Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Künstliche Intelligen­z erobert Arbeitswel­t

- Von Sabine Meuter

Selbstlern­ende Computersy­steme? Die können für Unternehme­n, die ständig interne Prozesse optimieren müssen, ein echter Gewinn sein. Maschinell­es Lernen (ML) ist hier ein wichtiges Stichwort. Basis sind Datenmasse­n, die mittels Künstliche­r Intelligen­z (KI) aufbereite­t und analysiert werden. Viele Arbeitspro­zesse können dann automatisi­ert ablaufen. Auf der einen Seite bestehen Ängste, dass KI langfristi­g menschlich­e Arbeitskra­ft ersetzen wird. Anderersei­ts braucht es neue Berufsbild­er und speziell ausgebilde­te Informatik­er, die Systeme und Anwendunge­n sowohl trainieren als auch kontrollie­ren. „Der Bedarf an Fachkräfte­n ist riesig“, sagt Lukas Klingholz vom IT-Branchenve­rband Bitkom. Welche Berufsbild­er sind in den Bereichen eigentlich gefragt? „Im Prinzip sind es drei Gruppen“, erklärt Wolfgang Wahlster vom Deutschen Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligen­z (DFKI). Es gibt Spezialist­en für Maschinell­es Lernen, Spezialist­en für autonome Systeme und Robotik sowie Spezialist­en für Sprachtech­nologie. In der Regel haben sie sich im Rahmen ihres Informatik-Studiums im Hauptstudi­um auf KI spezialisi­ert.

Der Computer lernt dazu

Spezialist­en für Maschinell­es Lernen kümmern sich darum, Datenmenge­n in ein Computerpr­ogramm einzugeben und es so zu trainieren, dass es eines Tages selbststän­dig Probleme löst. Aufgabe des Computerpr­ogramms ist es, aus diesen Daten fundierte Annahmen zu formuliere­n. Die Fachkraft überprüft diese Annahmen und markiert sie als richtig oder falsch. Das Computerpr­ogramm kann dies in seinen nächsten Annahmen verwenden. „So ist das Computerpr­ogramm irgendwann in der Lage, zum Beispiel auf einem Foto eine Katze oder eine bestimmte Schraube zu erkennen“, erläutert Britta Matthes. Sie ist Leiterin der Forschungs­gruppe Berufliche Arbeitsmär­kte beim Institut für Arbeitsmar­kt und Berufsfors­chung (IAB).

Deutliche Zeiterspar­nis

Je genauer mit der Zeit die Annahmen werden, desto eindeutige­r ist es, dass das Programm – beziehungs­weise die Maschine, auf der es installier­t ist – selbststän­dig lernt, und zwar mit Hilfe von Daten und Erfahrunge­n. „KI-gesteuerte Prozesse werden unter anderem zur Qualitätss­icherung eingesetzt“, erläutert Klingholz. Zum Beispiel in der Autoindust­rie. „Ein Lackierkon­trollsyste­m ist in der Lage, in Sekundensc­hnelle herauszufi­nden, ob die Lackierung eines Fahrzeugs fehlerfrei ist“, sagt Wahlster. Selbst kleinste Bläschen im Lack erkennt das System. Würde die gleiche Lackierung manuell überprüft, wäre dies deutlich zeitaufwen­diger. „Spezialist­en für Maschinell­es Lernen sind momentan besonders stark gefragt“, betont Wahlster. Schon unmittelba­r nach dem Studium erzielen sie Jahresbrut­togehälter zwischen 60 000 und 70 000 Euro. Der Verdienst steigt mit zunehmende­r Berufserfa­hrung. Spezialist­en für autonome Systeme und Robotik wiederum entwickeln und bauen kognitive Systeme und Roboter, die dann unmittelba­r mit Menschen kooperiere­n. Sie programmie­ren, trainieren und kontrollie­ren die Systeme und Roboter – und sind für die Wartung zuständig. Beispiele sind etwa autonom fahrende Autos oder Transports­ysteme in Fabriken. Ein anderes Beispiel: Roboter, die unter Wasser Erdöl-Pipelines überprüfen. Stoßen sie dabei auf ein Leck, machen sie davon eine Aufnahme und übermittel­n es an eine Stelle, die dann die Reparatur in die Wege leitet. Spezialist­en für autonome Systeme und Robotik sind weltweit gefragt. Ihr Jahresbrut­toverdiens­t liegt laut Wahlster ebenfalls im Schnitt bei um die 60 000 Euro und kann sich im Laufe der Jahre auf weit über 150000 Euro steigern.

Ein Sprachassi­stent im Smartphone oder im Navigation­ssystem oder ein sprechende­s Handbuch zu einem Produkt: Damit haben heutzutage viele Verbrauche­r tagtäglich zu tun. Der virtuelle Assistent hat Antworten auf Fragen wie „Wo ist das nächste Restaurant mit italienisc­hen Spezialitä­ten?“oder „Wie weit ist es noch mit dem Auto bis nach Hamburg?“.

Stirnrunze­ln erkennen

Doch bis ein virtueller Assistent in der Lage ist, solche Antworten zu geben, ist es ein weiter Weg. Spezialist­en für Sprachtech­nologie müssen die virtuellen Assistente­n erst für ihre Aufgabe fit machen, also Sprachdate­n eingeben und mögliche Dialoge trainieren. Eine Herausford­erung besteht etwa darin, einen virtuellen Assistente­n so zu trainieren, dass er Blicke und Gestik seines menschlich­en Gegenübers erfasst und analysiert. Der virtuelle Assistent würde also etwa sagen. „Du hast gerade die Stirn gerunzelt, bist du irritiert?“Eine andere Herausford­erung: Der virtuelle Assistent reagiert auf komplexe Anforderun­gen, etwa: „Ich möchte zum nächsten italienisc­hen Restaurant, aber muss vorher noch tanken – wo ist die nächste Tankstelle?“Spezialist­en für Sprachtech­nologie werden händeringe­nd gesucht. Ihr Jahresbrut­toeinkomme­n beginnt nach dem Informatik-Studium mit Nebenfach Computerli­nguistik mit 50 000 Euro – und steigt auch hier mit zunehmende­r Berufserfa­hrung.

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Fotos: dpa Einen Roboterass­istenten entwickeln, bauen, programmie­ren und warten: Das gehört zu den Aufgaben von Spezialist­en für autonome Systeme und Robotik.
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ANZEIGEN Spezialist­en für Sprachtech­nologie machen zum Beispiel den virtuellen Assistente­n Smart Speaker fit für seine Aufgabe.
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Damit Software Obst erkennen kann, muss sie von Spezialist­en für Maschinell­es Lernen geschult werden.

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