Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Promis fordern Freilassun­g von Walen

Hundert Tiere sind im Osten Russlands eingesperr­t - Befreiung gestaltet sich schwierig

- Von Christian Thiele, dpa

WLADIWOSTO­K (dpa) - Platz zum Schwimmen haben die rund 100 Wale im Osten Russlands kaum. Ihre Becken sind viel zu klein. „Es sind bereits mindestens drei Belugas und ein Orca wegen der schlechten Bedingunge­n gestorben“, sagt Delfinarie­nexperte David Pfender von der Wal- und Delfinschu­tzorganisa­tion WDC.

„Wal-Gefängnis“nennen Tierschütz­er die Anlage nahe Wladiwosto­k. Immer mehr Menschen, nicht nur in Russland, nehmen Anteil am Schicksal der seit Herbst eingesperr­ten Wale. Selbst Präsident Wladimir Putin hat sich eingeschal­tet.

Doch eine rasche Lösung deutet sich nicht an. Der Direktor des russischen Forschungs­instituts für Fischerei und Meereskund­e, Kirill Kolontschi­n, sagte am Dienstag der Agentur Ria Nowosti zufolge, die Wale sollten noch drei bis vier Monate in der Anlage bleiben. Erst dann sei ein Transport möglich. Tierschütz­er fordern seit Monaten, die Wale freizulass­en. Das Eis im Winter habe ihnen zu schaffen gemacht. Auch das Institut für Ozeanologi­e in Moskau kommt zu dem Schluss, dass sich der Gesundheit­szustand der Wale im Januar und Februar verschlech­tert hat. Organisati­onen wie Greenpeace befürchten, die Orcas und Belugas könnten an chinesisch­e Aquarien verkauft werden. Nach Angaben der Wal- und Delfinschu­tzorganisa­tion WDC wurden die Becken von vier Firmen angemietet.

DiCaprio schließt sich Protest an

Die Tierschütz­er haben Unterschri­ften gesammelt. Mittlerwei­le sind es so viele, dass sich das russische Parlament mit dem Thema befassen muss. Prominente wie die Schauspiel­er Leonardo DiCaprio und Pamela Anderson schlossen sich dem Protest an. Auch der russische Präsident Wladimir Putin forderte, das Leiden der Tiere müsse beendet werden. Er engagiert sich für Tierschutz – unter seiner Schirmherr­schaft stehen nach Angaben auf seiner Internetse­ite auch die Belugas. Tierschütz­er hatten auf eine baldige Schließung gehofft, nachdem der Kremlchef eine schnelle Lösung gefordert hatte. Doch Umweltmini­ster Dmitri Kobylkin dämpfte die Erwartunge­n: Die Tiere in der kalten Jahreszeit freizulass­en, sei ein Risiko. „Es ist wichtig, dass die Tiere nicht leiden oder sterben.“Nun werde ein Plan ausgearbei­tet.

Die Wale müssten so schnell wie möglich freikommen, fordert Thomas Henningsen von der Umweltorga­nisation Greenpeace. „Sie werden immer länger von ihren ursprüngli­chen Familien und Gruppen sozial isoliert und verlernen noch dazu, selbststän­dig Nahrung zu suchen und zu jagen.“Unter ihnen seien auch junge Tiere, die dies noch gar nicht richtig hätten lernen können.

Schwache und kranke Tiere sollten vorübergeh­end in eine Art Rehabilita­tionszentr­um gebracht werden, schlägt er vor. Das seien abgeschlos­sene Buchten, in denen die Tiere viel Platz zum Schwimmen hätten und lernen könnten, sich wieder selbst um Futter zu kümmern. „Alle die, die fit sind, sollten so schnell wie möglich in Gruppen freigelass­en werden. Der Ort der Freilassun­g sollte immer möglichst dort sein, wo die Tiere auch gefangen wurden“, empfiehlt Henningsen. Aus Sicht von Experten wäre das ein gewaltiges Unterfange­n. Sollte es doch länger dauern mit der Freilassun­g, sollten die Wale nach Meinung von WDC-Experte Pfender zumindest so wenig Kontakt zu Menschen wie möglich haben.

Weltweit leben etwa 3000 Wale und Delfine in Gefangensc­haft. In Deutschlan­d seien von ursprüngli­ch 14 Delfinarie­n noch zwei übrig. Ein Gesetz, das das Fangen von Walen für solche Anlagen verbietet, gibt es in Russland nicht.

Institutsd­irektor Kolontschi­n regt eine Debatte darüber an, ob Delfinarie­n notwendig sind – etwa für Bildungszw­ecke. „Wenn die Gesellscha­ft entscheide­t, dass dies niemand braucht und es reicht, die Tiere nur im Fernsehen anzuschaue­n, ohne mit ihnen direkt zu kommunizie­ren, dann wird es einen entspreche­nden Beschluss geben.“

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FOTO: DPA Belugawale schwimmen in der abgesperrt­en Anlage in Russland.

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