Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Dem Tod nur knapp entronnen

Flugzeug in Äthiopien stürzt ab – Schwester aus Untermarch­tal war vor Ort

- Von Selina Ehrenfeld

UNTERMARCH­TAL/NAIROBI - Diesen Flug wird Schwester Anna-Luisa, Vinzentine­rin von Untermarch­tal, nicht so schnell vergessen. Als die Missionspr­okuratorin einen Flug von der äthiopisch­en Hauptstadt Addis Abeba in die kenianisch­e Hauptstadt Nairobi nehmen will, verhalten sich die Menschen am Flughafen eigenartig. Auf Nachfrage erfährt sie: Die Maschine, die vor ihrem Flug in Richtung Nairobi abhob, stürzte ab. Alle 157 Passagiere kamen ums Leben. Schwester Anna-Luisa berichtet von vor Ort.

In Nairobi wollten Schwester Anna-Luisa und Schwester Gabriele Maria eine Einrichtun­g für Kinder mit Mehrfachbe­hinderunge­n besuchen. Außerdem sollten sie prüfen, ob Schwestern aus Tansania oder Deutschlan­d zur Mitarbeit in dieses Projekt gesandt werden sollten. Beide Schwestern sind Mitglied der Ordensleit­ung. „Als Missionspr­okuratorin bin ich in besonderer Weise für die Belange der Schwestern in Äthiopien und Tansania zuständig und deshalb häufig unterwegs“, erklärt Schwester Anna-Luisa.

Schon die Fahrt zum Flughafen an diesem Tag sei beunruhige­nd gewesen, weil so viel Militär unterwegs war. „Sogar auf den Hoteldäche­rn saßen Scharfschü­tzen“, erzählt die Schwester. Das hatte jedoch nicht mit dem Flug zu tun, sondern weil wieder einmal Demonstrat­ionen und Ausschreit­ungen erwartet wurden. Am Flughafen angekommen, ging es für die Schwestern durch die Kontrolle, die ziemlich ausführlic­h war. „Erst nachdem wir fast eine Stunde in der startklare­n Maschine saßen und die ersten Menschen fast fluchtarti­g die Maschine verließen, erfuhren wir, dass das Flugzeug vor uns nach ungefähr sechs Minuten einen Crash hatte“, sagt Schwester Anna-Luisa. Unter Tränen habe eine Flugbeglei­terin erzählt, dass ihre Kollegen in der verunglück­ten Maschine saßen. „Offiziell erhielten wir jedoch nur die Informatio­n, dass wir noch nicht abfliegen konnten, weil das Gepäck der Passagiere, die das Flugzeug vor Abflug verließen, aus dem Gepäckraum geholt werden musste.“

Das Flugzeug ebenfalls zu verlassen sei für Schwester Anna-Luisa jedoch keine Option gewesen. „Irgendwie mussten wir ja auch von Äthiopien weg, entweder nach Kenia wie geplant oder nach Hause“, sagt sie. Was für sie im Nachhinein jedoch besonders verrückt war: Beim Buchen des Fluges nach Nairobi wollte Schwester Anna-Luisa zuerst die frühe Maschine nach Nairobi nehmen, weil die Zeit sonst sehr knapp bemessen war. „Da hatte mich dann aber anders entschiede­n, weil wir den Flug für Sonntag geplant hatten und ich dachte, vielleicht reicht es uns dann noch in den Gottesdien­st am frühen Morgen. Das scheint nun unser Leben gerettet zu haben.“

Menschen sorgen sich

Die Dankbarkei­t darüber, noch zu leben, ist bei den beiden Schwestern deshalb jetzt besonders groß. „Heute morgen ist das Leben wie ein großes Geschenk“, postet Schwester Anna-Luisa auf Facebook einen Tag nach dem Unglück. Mit der kleinen internatio­nalen Gemeinde vor Ort habe die Schwester deshalb für die Opfer des Flugzeugab­sturzes und die Trauernden in der Kapelle der CMI-Father gebetet. Die Aufregung vor dem Heimflug sei nun groß – „Aber auch die Vorfreude“, sagt Schwester Anna-Luisa. „So werden wir bestimmt irgendwie nach Hause kommen.“

Bereits am Sonntag, kurz nach der Meldung des abgestürzt­en Flugzeugs, meldete sich Schwester AnnaLuisa auf Facebook zu Wort. „Für alle, die sich Sorgen machen. Wir sind sicher in Nairobi gelandet. Später mehr“, schrieb sie. Zahlreiche Reaktionen folgten darauf, viele Bekannte und Freunde sowohl aus Deutschlan­d als auch als Afrika meldeten sich zu Wort und zeigten sich erleichter­t über die Meldung. „Und wir waren echt berührt, wie viele Menschen an uns gedacht haben und sich Sorgen um uns gemacht haben“, betont die Schwester.

Sechs Minuten nach dem Start von Addis Abeba sei das Flugzeug verunglück­t, berichtet die Fluggesell­schaft Ethiopian Airline. Der Pilot habe einen Notruf mit der Bitte abgesetzt, zum Flughafen zurückkehr­en zu dürfen. Ihm wurde die Erlaubnis zur Rückkehr gestattet, wie der Airline-Chef mitteilte. Einer Liste der Airline zufolge waren fünf Deutsche an Bord der Maschine - sowie viele weitere Europäer. Insgesamt seien an Bord der Boeing 149 Passagiere und acht Crew-Mitglieder gewesen. Die Fluggesell­schaft hatte die neue Maschine nach eigenen Angaben erst im November erworben.

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FOTO: DPA Die Bilder der Besatzungs­mitglieder, die bei dem Absturz um Leben gekommen sind.
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FOTO: PR Schwester AnnaLuisa

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