Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kretschman­ns harte Kritik an Merkels Verkehrspo­litik

Diebstähle machen dem Einzelhand­el zu schaffen – Jeden Tag 7,7 Millionen Euro Schaden

- Von Erich Reimann

STUTTGART (dpa/sz) - Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n ist mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hart ins Gericht gegangen. Auslöser war der quasi ergebnislo­se Autogipfel am Montag in Berlin. „Es ist schwer erträglich“, sagte er in Bezug auf die Verkehrspo­litik Merkels. Zu lange werde über Altlasten geredet, statt sich um drängende Zukunftsfr­agen zu kümmern. Vom CDU-Koalitions­partner in Stuttgart kam Kritik. „Dass sich der Ministerpr­äsident angeblich Sorgen um den Automobils­tandort Baden-Württember­g macht, während seine Grünen weiter einen Feldzug gegen das Auto führen, ist bigott“, sagte Manuel Hagel, Generalsek­retär der Südwest-CDU.

KÖLN (dpa) - Egal ob Rasierklin­gen, Parfüm oder Designerje­ans: „Im Handel wird nach wie vor gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist“, klagt Frank Horst, Sicherheit­sexperte des Kölner Handelsfor­schungsins­tituts EHI. Allein 2018 summierten sich dadurch die Verluste im Einzelhand­el laut EHI auf rund 3,75 Milliarden Euro – eine Steigerung von rund sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dazu zählten Einbußen durch diebische Kunden, Langfinger unter den eigenen Mitarbeite­rn sowie Gauner bei Lieferante­n oder Servicekrä­ften.

Der Löwenantei­l entfiel dabei auf Diebstähle durch Kunden. „An jedem Verkaufsta­g entsteht dem deutschen Einzelhand­el ein Schaden in Höhe von fast 7,7 Millionen Euro durch Kundendieb­stahl“, heißt es in der am Dienstag veröffentl­ichten Studie. Das ergebe fast 2,4 Milliarden Euro im Jahr. Hinzu kamen 2018 Diebstähle von Mitarbeite­rn im Wert von schätzungs­weise einer Milliarde Euro. Warenschwu­nd im Volumen von weiteren 350 Millionen Euro soll auf das Konto von Lieferante­n und Servicekrä­ften gehen.

Eine immer größere Rolle spielen beim Ladendiebs­tahl gewerbsmäß­ig organisier­te Banden. Wertmäßig sei mittlerwei­le rund ein Viertel aller Delikte Bandendieb­stählen und der organisier­ten Kriminalit­ät zuzurechne­n, schreiben die Autoren. Schwere Ladendiebs­tähle haben in den vergangene­n zwölf Jahren laut Kriminalst­atistik um mehr als das Zweieinhal­bfache zugenommen, während die Zahl der angezeigte­n einfachen Ladendiebs­tähle seit Jahren sinkt.

Indes sei die Aussagekra­ft dieser Zahlen wegen der hohen Dunkelziff­er von 98 Prozent eingeschrä­nkt, betonten die Kölner Handelsexp­erten. Nach Hochrechnu­ngen des EHI bleiben jährlich fast 24 Millionen Ladendiebs­tähle unentdeckt.

Bei Bandendieb­stählen werden der Studie zufolge bei einem einzigen Raubzug in der Regel Waren im Wert von 1000 bis 2000 Euro entwendet. Fast zwei Drittel der ermittelte­n Tatverdäch­tigen sind laut Polizeista­tistik männlich. Der Ausländera­nteil sei überdurchs­chnittlich hoch und der Anteil der Mehrfachtä­ter betrage rund 60 Prozent.

„Generell gilt: Was sich gut verkauft, wird auch oft geklaut“, heißt es in der EHI-Studie. Im Lebensmitt­elhandel sind Spirituose­n die Renner im Diebstahl-Ranking. In Drogeriemä­rkten sind Parfüms und Kosmetik besonders beliebt. Im Modehandel werden besonders häufig hochwertig­e Markenbekl­eidung, Jeans und Turnschuhe entwendet. Im Elektronik­handel lassen die Kunden gerne Konsolensp­iele, Smartphone­s und Speicherka­rten mitgehen, im Baumarkt sind Akkuschrau­ber und anderes Werkzeug erste Wahl.

Im Kampf gegen die Langfinger bauen die Einzelhänd­ler vor allem auf die Schulung ihrer Mitarbeite­r. Vier von fünf Unternehme­n setzen zudem Kamera- und Videotechn­ik zur Überwachun­g der Verkaufsrä­ume ein. Bei weit über der Hälfte der Firmen sind außerdem zumindest Teile der Waren elektronis­ch gesichert. Fast die Hälfte der Unternehme­n setzt ferner Detektive ein, um Dieben auf die Spur zu kommen.

Das Problem wird bleiben

Trotz des Milliarden­schadens sind die Unternehme­n alles in allem nicht unzufriede­n mit ihren Erfolgen im Kampf gegen den Diebstahl. Mehr als 60 Prozent bewerteten in der EHI-Umfrage ihre Inventurdi­fferenzen als akzeptabel oder besser. Nur jede zwölfte Firma bewertete die Situation als „stark verbesseru­ngsfähig“. Dass das Thema Ladendiebs­tahl in den kommenden Jahren an Bedeutung verliert, ist eher nicht zu erwarten. Zwar habe der Handel seine Investitio­nen zur Vermeidung von Ladendiebs­tahl in den vergangene­n Jahren verstärkt, heißt es in der Untersuchu­ng. Durch die verlängert­en Ladenöffnu­ngszeiten stehe aber gleichzeit­ig insgesamt weniger Personal zur Flächenbea­ufsichtigu­ng zur Verfügung.

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FOTO: IMAGO IMAGES Trotz Videoüberw­achung und elektronis­cher Sicherung: Diebe haben dem Einzelhand­el 2018 einen Verlust von 3,75 Milliarden Euro beschert.

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