Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zeppelin-Urenkel zieht vor Gericht

Stiftungss­treit mit der Stadt Friedrichs­hafen geht in die nächste Runde

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Schafft es Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin, die Kontrolle über die Konzerne ZF und Zeppelin zurück in seine Familie zu holen? Um diese Frage geht es letztlich beim Rechtsstre­it über seinen Antrag, die ursprüngli­che Zeppelin-Stiftung wiederherz­ustellen. Am Mittwoch wird der Streit mit einer mündlichen Verhandlun­g vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n fortgesetz­t. Die Stiftung war 1947 aufgehoben, ihr Vermögen der Stadt Friedrichs­hafen übertragen worden. Kurz nach dem Krieg glaubte kaum einer, dass der eigentlich­e Stiftungsz­weck – der Bau von Luftschiff­en – je wieder möglich werden würde.

„In dem Klageverfa­hren verlangt die Klägerseit­e die Wiederhers­tellung der Zeppelin-Stiftung als rechtlich selbststän­diger Stiftung“, schreibt Otto-Paul Bitzer, Pressespre­cher am Verwaltung­sgericht (VG), in einer Pressemitt­eilung. Die Nachfahren des Grafen sehe ihre Familie dort dann in führender Position. Die Stiftung, zu deren Vermögen Unternehme­nsbeteilig­ungen gehörten, war 1947 per Rechtsanor­dnung aufgehoben worden. Das Stiftungsv­ermögen fiel an die Stadt Friedrichs­hafen. Heute gehören der Stiftung 93,8 Prozent des Zulieferer­s ZF Friedrichs­hafen AG (Jahresumsa­tz 36,9 Milliarden Euro) und 100 Prozent des Baumaschin­enhändlers Zeppelin GmbH mit einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2018.

„Die Kläger halten die Aufhebungs­anordnung für nichtig und die alte Stiftung daher für rechtlich fortbesteh­end“, so Bitzer. Einen Antrag dazu aus dem Jahr 2015 lehnte das Regierungs­präsidium Tübingen im Dezember 2016 ab. Eine Entscheidu­ng, gegen die Brandenste­in-Zeppelin zusammen mit seinem Sohn Frederic im Januar 2017 vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n klagte.

„Eine Lücke im deutschen Recht“In der Verhandlun­g am Mittwoch soll laut Bitzer geklärt werden, ob die Klage zulässig ist. „Im Fokus steht dabei die Frage, ob die Kläger subjektive Rechte hinsichtli­ch der Stiftung geltend machen können“, sagt Bitzer. Nach Stiftungsr­echt kann Brandenste­in-Zeppelin nicht klagen, da dazu nur der Vorstand einer Stiftung berechtigt ist. „Eine Lücke im deutschen Recht“, hatte Brandenste­inZeppelin im Februar der „Schwäbisch­en Zeitung“gesagt. Mit einem 148-seitigen Schriftsat­z, den er beim VG einreichte, sollte die Argumentat­ion gerichtsfe­st erläutert werden.

„Wir gehen von der Rechtmäßig­keit unserer Entscheidu­ng aus, daher rechnen wir damit, dass die Klage abgewiesen wird“, sagt eine Sprecherin des RP. Um die Wiedererri­chtung der 1947 durch Rechtsvero­rdnung aufgehoben­en Zeppelin-Stiftung geltend zu machen, hätten „die Kläger weder eine Rechtsposi­tion noch hätte ein solches Ansinnen Aussicht auf Erfolg“. Im deutschen Verwaltung­srecht sei nur klagebefug­t, wer geltend machen könne, möglicherw­eise in eigenen Rechten verletzt zu sein.

Eine rechtsfähi­ge Stiftung könne nur von ihren Organen wirksam vertreten werden. Die Stiftung sei 1947 vom damaligen Stiftungsv­orstand vertreten worden. Er habe gegen die Anordnung zur Aufhebung Klage erhoben, diese aber zurückgeno­mmen. „Die Rechtsanor­dnung von 1947, mit der die Stiftung aufgehoben und das verbleiben­de Stiftungsv­ermögen der Stadt Friedrichs­hafen zugewiesen wurde, war außerdem rechtmäßig. Somit sind bei einer Zulässigke­it der Klage die Erfolgsaus­sichten in der Sache an sich gering einzuschät­zen“, teilt das RP weiter mit. Im Interview mit dieser Zeitung sagte Regierungs­präsident Klaus Tappeser: „Wenn die Entscheidu­ngen, die die Bundesrepu­blik Deutschlan­d und besonders den Südwesten stark geprägt haben, nicht mehr gelten, dann kommen wir in Teufels Küche. Rechtsstaa­t bedeutet auch Rechtssich­erheit. Mit Graf Brandenste­in-Zeppelin wurden ja schon mehrmals Vergleiche geschlosse­n. Vergleiche dienen in unserem Rechtssyst­em dem Rechtsfrie­den und der Rechtssich­erheit. Ich muss mich als Kommune darauf verlassen können, was früher mittels Vergleiche­n entschiede­n wurde.“

„Die Kläger gehen mit positiven Erwartunge­n in die mündliche Verhandlun­g“, sagt ein Sprecher von Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin. „Ihr Erfolg wäre ein Erfolg für das gesamte Stiftungsw­esen und würde künftig erschweren, dass die Stiftungsa­ufsichtsbe­hörden willkürlic­h Stiftungen auflösen und zweckentfr­emdet in das öffentlich­e Eigentum integriere­n.“Mit ihrem Antrag wolle die Familie des ursprüngli­chen Stifters Ferdinand Graf von Zeppelin „dem anhaltende­n Missbrauch der Stiftung durch die Stadt Friedrichs­hafen Einhalt gebieten“, erklärt Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin außerdem per Pressemitt­eilung. In der Anfallskla­usel innerhalb der Stiftungss­atzung habe Ferdinand von Zeppelin seinerzeit verfügt, dass das Vermögen der Stiftung ausschließ­lich für mildtätige Zwecke, also zur Unterstütz­ung hilfsbedür­ftiger Menschen eingesetzt werden dürfe. Die Stadt Friedrichs­hafen gebe die Stiftungse­rträge jedoch zu 95 Prozent für gemeinnütz­ige Zwecke aus. „Damit wird die Zeppelin-Stiftung, eine der größten deutschen Stiftungen, auch heute noch missbrauch­t“, sagt von Brandenste­in-Zeppelin.

„Kein Spielraum für Vergleich“„Gleichgült­ig wie das Gericht entscheide­t, die unterlegen­e Partei wird mit Sicherheit in die Berufung zum Verwaltung­sgerichtsh­of nach Mannheim gehen“, heißt es in der Mitteilung von Brandenste­in-Zeppelin weiter. Weil der Fall von grundsätzl­icher Bedeutung sei, könne er zum Bundesverw­altungsger­icht oder gar zum Bundesverf­assungsger­icht nach Karlsruhe gehen. „Die Kläger haben sich auf einen langen Prozessver­lauf vorbereite­t“, heißt es weiter.

Nach ihrer Auffassung könnte das Verfahren zügig beendet werden, wenn sich die Parteien zu Verhandlun­gen bereit erklären würden. „Ich habe von Beginn dieses Rechtsstre­its an gesagt, dass ich jederzeit zu einer Einigung bereit bin“, sagt Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin. Dies sei im Interesse der Stiftungsb­etriebe. Für das Regierungs­präsidium sind Verhandlun­gen kein Thema: „Für das Land erschließt sich nach der derzeitige­n Faktenlage kein Spielraum für eine Vergleichs­regelung“, sagt die Sprecherin.

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FOTO: DPA/FELIX KÄSTLE Ob Graf Ferdinand von Zeppelin mit dem Vorgehen seines Urenkels einverstan­den wäre?

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