Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vorerst keine Masern-Impfpflicht in Kindergärten
Vor allem drei Gründe sprechen dagegen – Auch in Laupheim gibt es keine Überlegungen für die Einführung
REGION - Ein Kindergarten im Nachbarlandkreis Neu-Ulm nimmt ab Herbst nur noch Kinder auf, die gegen Masern geimpft sind. Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten, die häufig Komplikationen mit sich bringen können. Im Landkreis Biberach planen Träger von Kindergärten bislang keinen solch drastischen Schritt. Das liegt vor allem an drei Dingen: die gesetzliche Grundlage fehlt, die Gefahr eines Flickenteppichs und äußerst geringe Fallzahlen.
Die Ankündigung des evangelischen Kinderhauses „Arche“in Vöhringen hat über die Stadtgrenzen hinaus für Aufsehen gesorgt. Ab dem kommenden Kindergartenjahr sollen nur noch Sprösslinge aufgenommen werden, bei denen ein Impfschutz gegen Masern besteht.
„Wir wissen das Sorgerecht von Eltern und deren mögliche Vorbehalte gegenüber Impfungen zu respektieren“, heißt es in einem Schreiben an die Eltern. Jedoch habe der Träger auch eine Fürsorgepflicht für Kinder und Mitarbeiter, die aus medizinischen Gründen nicht oder noch nicht geimpft werden können.
In den sozialen Netzwerken sorgt dieser Vorstoß für viele Reaktionen. Überwiegend begrüßen die Nutzer dieses Vorgehen. „Jede Impfung gegen eine potenziell tödliche Krankheit sollte Pflicht sein“, „Ja, sicher sollten das alle Kitas so machen. Schon allein zum Schutze anderer Kinder“oder „Sehr gut! Und wer meint, er weiß es besser, muss sich eben um eine anderweitige Betreuung kümmern“sind an Kommentaren unter entsprechenden Medienberichten zu lesen. Nur vereinzelt melden sich Impfgegner zur Wort.
Viele Kindergärten im Landkreis Biberach wollen vorerst keine Impfplicht einführen, wie eine Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“ergab. „Laut Kindertagesbetreuungsgesetz müssen die Eltern eine Bescheinigung über eine ärztliche Untersuchung und eine Impfberatung bei der Anmeldung vorweisen“, erläutert die Sprecherin der Stadt Biberach, Andrea Appel. „Für mehr fehlt die gesetzliche Grundlage.
Denn eine Impfung gegen Masern schreibt der Bund bisher nicht vor, was sich aber ändern könnte. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat vor Kurzem einen Gesetzentwurf vorgestellt. Demnach sollen Eltern mit einem Bußgeld bis zu 2500 Euro belangt werden, sofern ihre Kinder in Kitas und Schulen keinen Impfschutz haben. Beschlossen ist aber noch nichts.
Ähnlich wie Biberach sehen auch die Städte Laupheim und Riedlingen, die ebenfalls Träger von Kindergärten sind, dieses Thema. „Aktuell gibt es von Seiten der Stadt keine Überlegungen, lediglich Kinder im städtischen Kindergarten aufzunehmen, die eine Masern-Impfung haben“, teilt Eva-Maria Moser, Sprecherin der Riedlinger Verwaltung, mit.
Auch die Stadt Laupheim erwägt keine derartigen Maßnahmen. „Für eine verpflichtende Masern-Impfung gibt es derzeit keine rechtsverbindliche Grundlage“, erläutert die Pressesprecherin Nicole Hörmann. Der Städte- und Gemeindetag habe zwar etwas in Vorbereitung, Genaueres sei aber noch nicht bekannt.
Auch kirchliche Kindergärten schreiben keine Impfung vor
Wer sein Kind in einem evangelischen Kindergarten in Biberach unterbringen möchte, muss ebenfalls eine ärztliche Untersuchung beziehungsweise ein Impfberatungsgespräch nachweisen. „Wir können die Eltern natürlich nicht zwingend, dass sie ihre Kinder auch impfen lassen“, erläutert Anja Assfalg von der evangelischen Kirchenpflege. Zumindest hätten sie sich aber informiert. Für den katholischen Kindergarten St. Michael in Biberach gilt dieselbe Vorgehensweise, so die Leiterin Lucia Authaler.
Überlegungen, eine MasernImpflicht einzuführen, verneinen beide Frauen. „Wenn, dann müssten wir uns mit den anderen Trägern in Biberach abstimmen“, sagt Assfalg. Wie die anderen Gesprächspartner betont auch sie, dass unabhängig vom Träger möglichst einheitliche Standards gelten sollten. Einen für Eltern undurchsichtigen Flickenteppich wolle man vermeiden, so das Fazit der SZ-Nachfrage. Nicole Hörmann sagt beispielsweise: „Es ist immer einfacher, wenn alle an einem Strang ziehen.“
„Mit geschützt sind auch diejenigen, die nicht geimpft werden können.“
Dr. Monika Spannenkrebs, Leiterin des Gesundsheitsamtes
Kein Masern-Fall im Landkreis Biberach
Den befragten Trägern sind bislang auch keine massiven Forderungen nach einer Impflicht seitens der Eltern bekannt. Grund hierfür könnte sein, dass Masernfälle im Kreis Biberach selten bis gar nicht vorkommen. In diesem Jahr ist dem Landratsamts noch kein Fall gemeldet worden, so die Sprecherin Verena Miller. Im vergangenen Jahr erkrankte ein damals neunjähriges Kind aus dem westlichen Kreisgebiet. Weitere Fälle gab es in 2018 nicht.
Trotzdem weist das Kreisgesundheitsamt regelmäßig daraufhin, den Impfstatus im Allgemeinen zu überprüfen. „Eine möglichst gut geimpfte Bevölkerung schützt beispielsweise bei Masern auch die Allerkleinsten mit, die für die Impfung noch zu jung sind“, so die Leiterin des Gesundheitsamtes Dr. Monika Spannenkrebs anlässlich der europäischen Impfwoche. „Mitgeschützt sind auch diejenigen, die aus verschiedenen Gründen nicht geimpft werden können.“