Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Aussteiger
Der Vater Zeitsoldat und LkwFahrer, die Mutter Putzfrau: Thorsten Schäfer-Gümbels Elternhaus passt zum Mythos der SPD, so angekratzt er auch sein mag. Geboren ist SchäferGümbel in Oberstdorf, im Kindesalter zog er mit seiner Familie ins hessische Gießen. Er hat sich seit seiner Schulzeit hochgearbeitet, Abitur gemacht, ein Studium der Politikwissenschaften abgeschlossen. Seit 2009 ist Schäfer-Gümbel Landesvorsitzender der SPD in Hessen und Fraktionschef im Landtag. Heute ist er Bundesvize und einer der bekanntesten Gesichter der Partei. Jetzt zieht sich TSG, wie Schäfer-Gümbel zwecks Doppelnamenverkürzung seit Jahren genannt wird, aus der Politik zurück. Ende September will er sein Mandat im hessischen Landtag niederlegen.
Dreimal war Schäfer-Gümbel als SPD-Spitzenkandidat bei Landtagswahlen in Hessen angetreten: 2009, 2013 und 2018. Dreimal war er daran gescheitert, die einstige SPDHochburg zurückzuerobern für seine Partei. Persönlich ist ihm das nur teilweise anzulasten.
Andrea Ypsilanti hatte den Nachwuchspolitiker 2008 für die Spitzenkandidatur in Hessen vorgeschlagen: die Frau, die für einen der spektakulärsten politischen Fehlschläge der jüngeren deutschen Geschichte steht. Ypsilanti wollte 2008, nach einem SPD-Wahlerfolg, eine rot-grüne Minderheitsregierung im Land zu bilden – unter Duldung der Linkspartei. Das Projekt missglückte, mehrere SPDAbgeordnete stimmten im Landtag gegen Ypsilanti als Ministerpräsidentin. 2009 wurde neu gewählt, die SPD brach ein.
Schäfer-Gümbel richtete die Partei auf, erreichte bei der Wahl 2013 ein deutlich besseres Ergebnis. Zeitweise galt er gar als möglicher Kandidat für den SPD-Bundesvorsitz. Mit solchen Ambitionen soll Schluss sein. Schäfer-Gümbels Nachfolgerin soll Nancy Faeser werden, aktuell Generalsekretärin der Hessen-SPD. Schäfer-Gümbel selbst soll Personalvorstand der Entwicklungshilfeorganisation GIZ werden. Sebastian Heinrich