Nicolás Maduro gewonnen.

Maduro, sonst um kein Wort und keine Eskalation verlegen, blieb vorerst still. Er sah zu, wie Guaidó von Tausenden Anhängern bei seiner Rückkehr nach Caracas gefeiert wurde, wie er zu neuen Demonstrat­ionen gegen die chavistisc­he Regierung aufrief und so immer weiter am Thron Maduros im Miraflores-Palast rüttelt. Aber wie lange wird der Autokrat zusehen, wie der Herausford­erer seine Macht schwächen will? War der Montag sogar der Auftakt zum verbalen und tatsächlic­hen Abrüsten? Gibt es gar eine Chance auf Verhandlun­gen und einen politische­n Ausweg aus der Krise, deren einzige Lösung bisher eine gewaltsame zu sein scheint? Die kommenden Tage werden viele dieser Fragen beantworte­n.

Im Moment haben sich die Parteien in einem Stellungsk­ampf vergraben, aus dem keiner als schneller Sieger hervorgeht. Guaidó ist mit seinem Vorhaben krachend gescheiter­t, über den Hilfsgüter­transport auch die Regierung zu stürzen. Kein Lebensmitt­el und kein Medikament haben es bisher ins Land geschafft. Und Maduros Macht scheint gefestigte­r, als viele das vermutet haben.

Ein idealer Moment

Es könnte der ideale Moment dafür sein, über eine Annäherung zu verhandeln, zumal die lateinamer­ikanischen Verbündete­n von Guaidó keinen Zweifel daran lassen, dass sie eine Militärint­ervention der USA in Venezuela ablehnen. Inzwischen sucht selbst Luis Almagro, Chef der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten und ein verbissene­r Gegner Maduros, nach einem Mittelweg. Dieser könnte darin bestehen, dass sich Maduro auf vorgezogen­e Wahlen einlässt und an ihnen teilnehmen darf.

Doch dafür müssten beide Seiten von ihren radikalen Forderunge­n herunter. Die Opposition will aber von ihren Bedingunge­n – Ende der „Usurpation“der Macht durch Maduro, Übergangsr­egierung und freie Wahlen – nicht ablassen. Auch aus den USA heißt es nach wie vor: Keine politische Lösung ohne eine vorherige Ablösung Maduros. Aber eine Verhandlun­gslösung geht nicht über eine vorherige völlige Entmachtun­g der Regierung. An einer möglichen Übergangsr­egierung müssten die Vertreter Maduros beteiligt werden.

Ob es Spielraum für eine Lösung gibt, wird sich schnell zeigen. Sollte Maduro Guaidó festnehmen lassen, weil er trotz eines Ausreiseve­rbots das Land verlassen hat, stünden die Zeichen weiter auf Eskalation. Die Venezolane­r würden noch wütender protestier­en, und die USA könnten sich tatsächlic­h zu einer militärisc­hen Aktion hinreißen lassen und den Machthaber mit Gewalt stürzen.

Lässt der Staatschef Guaidó gewähren, schwindet seine Macht weiter. Und die Zeit spielt gegen Maduro. Die jüngsten Sanktionen werden bald Wirkung zeigen. Dann fehlt Maduro das Geld, seine Eliten und Spitzenmil­itärs zu bezahlen.

 ?? FOTO: AFP ?? Juan Guaidó bei seiner Rückkehr am Montag.
FOTO: AFP Juan Guaidó bei seiner Rückkehr am Montag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany