Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die USA stehen alleine da
Die USA lieben programmatische Absichtserklärungen. Wie vor ihrem letztendlich verheerenden Krieg gegen den Irak vor 16 Jahren wollen sie nun auch gegen Iran eine „Koalition der Willigen“zusammenbringen. Die Staatenallianz soll die kriegstreiberische Politik der Trump-Administration abnicken und im Ernstfall einen Krieg unterstützen. Als der amerikanische UN-Botschafter Jonathan Cohen am Montagabend auf einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates die Beweise für eine „iranische Schuld“für die jüngsten Angriffe im Golf von Oman präsentierte, erlebte er jedoch eine böse Überraschung. Europa verweigerte den USA die Rückendeckung. „Eindeutige Zuordnungen“könnten nicht vorgenommen werden, verkündete der deutsche UNBotschafter Christoph Heusgen im Namen der Europäer barsch.
Da auch China und Russland auf Distanz gingen, standen die Amerikaner plötzlich alleine da. Der Rest der Welt paktierte zwar nicht mit Iran, erklärte der amerikanischen Strategie aber eine deutliche Absage. Ob Europa mit diesem überfälligen Schritt zur Entspannung am Golf beiträgt, bleibt offen. Ein wichtiges Signal an Teheran war es allemal nach dem Motto: „Seht her! Auch Europa kann eigene Wege gehen, sich von den USA abgrenzen. Eine Koalition der Willigen wird es mit uns nicht geben.“
Die europäische Abgrenzung dürfte im Iran mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen werden, doch die Regierung in Teheran will bekanntlich mehr: Europa soll das von den USA gekündigte Atomabkommen endlich erfüllen und wieder Handel mit Iran treiben. Auch hier sollen die Europäer den USA die Rückendeckung verweigern und ihren freundlichen Absichtserklärungen endlich Taten folgen lassen.
Die Gelegenheit dazu besteht am kommenden Freitag, wenn der Vizeaußenminister Irans seine Amtskollegen aus Deutschland, Frankreich, Grossbritanien, den USA, Russland und China in Wien treffen wird. Der „Rückenwind“aus New York könnte sich dann unter Umständen für ihn als hilfreich erweisen.