Schwäbische Zeitung (Laupheim)
EU stärkt Polens Richter
EuGH: Justizreform war unrechtmäßig
LUXEMBURG (dpa) - Wegen seiner umstrittenen Justizreform hat Polen eine klare Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof kassiert. Die Zwangspensionierung oberster Richter verstößt nach einem Urteil vom Montag gegen EU-Recht. Sie sei durch kein legitimes Ziel gerechtfertigt und beeinträchtige den Grundsatz der richterlichen Unabsetzbarkeit, befanden die Luxemburger Richter (Rechtssache C 619/18). Diese Unabsetzbarkeit sei untrennbar mit der Unabhängigkeit der Richter verknüpft.
Polens Regierung hatte die Regel bereits im November 2018 nach einer Eilentscheidung des EuGH aufgehoben. Konkret geht es um jenes Gesetz, mit dem die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS das Renteneintrittsalter oberster Richter von 70 auf 65 Jahre gesenkt hatte. Die Reform gab dem Präsidenten außerdem das Recht, die Amtszeit nach eigenem Ermessen zu verlängern.
Kritiker werfen der Regierung vor, sie wolle mit der Reform missliebige Richter loswerden. Mehr als 20 Juristen waren zwischenzeitlich in den Ruhestand geschickt worden.
Die Richter argumentieren, das EU-Recht beruhe darauf, dass alle Staaten gemeinsame Werte wie Rechtsstaatlichkeit teilten. Daraus resultiere gegenseitiges Vertrauen. Grundsätzlich sei die Justiz zwar eine nationale Angelegenheit, nach EU-Recht müssten alle Staaten aber einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz gewährleisten. Dafür sei die Unabhängigkeit von Richtern grundlegend.
Das polnische Außenministerium zeigte sich nach dem Richterspruch gelassen: „Das Urteil erfordert keine Gesetzesänderungen, da alle Vorwürfe der Kommission bereits bei der Reform zum Obersten Gericht vom 21. November 2018 berücksichtigt wurden“, teilte das Ministerium der Deutschen Presse-Agentur mit.
Das Oberste Gericht in Warschau sprach dem Urteil für Polen und die EU dagegen eine „große Bedeutung“zu. Es werde ähnlichen Ideen der Regierenden im Land zuvorkommen, sagte Gerichtssprecher Richter Michal Laskowki. „Auch auf EU-Ebene wird das Urteil hoffentlich ein Fingerzeig sein, dass es so nicht geht“, sagte er.