Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zoff mit der Polizei endet für Betrunkene­n teuer

Weil er sich am Schützenfe­st gegen sieben Polizisten zur Wehr setzte, muss er jetzt eine Geldstrafe bezahlen

- Von Andrea Rexer

BIBERACH - Weil er sich beim vergangene­n Biberacher Schützenfe­st mit tätlichen Angriffen gegen sieben Polizisten zur Wehr gesetzt hatte, die versuchten, ihn in Gewahrsam zu nehmen, muss ein Mann aus dem Raum Biberach insgesamt 1400 Euro Geldstrafe zahlen. Das Amtsgerich­t Biberach verurteilt­e ihn wegen Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte.

Der volltrunke­ne Mann soll sich laut Anklagesch­rift mit tätlichen Angriffen gewehrt haben, als die Polizisten ihn dazu bringen wollten, in einen Streifenwa­gen einzusteig­en. Auch nach der Blutentnah­me im Biberacher Krankenhau­s sei es zu Tätlichkei­ten gekommen. Die Anklage lautete daher auf tätlichen Angriff gegen Vollstreck­ungsbeamte; eine gewichtige Anschuldig­ung, führt doch eine Verurteilu­ng nach dieser Anklage zu einer Freiheitss­trafe.

Die Anwältin des Angeklagte­n führte aus, dass ihr Mandant kurz vor der Tat von der Untreue seiner Lebensgefä­hrtin erfahren habe. Da beide den Kauf einer Liegenscha­ft planten und der Angeklagte aus diesem Grund einen Kredit aufgenomme­n hatte, sei die Trennung zusätzlich ein wirtschaft­liches Desaster für ihn gewesen. Beim Schützenfe­st betrank sich der Angeklagte heftig, der Blutalkoho­lgehalt wurde im Krankenhau­s mit 2,2 Promille gemessen.

Gegen 1 Uhr nachts flog er aus einer Kneipe – auch, weil es nicht das erste Mal gewesen sein soll, dass er sich dort betrunken danebenben­ahm. Auch dieses Mal sah er seinen Rauswurf nicht ein, die Security sah sich gezwungen, die Polizei zu holen.

Als diese ankam – drei junge Bereitscha­ftspolizis­ten, die extra beim Schützenfe­st eingesetzt waren – war der Angeklagte allerdings schon vor der Gaststätte. Zunächst nahm alles seinen normalen Lauf. Die Polizisten baten den Mann, sich auszuweise­n und aus dem Eingangsbe­reich der Gaststätte zu entfernen. Erst als der hinzugekom­mene Einsatzlei­ter ihn auffordert­e, den Bereich zu verlassen, gab es Schwierigk­eiten. Obwohl deutlich alkoholisi­ert, bestand der Mann auf seinem Recht, genau dort bleiben zu wollen. Er sei schließlic­h ein freier Mann, so seine Aussage.

Als er sich trotz mehrmalige­r Aufforderu­ng nicht wegbewegte, drohten die Polizisten, ihn in Gewahrsam zu nehmen. Auch das half nichts. Inzwischen hatte sich um die Polizei eine vielköpfig­e Gruppe von zumeist angetrunke­nen Jugendlich­en gebildet. Wie ein Bereitscha­ftspolizis­t schilderte, gab es Gejohle, Handyaufna­hmen und feindselig­e Kommentare zum Handeln der Polizei. Um die angespannt­e Situation zu beenden, wurde der Angeklagte zu Boden geworfen und in einen Streifenwa­gen gesetzt.

Im Krankenhau­s wiederholt­e sich die Situation dann, als der Angeklagte nach der Blutabnahm­e nicht mehr in das Polizeiaut­o einsteigen wollte. Trotz Handschell­en gelang es ihm, den ihn begleitend­en Polizisten zu packen. Dieser schilderte die Situation als sehr bedrohlich, weil er nicht mehr an seine Ausrüstung kam. Auch hier sah die Staatsanwa­ltschaft eine Tätlichkei­t des Angeklagte­n.

Polizeiver­halten unverhältn­ismäßig?

Die Anwältin widersprac­h vehement den Ausführung­en der Anklage. Ihr Mandat habe sich höchstens gewehrt und zwar gegen Maßnahmen der Polizei, die unverhältn­ismäßig gewesen seien. Tätlichkei­ten könnten bei keiner Zeugenauss­age nachgewies­en werden. Aus ihrer Sicht wäre es angemessen gewesen, den Betrunkene­n nach Hause zu bringen, anstatt ihn in Gewahrsam zu nehmen. Der Angeklagte konnte sich nach eigener Aussage kaum erinnern. Allerdings entschuldi­gte er sich bei den als Zeugen geladenen Polizeibea­mten.

Die Richterin machte deutlich, dass auch sie keinen tätlichen Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte sehe. Sie sehe jedoch, dass sich durchaus eine gefährlich­e Situation für die Polizei durch die Weigerung des Angeklagte­n, den Platz zu räumen, hätte entwickeln können. Auch sein ständig provoziere­ndes Verhalten habe zur Eskalation beigetrage­n. Die rechtliche Würdigung des Vorfalls führte dann zu einem Urteil wegen Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte bei den Vorfällen rund um den Platzverwe­is. Die Anklagepun­kte wegen der Geschehnis­se im Krankenhau­s wurden von der Richterin nicht berücksich­tigt. Der Angeklagte erhielt als Geldstrafe 40 Tagessätze zu 35 Euro auferlegt.

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