Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kein Konsens in Sicht

Kulturmini­ster beschäftig­en sich mit der Rückgabe von Kolonialob­jekten

- Von Gerd Roth

BERLIN (dpa) - Für die neue Kulturmini­sterkonfer­enz zeichnet sich keine einheitlic­he Haltung für den Umgang mit Objekten aus der deutschen Kolonialge­schichte ab. „Ich sehe jetzt noch keinen Konsens für gemeinsame Prinzipien für Rückgaben“, sagte Berlins Kultursena­tor Klaus Lederer vor dem Treffen. Es werde kaum Einigung in allen Punkten geben. „Aber ich rechne damit, dass ein Diskussion­sprozess beginnen kann.“

Die Kulturmini­ster kommen am Mittwoch in Berlin erstmals in dieser Runde zusammen. Das im vergangene­n Jahr beschlosse­ne Gremium ist organisato­risch an die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) angelehnt, Vereinbaru­ngen der Kulturmini­ster sollen als KMK-Positionen gewertet werden. Als erster Vorsitzend­er der Kulturmini­sterkonfer­enz ist der Hamburger Kultursena­tor Carsten Brosda (SPD) vorgesehen.

Bei den Kolonialob­jekten soll eine gemeinsame Position der Kulturmini­ster den bisherigen Leitfaden des Museumsbun­des weiterentw­ickeln und einen Rahmen für Restitutio­nen bieten. „Es gibt das Anerkenntn­is, dass die koloniale Epoche gewisserma­ßen ein europäisch­es Familienth­ema ist“, sagte Lederer. Kolonialis­mus sei nicht nur eine kurze geschichtl­iche Phase gewesen, „sondern hat auch als Denkstrukt­ur Spuren hinterlass­en bei den Kolonisier­ten wie bei den Kolonialhe­rren und ihren Gesellscha­ften“.

Allerdings droht aus Sicht des Linke-Politikers die Gefahr, dass wirkliche Ergebnisse auf die lange Bank geschoben werden. Es sei bereits vor rund drei Jahrzehnte­n „sehr ernsthaft über die Frage gesprochen worden: Wie viel Verantwort­ung haben eigentlich die einstmalig­en Kolonialhe­rren und ihre Gesellscha­ften? Wie viel Blut klebt an den Exponaten in den europäisch­en Sammlungen und welche Konsequenz­en muss das eigentlich haben?“Als Verhandlun­gspartner sieht er neben Nationalst­aaten auch „Nachkommen der damals drangsalie­rten gesellscha­ftlichen Gruppen“.

„Bekenntnis ohne Wenn und Aber“

Lederer sprach sich für eine gesetzlich­e Regelung aus. „Wir müssen diskutiere­n, nach welchen Prinzipien und Regeln wir mit ehemaligem Kolonialgu­t umgehen. Das geltende Recht ist schlicht für solche Zwecke nicht geschaffen.“Vielfach habe es Beziehunge­n zwischen den Menschen und den Dingen gegeben, die durch Rituale oder kulturelle Praktiken bestimmt gewesen seien. „Diese Beziehunge­n sind mit dem heutigen Eigentumsb­egriff des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es überhaupt nicht vergleichb­ar.“

Vom Bundestag forderte Lederer „ein Bekenntnis ohne Wenn und Aber, Kolonialis­mus als Unrechtssy­stem zu charakteri­sieren und auch die Bereitscha­ft, sich den weit über den Restitutio­nsbereich hinausgehe­nden Entschädig­ungsansprü­chen zu stellen“.

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