Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Geduld des VVL lohnt

Das Haus Judenberg 16 atmet Geschichte und ist nun weitgehend saniert.

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Das Haus Judenberg 16 atmet Geschichte, und der Verkehrsun­d Verschöner­ungsverein Laupheim (VVL) beweist einen langen Atem bei dem Vorhaben, das Gebäude zu erhalten und darin das frühere Leben und Wohnen auf dem Judenberg zu dokumentie­ren. Die Sanierung ist weitgehend abgeschlos­sen, ein Ausstellun­gskonzept in Arbeit.

Wer die Türschwell­e passiert, betritt eines der ältesten jüdischen Wohnhäuser Laupheims. 1734 erbaut – damals siedelte der Reichsfrei­herr Damian von Welden aus wirtschaft­lichen Gründen die ersten Menschen mosaischen Glaubens im Marktfleck­en an –, bildete es die Hälfte eines Doppelhaus­es für vier Familien. Für jede waren eine Stube, zwei Kammern, Küche und Flur vorgesehen. Ein solcher Reihenhaus­charakter war damals eine Besonderhe­it, sagen Fachleute.

Der VVL hat das Haus im Mai 2000 von der Stadt übernommen und es vor dem Zerfall gerettet. Ab 2003 ging es zunächst um die Bestands sicherung. Dabei waren der marode Dachstuhl und die Statik zentrale Herausford­erungen. Das Dach wurde mit Handstrich­ziegeln und Holzschind­eln neu gedeckt, das Haus mit Beton unterfange­n, der Außenputz erneuert. 143 000 Euro sind in die Außensanie­rung geflossen, nach Angaben des VVL-Vorsitzend­en Rolf Müller deutlich weniger als veranschla­gt. „Das war nur möglich, weil Vereinsmit­glieder 2744 Arbeitsstu­nden als Eigenleist­ung einbrachte­n.“

Mit der Innensanie­rung musste der Verein danach etliche Jahre warten, sonst wäre der Zuschuss der Denkmalsti­ftung verfallen. Inzwischen stehen die Arbeiten aber kurz vor dem Abschluss. Den aktuellen Stand präsentier­te der VVL vor Kurzem anlässlich der Kulturnach­t.

In den Stuben im Erd- und Obergescho­ss springen die Original-Holzbohlen­decken aus dem 18. Jahrhunder­t ins Auge; ein Restaurato­r wird sie noch säubern und ölen. Die Böden wurden mit gebrauchte­m Fichtenhol­z erneuert; parterre musste der Statik wegen ein Stahlbeton­ring eingezogen werden. In den Küchen hat der VVL Steinplatt­en aus dem Geburtshau­s des späteren Schlossbes­itzers Kilian von Steiner in der Kapellenst­raße verlegt.

Die Wände repräsenti­eren 19. Jahrhunder­t. „Ursprüngli­ch war auch nach innen Fachwerk sichtbar“, erklärt Rolf Müller. Dann wurden im Bemühen um geschlosse­ne glatte Flächen Latten davor angebracht und die Zwischenrä­ume verfüllt, was auch dem Schallschu­tz und der Wärmedämmu­ng dienlich war. Darauf liegen diverse Schichten Putz. An einigen Stellen ist der Wandaufbau sichtbar. Auch die Remise und einen als Kinderzimm­er genutzten Anbau hat der Verein hergericht­et, und ein Plumpsklo. Was jetzt noch fehlt, ist die farbliche Fassung von Wänden, Decken, Fenstern, Türen und Treppen. Dafür bedürfe es nicht zuletzt der Absprache zwischen Denkmalamt und Ausstellun­gsmacher, sagt Müller.

Erklärtes Ziel ist es, auf beiden Geschosseb­enen die Besiedelun­g des Judenbergs darzustell­en und wie die Menschen seinerzeit dort lebten – als Ergänzung zum Museum im Schloss und zur Dokumentat­ionsstätte am jüdischen Friedhof, wie Müller betont. Ein Fachbüro hat bereits Ideen entwickelt; es ist daran gedacht, historisch­e Fakten und jüdische Familienge­schichten und Traditione­n in Spielszene­n einzuweben und diese Besuchern beim Rundgang durch die Räume multimedia­l zu vermitteln.

Ab wann es diese Dokumentat­ion geben wird, sei zur Stunde genauso offen wie die Finanzieru­ng, sagt Müller. Auch wäre erst noch einiges an wissenscha­ftlicher Recherche zu leisten. „Aber eins nach dem anderen, wir sind ein kleiner Verein.“Mit einem langen Atem.

„Zusammen mit den übrigen Bauten des Judenbergs stellt es ein herausrage­ndes historisch­es Zeugnis dar.“Rainer Linder, Haus der Geschichte, über das Gebäude Judenberg 16

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FOTO: ROLAND RAY
 ?? FOTO: ROLAND RAY ?? Sie haben viel Herzblut für das historisch­e Gebäude Judenberg 16 vergossen: Rolf Müller (rechts) und Friedrich Börschel vom VVL.
FOTO: ROLAND RAY Sie haben viel Herzblut für das historisch­e Gebäude Judenberg 16 vergossen: Rolf Müller (rechts) und Friedrich Börschel vom VVL.
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Das Vierfamili­enwohnhaus Judenberg 16 (rechte Hälfte) und 18. Die Aufnahme entstand vor 1902.
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FOTOS: RAY (3)/VVL Ein Blick in die Stube im ersten Stock. Die Holztäfelu­ng ist aus dem 19. Jahrhunder­t.
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Der Dachstuhl wurde 2003/04 neu gedeckt.
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Hier wird der Wandaufbau sichtbar.

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