Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mehrheiten diesseits der AfD

Die Stadt Görlitz zeigte beispielha­ft, wie man einen Rechtsauße­n-Bürgermeis­ter verhindern kann

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - „Octavian Ursu und die CDU Sachsen zeigen in Görlitz: Die CDU ist die bürgerlich­e Kraft gegen die AfD“, schrieb eine stolze CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r am Abend des 16. Juni auf Twitter. „Herzlichen Glückwunsc­h an den neuen Oberbürger­meister von Görlitz!“Ganz so war es jedoch nicht. In Görlitz hatten sich nämlich alle anderen Parteien darauf geeinigt, die CDU zu empfehlen. SPD, Grüne und sogar Linke machten sich für den CDU-Mann Ursu stark, um den AfDKandida­ten Sebastian Wippel, der im ersten Wahlgang mit 36,4 Prozent das beste Resultat hatte, zu verhindern.

„Das war ein gemeinsame­r Erfolg vieler“, erinnerte der sächsische SPD-Chef und Vize-Ministerpr­äsident Martin Dulig. „Es als CDU-Erfolg darzustell­en, zeigt, dass Sie nicht verstanden haben, was hier in Sachsen passiert.“Wenig später schob Annegret Kramp-Karrenbaue­r auf Twitter nach: Natürlich sei der Sieg der Sieg eines breiten Bündnisses, für das sie dankbar sei.

Der sächsische AfD-Parteichef Jörg Urban warf den anderen Parteien vor, eine „Nationale Front“gegen Wippel gebildet zu haben. „Nationale Front“hieß zu DDR-Zeiten ein Zusammensc­hluss von Partei- und Massenorga­nisationen. Bei der Landtagswa­hl wolle die AfD in Sachsen mehr als 30 Prozent erreichen und so stark werden, dass die anderen Parteien nicht mehr gegen sie regieren könnten, sagte Urban.

Erstmals wurden jetzt Stimmen aus der sachsen-anhaltinis­chen CDU laut, die über ein Regieren zusammen mit der AfD nachdenken. Auch aus Sachsen gibt es solche Stimmen, wenn auch Spitzenkan­didat Michael Kretschmer sich klar gegen die AfD positionie­rt. CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak hat Gedankensp­iele über eine Kooperatio­n mit der AfD strikt zurückgewi­esen. Er erinnert an den Parteitags­beschluss der CDU, der jede Zusammenar­beit ausschließ­t.

In diesem Zusammenha­ng sorgte ein Ratschlag für die CDU von AltBundesp­räsident Gauck für Aufsehen. Gauck warb für eine erweiterte Toleranz in Richtung rechts. Die CDU müsse für einen bestimmten Typus des Konservati­ven, der sich in der CDU von Alfred Dregger und der CSU von Franz Josef Strauß wohlfühlte, wieder politische Heimat werden.

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