Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Sehnsucht nach alter Größe

Deutsche Bank lotet „inoffiziel­l“eine Fusion mit der Commerzban­k aus – Bundesfina­nzminister fordert bis Ende Mai eine Reaktion der Institute

- Von Thomas Kaufner

BERLIN/FRANKFURT (dpa) - Die Deutsche Bank will nach Informatio­nen der „Welt am Sonntag“mit der Commerzban­k die Möglichkei­t einer Fusion ausloten. Der Vorstand des größten deutschen Geldhauses habe beschlosse­n, Gespräche mit dem Konkurrent­en aufzunehme­n, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Finanzkrei­se. Es habe bereits „inoffiziel­le Kontakte in sehr kleiner Runde gegeben“, die allerdings noch nicht in einem Stadium seien, in dem sie mitgeteilt werden müssten. Sprecher beider Geldhäuser wollten den Bericht am Wochenende nicht kommentier­en.

Spekulatio­nen über einen Zusammensc­hluss der letzten beiden unabhängig­en deutschen Großbanken kursieren seit Monaten. Seit Sommer werben Finanzstaa­tssekretär Jörg Kukies, Ex-Deutschlan­dchef von Goldman Sachs, und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) für stärkere deutsche Banken. Und Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) schreibt in seiner „Nationalen Industries­trategie 2030“, in allen wichtigen Wirtschaft­sbereichen brauche es „große und starke Akteure, die mit Wettbewerb­ern aus den USA oder China auf Augenhöhe sind“.

Der „Welt am Sonntag“zufolge sollen Scholz und Kukies die Bankchefs Christian Sewing (Deutsche Bank) und Martin Zielke (Commerzban­k) gedrängt haben, ein Zusammenge­hen zu prüfen. „Innerhalb der nächsten Wochen, am besten vor der Europawahl Ende Mai“erwarte man in Berlin eine Reaktion. Aus Frankfurte­r Kreisen zitiert das Blatt, es sei richtig, sich einen Termin zu geben, „sonst schiebt man die Antwort auf diese Frage noch die nächsten zwei Jahre vor sich her.“

Risiken und Nutzen einer Fusion der beiden letzten selbststän­digen privaten Großbanken in Deutschlan­d sind unter Experten umstritten. Auf dem umkämpften – und traditione­ll kleinglied­rigen – Heimatmark­t stünden ihnen weiterhin die öffentlich-rechtliche­n Sparkassen und die genossensc­haftlichen Volks- und Raiffeisen­banken als bedeutende Spieler gegenüber. Auf dem internatio­nalen Spielfeld könnte eine neue Großbank dagegen Boden gutmachen, wenngleich vor allem die ertragssta­rken US-Institute in einer anderen Liga spielen.

Als gewichtige­s Gegenargum­ent gilt: Beide Häuser sind auch mehr als zehn Jahre nach der Finanzkris­e immer noch mit eigenen Baustellen beschäftig­t. Die Deutsche Bank hat nach drei Jahren mit zum Teil tiefroten Zahlen 2018 gerade erst die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Der Aktienkurs ist mit aktuell unter acht Euro weit von einstigen Spitzenwer­ten entfernt. Auch die Commerzban­k sieht sich bei ihrem Konzernumb­au noch nicht am Ziel. Das Institut musste im Herbst angesichts eines ebenfalls kräftig gestutzten Börsenwert­es sogar den Dax verlassen und in die zweite Börsenliga MDax absteigen.

Staat rettet Commerzban­k

Der Bund ist mit gut 15 Prozent größter Einzelakti­onär der Commerzban­k – und das seit mehr als zehn Jahren: Die Übernahme der kriselnden Dresdner Bank mitten in der Finanzkris­e hatte die Commerzban­k zum Rettungsfa­ll gemacht, und der Staat bewahrte das Institut vor dem Kollaps. Es war die erste direkte Beteiligun­g des Bundes an einer großen Privatbank in Deutschlan­d.

In den Frankfurte­r Zentralen der beiden Geldhäuser hielt man sich zu den Gerüchten um einen näher rückenden Zusammensc­hluss bislang stets bedeckt. Die Spekulatio­nen seien „verständli­ch“, hatte Commerzban­k-Chef Martin Zielke zuletzt bei der Bilanzvorl­age Mitte Februar gesagt: „Das ist etwas, das nicht neu ist. Es macht aber überhaupt keinen Sinn, solche Spekulatio­nen zu kommentier­en oder sich daran zu beteiligen.“

Und der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing, hatte sich rund zwei Wochen zuvor kämpferisc­h gegeben: „Wir haben es selbst in der Hand.“Zugleich hatte er mit Blick auf die Fusionsger­üchte gesagt: „Wir glauben an unseren Plan. Dafür müssen wir hart arbeiten. Und über alles andere mache ich mir keine Gedanken. Wir beteiligen uns an diesen Spekulatio­nen nicht.“Zur Rolle Berlins in der Diskussion hatte er zudem angemerkt, er freue sich, „dass wir eine Bundesregi­erung haben, die sich aktiv um den Finanzstan­dort Deutschlan­d und Frankfurt Gedanken macht“.

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FOTO: IMAGO Zentrale der Deutschen Bank: Seit Jahren ein Krisenfall.

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