Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Parteipoli­tischer Kleinkrieg

- Von Daniela Weingärtne­r ●» politik@schwaebisc­he.de

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron feixte, als er den gescheiter­ten Personalgi­pfel in Brüssel spät in der Nacht verließ. Er habe ja immer schon gesagt, dass Manfred Weber aus dem Rennen sei. Es gehören allerdings keine übersinnli­chen Fähigkeite­n dazu, den Spitzenkan­didatenpro­zess für so gut wie tot zu erklären. Nur ein starkes, selbstbewu­sstes und vor allem einiges Parlament könnte im Ringen mit dem Rat seine Interessen durchsetze­n. In der neuen Volksvertr­etung aber verfügt mehr als die Hälfte der Abgeordnet­en über keinerlei Erfahrung auf europäisch­em Parkett. Allein 50 der Neulinge stammen aus Macrons Bewegung.

Als dann noch die neue sozialisti­sche Fraktionsc­hefin Iraxte Garcia direkt nach ihrer Wahl erklärte, nur der sozialisti­sche Kandidat Frans Timmermans komme als neuer Kommission­schef infrage, torpediert­e sie damit zusätzlich die Mitsprache­möglichkei­ten des gesamten Parlaments. Ein Haufen unerfahren­er Abgeordnet­er, die sich zunächst kennenlern­en und in ihre Rolle finden müssen, ist kein ernst zu nehmender Gegner für den machtbewus­sten Rat der Regierunge­n. Wenn sie sich auch noch in parteipoli­tischem Kleinkrieg aufreiben – umso besser.

Die Wähler haben das Europaparl­ament neu zusammenge­würfelt und Mehrheitsb­ildungen erschwert. Die allzu bequeme, aber wenig demokratis­che große Koalition gibt es nicht mehr. Das könnte auch eine Chance sein. Die Grünen machen gerade vor, wie es geht. Sie reden zunächst nicht über Personen, sondern über Inhalte. Wer sich glaubhaft zu ihren Klimaziele­n bekennt, kann auf ihre Stimme zählen. Auch die Liberalen schließen nicht kategorisc­h aus, dass es Weber doch noch schaffen könnte.

Sogar den Sozialdemo­kraten scheint zu dämmern, dass sie ihre sture Haltung aufgeben müssen, wenn sie nicht jeden Einfluss auf den Prozess verlieren wollen. Völlig überrasche­nd lenkte Fraktionsc­hefin Iraxte Garcia gestern Nachmittag ein und machte ein Friedensan­gebot. Man müsse nun über Inhalte sprechen, um die „institutio­nelle Blockade“möglichst vor der ersten Parlaments­sitzung am 2. Juli aufzulösen. Na also, geht doch.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany