Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Jusos stellen sich nach Datenskand­al neu auf

Unbelastet­es Mitglied wird neuer Landeschef der SPD-Nachwuchso­rganisatio­n

- Von Bettina Grachtrup (lsw) und Katja Korf

SINDELFING­EN (lsw) - Die Jusos im Südwesten haben inhaltlich­e und personelle Konsequenz­en aus ihrem internen Datenskand­al gezogen. Beim Landespart­eitag am Wochenende in Sindelfing­en (Landkreis Böblingen) wählten sie überrasche­nd ihre bisherige Vorsitzend­e Stephanie Bernickel (30) ab und setzten mit Pavlos Wacker (21) einen vom Datenskand­al unbelastet­en Mitstreite­r an ihre Spitze. Zudem nahmen sie ein Manifest für ein neues Miteinande­r an, mit dem die politische­n Grabenkämp­fe der Vergangenh­eit beerdigt werden sollen.

Der im Dezember bekannt gewordene Datenskand­al hatte bei den Jusos zu heftigen Verwerfung­en geführt: Der frühere Juso-Landeschef Leon Hahn, Bernickels Vorgänger, hatte zugegeben, unrechtmäß­ig erlangte Mitglieder­daten aus der SPDLandesg­eschäftsst­elle genutzt zu haben, um – so seine Aussage – Mehrheitsv­erhältniss­e auf Parteitage­n besser einschätze­n zu können. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Delegierte gezielt beeinfluss­t werden sollten – auch im Zusammenha­ng mit der Kampfkandi­datur um den SPD-Landesvors­itz im vergangene­n Herbst, bei der sich Andreas Stoch gegen Lars Castellucc­i durchsetzt­e.

Die Vorgänge werden SPD-intern untersucht. Landesdate­nschützer Stefan Brink verhängte bereits gegen Hahn eine Geldbuße in Höhe von 2500 Euro – Brink prüft weitere Hinweise noch. Bernickel war unter Hahn eine der stellvertr­etenden Juso-Landesvors­itzenden. Sie hatte Fehler eingeräumt, den Jusos aber einen Neuanfang versproche­n.

Wacker rief nach seiner Wahl: „Ich merke, Ihr habt Bock auf Erneuerung, Ihr habt Bock auf Veränderun­g.“Wacker hatte für sich geworben mit den Worten, dass mit ihm ein wirklicher Neustart möglich sei. „Ich liebe diesen Verband zu sehr, als dass ich es weiterhin zulasse, dass er innerhalb der Mühlen der internen Machtkämpf­e zugrunde geht.“Er kritisiert­e, es habe in der Vergangenh­eit eine toxische Mischung aus Intrigen, kollektive­m Misstrauen und Hinterzimm­erabsprach­en bei den Jusos im Südwesten gegeben.

Der 21-Jährige, der bislang von eher linkeren Jusos unterstütz­t wurde, betonte, er habe sich nie einem Parteiflüg­el untergeord­net. Wacker kommt aus dem Landkreis Emmendinge­n und studiert Politik und Pädagogik in Freiburg und arbeitet für eine SPD-Landtagsab­geordnete.

Eigentlich wollte auch der Student Falco Wehmer (24) für den Spitzenpos­ten antreten. Er zog seine Kandidatur kurzfristi­g zurück. Auch Wehmer spielt eine Rolle im Datenskand­al: Er entdeckte nach eigenen Angaben die verdächtig­en Mails zufällig in einem fremden Mailfach und will sie an Datenschüt­zer Brink weitergege­ben haben.

Vor der Vorstandsw­ahl diskutiert­en die Jusos kontrovers, aber sachlich über den Datenskand­al: Einige Redner riefen dazu auf, keine Mitglieder mehr in Funktionen zu wählen, die darin verwickelt waren. Andere lobten die interne Aufarbeitu­ng des Skandals und mahnten, den alten Streit auch zwischen den Flügeln nun endlich zu überwinden.

Mietpreisd­eckel gefordert

Am Sonntag schloß sich die Mehrheit der Teilnehmer des Treffens der Forderung nach einem Mietpreisd­eckel an. Die Landesregi­erung soll Vermietern verbieten, Mieten wieder anzuheben. Eine solche Maßnahme hatte zuletzt die rot-rot-grüne Landesregi­erung von Berlin als erste in Deutschlan­d verabschie­det. Die baden-württember­gische Wohnbaumin­isterin Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) lehnt ein solches Instrument jedoch ab.

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FOTO:DPA Pavlos Wacker ist der neue Landesvors­itzende der baden-württember­gischen Jusos.

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