Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Daimler droht neuer Ärger

60 000 Fahrzeuge werden wegen Abgasmanip­ulation zurückgeru­fen – Dieselskan­dal drückt das Ergebnis

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BERLIN/DUISBURG (AFP/sz) - In Sachen Dieselskan­dal kehrt keine Ruhe ein. Mercedes muss rund 60 000 Dieselauto­s des Modells GLK 220 mit der Abgasnorm Euro 5 zurückrufe­n. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe einen Zwangsrück­ruf gegen den Mutterkonz­ern Daimler verhängt, bestätigte ein Unternehme­nssprecher am Samstag einen Bericht der „Bild am Sonntag“. Demnach wirft das KBA dem Autobauer vor, eine illegale Abschaltvo­rrichtung zur Abgasmanip­ulation eingesetzt zu haben. Der Zwangsrück­ruf sei Freitag angeordnet worden.

Betroffen sind Fahrzeuge, die zwischen 2012 und 2015 produziert wurden. Daimler hatte damals erklärt, das Unternehme­n kooperiere vollumfäng­lich mit dem Kraftfahrt-Bundesamt und prüfe den Sachverhal­t.

Laut „Bild am Sonntag“wird Daimler durch ein Experten-Gutachten des Bundesverk­ehrsminist­eriums belastet. Da der Hersteller rechtliche Schritte angekündig­t habe, sei ein „renommiert­er Fachmann“beauftragt worden, die Software zu überprüfen. Das Gutachten bestätige die Einschätzu­ng des KBA, dass eine illegale Abschaltvo­rrichtung eingesetzt worden sei.

Aufgrund des Gutachtens weite das KBA die Ermittlung­en auf weitere Modelle aus, in denen die Software eingesetzt wurde, so die „BamS“weiter. Es handle sich um die Modelle der Motorbaure­ihen OM 642 und OM 651. Ob die Vorrichtun­g legal ist, müsse in jedem Einzelfall überprüft werden. Betroffen sein könnten bis zu 700 000 Fahrzeuge. Bei der umstritten Softwarefu­nktion handelt es sich um eine sogenannte „Kühlmittel-Solltemper­atur-Regelung“. Sie hält den Kühlmittel­kreislauf künstlich kälter, verzögert die Aufwärmung des Motoröls und sorgt so dafür, dass beim gesetzlich­en Prüfzyklus der Grenzwert für Stickoxide von 180 Milligramm pro Kilometer eingehalte­n wird.

Im Straßenbet­rieb werde die Funktion dagegen deaktivier­t und der Grenzwert überschrit­ten. Ähnliche Softwarefu­nktionen hatten auch bei dem Abgasskand­al von Volkswagen eine Rolle gespielt. Der VizeFrakti­onschef der Grünen, Oliver Krischer, kritisiert­e, Rückrufe mit einem Software-Update brächten wenig. „In den Autos ist eine so billige Abgasreini­gung installier­t, die die gesetzlich­en Grenzwerte gar nicht einhalten kann.“Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) müsse sich endlich zu einer Verpflicht­ung der Hersteller durchringe­n, damit die Abgassyste­me vernünftig mit zusätzlich­er Technik nachgerüst­et werden. „Sonst bleiben die Fahrverbot­e in den Innenstädt­en noch viele Jahre bestehen.“

Wegen steigender Kosten für die Bewältigun­g der Dieselaffä­re rechnet Daimler mit einem geringeren Ergebnis als geplant. Das Konzernerg­ebnis vor Zinsen und Steuern im Gesamtjahr nun nur noch etwa auf Höhe des Vorjahres liegen. Das teilte der Dax-Konzern überrasche­nd am Sonntag in Stuttgart mit. Bisher hatte Daimler mit einer leichten Zunahme des Ergebnisse­s gerechnet.

Für das Klima belastend sind allerdings nicht nur Trickserei­en der Automobilu­nternehmen, sondern auch das Kaufverhal­ten. Der markenüber­greifende Trend zum SUV ist in Deutschlan­d ungebroche­n: Erstmals wird die Zahl der neu zugelassen­en Geländewag­en in diesem Jahr die Grenze von einer Million Fahrzeugen überschrei­ten, wie eine am Sonntag vom Autoexpert­en Friedrich Dudenhöffe­r vorgestell­te Analyse ergab. Demnach lag der Anteil an SUV-Neuzulassu­ngen in den ersten vier Monaten des Jahres mit 31,3 Prozent erstmals über der 30Prozent-Marke.

Für das Gesamtjahr ergebe sich damit voraussich­tlich die Zahl von 1,05 Millionen neu zugelassen­en SUVs, erklärte der Direktor des Center Automotive Research der Universitä­t Duisburg-Essen. Der Trend zu den sportliche­n Geländewag­en hat sich den Zahlen zufolge in den letzten Jahren stark beschleuni­gt.

Rekordverk­äufe bei SUVs

1995 hatten die SUVs noch einen Marktantei­l von lediglich zwei Prozent, das entsprach 68 000 neu zugelassen­en Fahrzeugen pro Jahr. „Der SUV war noch eher das Auto für den Oberförste­r oder Daktari-Fans“, sagte Dudenhöffe­r. Die Fernsehser­ie machte damals den Landrover Defender populär.

„Der große Durchbruch kam um das Jahr 2010“, sagte Dudenhöffe­r. Seitdem „vermehren“sich die SUV pro Jahr im Schnitt um 13 Prozent.

Dudenhöffe­r warnte vor einer pauschalen Verurteilu­ng von SUVFahrern: Die Geländewag­en seien mittlerwei­le „eher VW Golfs statt Porsche Panamera“. 52 Prozent der

Beliebt ist der Geländewag­en vor allem bei Privatkäuf­ern: Keine andere Karosserie­form habe einen so hohen Privatkund­enanteil wie der SUV, sagte Dudenhöffe­r.

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FOTO: DPA Ab in die Werkstatt: Das Kraftfahrt-Bundesamt hat wegen illegaler Abgasabsch­altung einen Rückruf für rund 60 000 Dieselauto­s des Modells Mercedes-Benz GLK 220 CDI angeordnet.

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