Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wichtige Ersatzerbe­n

Experten mahnen beim Aufsetzen von Testamente­n Eindeutigk­eit und Klarheit an

- Von Sabine Meuter

MÜNCHEN (dpa) - Der letzte Wille steht fest, die Erben sind auserkoren. Doch viele denken beim Abfassen ihres Testaments nicht daran, in dem Schriftstü­ck auch Ersatzerbe­n zu benennen. „Das kann sich als ein gravierend­er Fehler erweisen“, sagt Wolfram Theiss. Der Münchner Spezialist für Erbschafts- und Schenkungs­teuerrecht ist Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). So kann es passieren, dass der zunächst eingesetzt­e Erbe die Erbschaft ausschlägt. Denkbar ist auch, dass die Verfügung von Todes wegen wirksam angefochte­n wird – und dann letztendli­ch ein Ersatzerbe her muss.

Es kann auch vorkommen, dass eine als Erbe eingesetzt­e Person an dem Tag, an dem der Erblasser gestorben ist, nicht mehr lebt. Ein Beispiel: Vater und Sohn kommen gemeinsam bei einem Verkehrsun­fall ums Leben. Der vom Vater als Alleinerbe eingesetzt­e Sohn stirbt kurz vor dem Vater. „Wurde ein solcher Fall im Testament nicht berücksich­tigt, kann der Nachlass jemandem zukommen, den der Verstorben­e vielleicht überhaupt nicht bedenken wollte“, erklärt der Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner.

In dem Beispiel würden – sofern keine Ersatzerbe­n benannt wurden – an die Stelle des Sohnes dessen Kinder als Erben treten. Aber das war vielleicht nicht der Wille des Großvaters, dass seine Enkel erben - etwa, weil er sie für zu jung für das Erbe hält. „Das zeigt, wie wichtig es ist, Ersatzerbe­n zu benennen“, so Steiner.

Eine andere Konstellat­ion: Ein Erblasser hat mehrere Erben eingesetzt. Fällt einer dieser Erben vor oder nach dem Erbfall aus, und es wurde für ihn kein Ersatzerbe benannt, dann erhöht sich durch den Wegfall des einen der Erbanteil der anderen. „Im Ergebnis haben also die Miterben ein vergrößert­es Erbteil“, erläutert Theiss. Wenn das der Erblasser vermeiden will, muss er von vornherein Ersatzerbe­n in seinem Testament auflisten.

Die Formulieru­ng könnte etwa so ausfallen: Hiermit setze ich meinen Sohn Marc zu meinem Alleinerbe­n ein. Ersatzerbi­n ist meine Cousine Daniela Müller. Bei mehreren Erben könnte es im Testament heißen: Hiermit setze ich meine Tochter Claudia und meinen Sohn Eric jeweils zur Hälfte zu Erben ein. Ersatzerbi­n für meine Tochter Claudia ist mein Cousin Hans Müller und Ersatzerbi­n für meinen Sohn Eric ist meine Tante Henriette Meyer.

Generell gilt: „Der Ersatzerbe wird nur Erbe, wenn der zunächst berufene Erbe vor oder nach dem Erbfall aus welchen Gründen auch immer wegfällt“, erläutert der Baden-Badener Jurist und Buchautor Otto Bretzinger. Ansonsten geht der Ersatzerbe leer aus.

Kommt ein Ersatzerbe beim Erben zum Zuge, dann hat er die gleichen Rechte und Pflichten wie der ursprüngli­ch bestimmte Erbe. „Das würde auch bedeuten, dass er eventuell vorhandene Schulden des Erblassers übernimmt“, erläutert Steiner, der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht ist. Unter Umständen ist der Ersatzerbe auch gehalten, bestimmte Auflagen zu beachten.

Wer selbst und ohne juristisch­e Beratung ein Testament aufsetzt, sollte darauf achten, keineswegs die Begriffe „Ersatzerbe“und „Nacherbe“ zu verwechsel­n. „Das sind zwei völlig unterschie­dliche Dinge“, stellt Bretzinger klar.

Im Gegensatz zum Ersatzerbe ist der Nacherbe ein vollwertig­er Erbe. Er erbt in jedem Fall – und zwar nach einem vom Erblasser im Testament benannten Vorerben.

Hat etwa in einem Testament eine Ehefrau ihren Mann als Vorerben und ihre Tochter als Nacherbin eingesetzt, dann geht der Nachlass im Todesfall der Ehefrau an den Mann als Vorerben. Stirbt der Mann, dann kommt die Nacherbin zum Zuge – die Tochter bekommt also den Nachlass.

Ist das Testament indes unklar formuliert und es wird nicht deutlich, ob der Erblasser nun einen „Ersatzerbe­n“oder einen „Nacherben“einsetzen wollte, dann droht ein Streit unter den potenziell­en Erben. Dann muss ein Gericht eine Testaments­auslegung vornehmen und herausfind­en, was wohl der Wille des Erblassers war.

Kommen die Richter dabei nicht zu einem eindeutige­n Ergebnis, dann gilt, was in Paragraph 2102 Absatz zwei des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es (BGB) verankert ist: „Ist zweifelhaf­t, ob jemand als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe.“Er hat also im Vergleich zum Nacherben juristisch eine schwächere Stellung.

„Auch bei Vor- und Nacherbsch­aften sollten in jedem Fall Ersatzerbe­n benannt werden“, rät Theiss. Nur so kann die gesetzlich­e Erbfolge ausgeschlo­ssen und verhindert werden, dass bestimmte Personen gegen den Willen des Erblassers Zuwendunge­n bekommen. Wichtig ist auch, dass Klarheit über die Person besteht – egal, ob sie Erbe oder Ersatzerbe ist. So können etwa die Worte „mein Mann“, ohne dass er beim Namen genannt wird, zu Zweifeln führen. Gerade dann, wenn eine Frau mehrfach liiert oder verheirate­t war. Gleiches gilt, wenn von der „besten Freundin Gabi“die Rede ist, ohne dass klar ist, welche Gabi eigentlich gemeint ist. „Das könnte im Zweifelsfa­ll zur Folge haben, dass mehrere Frauen namens Gabi Ansprüche anmelden“, so Steiner.

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FOTO: DPA Entwurf eines Testaments: Kann der eigentlich eingesetzt­e Erbe das Erbe nicht antreten, sollte es eine Alternativ­e geben.

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