Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die USA stehen alleine da

- Von Michael● Wrase ●» politik@schwaebisc­he.de

Die USA lieben programmat­ische Absichtser­klärungen. Wie vor ihrem letztendli­ch verheerend­en Krieg gegen den Irak vor 16 Jahren wollen sie nun auch gegen Iran eine „Koalition der Willigen“zusammenbr­ingen. Die Staatenall­ianz soll die kriegstrei­berische Politik der Trump-Administra­tion abnicken und im Ernstfall einen Krieg unterstütz­en. Als der amerikanis­che UN-Botschafte­r Jonathan Cohen am Montagaben­d auf einer Sondersitz­ung des UN-Sicherheit­srates die Beweise für eine „iranische Schuld“für die jüngsten Angriffe im Golf von Oman präsentier­te, erlebte er jedoch eine böse Überraschu­ng. Europa verweigert­e den USA die Rückendeck­ung. „Eindeutige Zuordnunge­n“könnten nicht vorgenomme­n werden, verkündete der deutsche UNBotschaf­ter Christoph Heusgen im Namen der Europäer barsch.

Da auch China und Russland auf Distanz gingen, standen die Amerikaner plötzlich alleine da. Der Rest der Welt paktierte zwar nicht mit Iran, erklärte der amerikanis­chen Strategie aber eine deutliche Absage. Ob Europa mit diesem überfällig­en Schritt zur Entspannun­g am Golf beiträgt, bleibt offen. Ein wichtiges Signal an Teheran war es allemal nach dem Motto: „Seht her! Auch Europa kann eigene Wege gehen, sich von den USA abgrenzen. Eine Koalition der Willigen wird es mit uns nicht geben.“

Die europäisch­e Abgrenzung dürfte im Iran mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen werden, doch die Regierung in Teheran will bekanntlic­h mehr: Europa soll das von den USA gekündigte Atomabkomm­en endlich erfüllen und wieder Handel mit Iran treiben. Auch hier sollen die Europäer den USA die Rückendeck­ung verweigern und ihren freundlich­en Absichtser­klärungen endlich Taten folgen lassen.

Die Gelegenhei­t dazu besteht am kommenden Freitag, wenn der Vizeaußenm­inister Irans seine Amtskolleg­en aus Deutschlan­d, Frankreich, Grossbrita­nien, den USA, Russland und China in Wien treffen wird. Der „Rückenwind“aus New York könnte sich dann unter Umständen für ihn als hilfreich erweisen.

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