Schwäbische Zeitung (Laupheim)
72 Stunden Gutes tun
72 Stunden Gutes tun: In Laupheim fiel der Startschuss für mehrere soziale Projekte
In Laupheim fällt der Startschuss für mehrere soziale Jugendprojekte.
LAUPHEIM - 17.07 Uhr auf dem Marktplatz in Laupheim. Rund 150 Menschen in grünen T-Shirts zählen laut den Countdown, dann geht´s los. Ines Steck öffnet gemeinsam mit ihren Freunden vom Aktionsteam „Minis Burgrieden“einen Umschlag, der ihr Leben in den kommenden drei Tagen entscheidend beeinflussen wird: Der zehnjährige Michael Götz liest brüllend die Projektaufgabe für die Burgriedener vor, irgend jemand hält ihm ein Mikro vor den Mund. Alle lachen. Die Jugendlichen aus dem Ort sollen nun in den kommenden 72 Stunden sogenannte Aufschnaufplätzle in Burgrieden neu gestalten, das heißt: den Grill restaurieren, Sitze aufstellen, einen Barfußpfad bauen und Spielgeräte errichten. Das sidn die spezifischen Vorgaben der diesjährigen Aktion „72 Stunden - uns schickt der Himmel“für das Team. „So, jetzt hat jeder bei uns etwas zu tun“, kommentiert Ines. Jetzt heißt es: bloß keine Zeit verlieren und sich in die Arbeit für einen guten Zweck stürzen.
Zum vierten Mal - nach 2004, 2009 und 2013 - hat gestern die Aktion „Uns schickt der Himmel - die 72-Stunden-Aktion“des Landkreises Biberach begonnen. Initiiert hat sie der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Beim Auftakt gestern Nachmittag in Laupheim kamen rund 150 junge Menschen zwischen 8 und 25 Jahren, um sich hingebungsvoll einer gemeinnützigen Arbeit zu widmen, die unsere Welt etwas verbessern soll. Dazu gehören sozial, politisch auch ökologisch ausgerichtete Projekte. Es engagieren sich insgesamt rund 1000 Teilnehmer im Landkreis, vornehmlich Ministranten, Pfadfinder oder in der Landjugend Tätige, die in 27 Projekten arbeiten. Am Sonntagabend müssen sie Ergebnisse liefern, bevor ein Abschlussfest wartet. Angesichts der anspruchsvollen Aufgaben, die teils vorgegeben, teils von den Aktionsgruppen selbst gewählt wurden, ist das durchaus knapp bemessen, denn die meisten Aktionsgruppen zählen lediglich 20 bis 30 Leute.
Bauen, buddeln, Gutes tun
Die Katholische Landjugend Baltringen wird beispielsweise mit dem Projekt „Pimp my Grillplatz“den Grillplatz des Ortes mit einer kleinen Hütte und Sitzgelegenheiten bereichern. Die Minis in Stetten bauen zusammen mit dem Naturschutzbund Deutschland ein Insektenhotel. Und die „Fireballs“Mietingen stellen eine mobile Kegelbahn zum Ausleihen für Jedermann her - um nur einige Projektideen zu nennen. Das klingt nach zupackender, schweißtreibender Arbeit. „Die Teilnehmer im Umkreis Laupheim wollen bauen und buddeln, deshalb haben wir das bei der einjährigen Projektplanung berücksichtigt“, sagt Christian Schlecht, Organisator der Aktion im Landkreis und Jugendreferent des BDKJ.
Entscheidend sei, dass sich die Teilnehmer selbst organisieren - und nach drei Tagen wirklich etwas Bleibendes in ihrem unmittelbaren Umfeld hervorbringen. „Trotz des spontanen Charakters der 72-Stunden-Aktion kommt es auf die Nachhaltigkeit an. Die angeschobenen Projekte sollen weiter Bestand haben“, erklärt Schlecht. Im Zuge der Vorbereitung der Aktion in den vergangenen zwölf Monaten, habe der BDKJ jede Aktiongruppe besucht und gemeinsam mit Projektkoordinatoren in den Teams genau geschaut, welches Projekt zu den Teilnehmern passe und ob sie die Aufgaben innerhalb der 72 Stunden wirklich bewältigen könnten. „Keiner soll über- oder unterfordert werden. Alle sollen Spaß haben, aber auch lernen, dass Verbindlichkeit wichtig ist im Leben“, sagt Schlecht.
Die „72-Stunden-Aktion“ist katholisch geprägt, jedoch sind alle Projekte offen für Menschen aus anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. „Die jungen Menschen entscheiden selbst, was sie machen. Sie sollen sich ausprobieren, aber auch Kontakte in andere Lebensbereiche knüpfen, über den Tellerrand hinausschauen.“Entscheidend sei es, drei Tage lang ehrenamtlich und freiwillig die Welt ein Stück zu verbessern. Um das Projektziel zu erreichen, sollen die Aktionsgruppen einfallsreich sein, um Hilfe zu organisieren. „Das hilft schon, wenn jemand einen guten Draht zur Feuerwehr hat, die mal schnell technische Unterstützung leisten kann.“
Hart arbeiten statt Schule Sämtliche regionalen Projekte sind Teil der bundesweiten Kampagne des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Die Vereinigung, ein Dachverband mit 17 katholischen Jugendverbänden in der sich deutschlandweit rund 660 000 Mitglieder engagieren, will mit Hilfe dieser Aktion, junge Menschen zu sozialem, ökologischem oder politischem Engagement animieren.
Im Kern geht es darum im Einsatz für andere Menschen zu sein - egal ob Senioren, Flüchtlinge, Benachteiligte, Behinderte Obdachlose oder Jugendliche. „Generell kommen immer weniger junge Leute in die klassische Jugendarbeit aufgrund des demografischen Wandels und sich ändernden Interessen. Aber wenn die Aktion angekündigt wird, tauchen viele Interessierte auf. Das ist ermutigend“, meint Christian Schlecht.
Für diejenigen, die die diesjährige Aktion organisiert haben, ist die große Resonanz in der Region Laupheim besonders erfreulich. Deshalb begann der Startschuss dieses Mal vor dem Rathaus in Laupheim. Landrat Heiko Schmid wünschte gutes Gelingen und lobte die Jugendlichen, die nicht nur TV-Serien schauen: „Ihr zeigt, dass Ihr mehr seid. Ihr zeigt Engagement.“Laupheims Oberbürgermeister Gerold Rechle ließ es sich nicht nehmen, ein 72 Sekunden kurzes Grußwort an die jungen Aktiven zu richten - mehr Zeit blieb nicht, denn die wollten keine Zeit verlieren. Sogar die Schule drückt ein Auge zu und gewährt den Teilnehmern heute einen freien Tag.