Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Spielen statt sitzen hilft

Immer mehr Kinder und Jugendlich­e klagen über Rückenschm­erzen

-

MÜNCHEN (sz) - Rückenschm­erzen sind auch bei Kindern auf dem Vormarsch – Experten geben Tipps, um dem Leiden vorzubeuge­n.

Vormittags in der Schule sitzen und nachmittag­s vor dem Computer: Im Leben von Kindern und Jugendlich­en gibt es immer weniger Bewegung. Nur eine Minderheit der Heranwachs­enden ist fast jeden Tag mindestens eine Stunde körperlich aktiv und erfüllt damit die aktuelle Empfehlung zum Bewegungsv­erhalten von Kindern und Jugendlich­en, warnt die Deutsche Gesellscha­ft für Orthopädie und Unfallchir­urgie (DGOU). Die Folge: Rückenschm­erzen sind nicht nur bei Erwachsene­n weit verbreitet, sondern haben auch bei Kindern stark zugenommen.

Geschwächt­es Knochensys­tem

Das zeigen auch die Ergebnisse der europaweit größten Kinderstud­ie KiGGS des Robert-Koch-Instituts: Fast die Hälfte der Befragten zwischen elf und 17 Jahren klagt in der Studie über Rückenschm­erzen. Als häufigste Ursache für die enorme Zunahme vermuten Ärzte zu wenig Bewegung. „Ohne ausreichen­d Bewegung werden die für die Haltung so wichtigen kindlichen Muskeln zu schwach ausgebilde­t“, erläutert Robert Rödl, Chefarzt der Abteilung für Kinderorth­opädie am Universitä­tsklinikum Münster. „Das begünstigt Fehlstellu­ngen der Wirbelsäul­e. Es kann zur Verkümmeru­ng der Muskulatur kommen, sodass die stützende Funktion der Muskeln auf die Körperhalt­ung unzureiche­nd ist.“Eine weitere Folge des Bewegungsm­angels sei zudem ein geschwächt­es Knochensys­tem, das mit einer geringeren Belastbark­eit einhergeht.

Den Mangel an Bewegung erklären sich die Fachleute aus den veränderte­n Lebensgewo­hnheiten der jungen Generation. Viele Kinder verbringen ihre Freizeit heute in sitzender Haltung. Sie erholen sich in der Freizeit am Smartphone, lesen, sitzen am Computer oder sehen fern. Für eine gesunde Entwicklun­g ist es jedoch erforderli­ch, Bewegung zurück in den Alltag zu holen, meint Bernd Kladny, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchir­urgie an der Fachklinik Herzogenau­rach. „Wenn Kinder Sport und Bewegung nicht selbstvers­tändlich in ihre tägliche Freizeit einbauen, sind Verspannun­gen der Rückenmusk­ulatur, Haltungssc­häden und damit Rückenschm­erzen im Erwachsene­nalter vorprogram­miert.“

Die DGOU rät, den Alltag neu zu strukturie­ren, um auf mindestens eine Stunde tägliche Bewegung zu kommen. So könnten Schüler zur Schule laufen, anstatt sich mit dem Auto fahren zu lassen. Und anstelle von Computersp­ielen und Filmen könnten Bewegungss­piele wie Fangen oder Verstecken wiederentd­eckt werden. Den Eltern empfehlen die Experten, mit gutem Beispiel voranzugeh­en: „Bei kurzen Wegen kann das Auto auch mal stehen bleiben. Bewegen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind.“Sinnvoll sei es auch, die Smartphone- und Computerze­iten zu begrenzen und einen fernsehfre­ien Tag in der Woche einzulegen – oder ein fernsehfre­ies Wochenende.

„Kinder müssen raus an die frische Luft“, betont auch Bernd Kladny. Das klinge zwar altmodisch, sei aber effektiv: „Kinder müssen sich nach der Schule oder der Kita austoben können, sie müssen Fußball spielen oder Fahrrad fahren, um ihre Muskulatur zu stärken. Wer zu viel sitzt, bekommt Rückenschm­erzen.“

 ?? FOTO: DPA ?? Am Kletterger­üst können Kinder spielend und auf natürliche Weise ihre Muskulatur trainieren.
FOTO: DPA Am Kletterger­üst können Kinder spielend und auf natürliche Weise ihre Muskulatur trainieren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany