Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kretschmanns harte Kritik an Merkels Verkehrspolitik
Diebstähle machen dem Einzelhandel zu schaffen – Jeden Tag 7,7 Millionen Euro Schaden
STUTTGART (dpa/sz) - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hart ins Gericht gegangen. Auslöser war der quasi ergebnislose Autogipfel am Montag in Berlin. „Es ist schwer erträglich“, sagte er in Bezug auf die Verkehrspolitik Merkels. Zu lange werde über Altlasten geredet, statt sich um drängende Zukunftsfragen zu kümmern. Vom CDU-Koalitionspartner in Stuttgart kam Kritik. „Dass sich der Ministerpräsident angeblich Sorgen um den Automobilstandort Baden-Württemberg macht, während seine Grünen weiter einen Feldzug gegen das Auto führen, ist bigott“, sagte Manuel Hagel, Generalsekretär der Südwest-CDU.
KÖLN (dpa) - Egal ob Rasierklingen, Parfüm oder Designerjeans: „Im Handel wird nach wie vor gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist“, klagt Frank Horst, Sicherheitsexperte des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. Allein 2018 summierten sich dadurch die Verluste im Einzelhandel laut EHI auf rund 3,75 Milliarden Euro – eine Steigerung von rund sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dazu zählten Einbußen durch diebische Kunden, Langfinger unter den eigenen Mitarbeitern sowie Gauner bei Lieferanten oder Servicekräften.
Der Löwenanteil entfiel dabei auf Diebstähle durch Kunden. „An jedem Verkaufstag entsteht dem deutschen Einzelhandel ein Schaden in Höhe von fast 7,7 Millionen Euro durch Kundendiebstahl“, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie. Das ergebe fast 2,4 Milliarden Euro im Jahr. Hinzu kamen 2018 Diebstähle von Mitarbeitern im Wert von schätzungsweise einer Milliarde Euro. Warenschwund im Volumen von weiteren 350 Millionen Euro soll auf das Konto von Lieferanten und Servicekräften gehen.
Eine immer größere Rolle spielen beim Ladendiebstahl gewerbsmäßig organisierte Banden. Wertmäßig sei mittlerweile rund ein Viertel aller Delikte Bandendiebstählen und der organisierten Kriminalität zuzurechnen, schreiben die Autoren. Schwere Ladendiebstähle haben in den vergangenen zwölf Jahren laut Kriminalstatistik um mehr als das Zweieinhalbfache zugenommen, während die Zahl der angezeigten einfachen Ladendiebstähle seit Jahren sinkt.
Indes sei die Aussagekraft dieser Zahlen wegen der hohen Dunkelziffer von 98 Prozent eingeschränkt, betonten die Kölner Handelsexperten. Nach Hochrechnungen des EHI bleiben jährlich fast 24 Millionen Ladendiebstähle unentdeckt.
Bei Bandendiebstählen werden der Studie zufolge bei einem einzigen Raubzug in der Regel Waren im Wert von 1000 bis 2000 Euro entwendet. Fast zwei Drittel der ermittelten Tatverdächtigen sind laut Polizeistatistik männlich. Der Ausländeranteil sei überdurchschnittlich hoch und der Anteil der Mehrfachtäter betrage rund 60 Prozent.
„Generell gilt: Was sich gut verkauft, wird auch oft geklaut“, heißt es in der EHI-Studie. Im Lebensmittelhandel sind Spirituosen die Renner im Diebstahl-Ranking. In Drogeriemärkten sind Parfüms und Kosmetik besonders beliebt. Im Modehandel werden besonders häufig hochwertige Markenbekleidung, Jeans und Turnschuhe entwendet. Im Elektronikhandel lassen die Kunden gerne Konsolenspiele, Smartphones und Speicherkarten mitgehen, im Baumarkt sind Akkuschrauber und anderes Werkzeug erste Wahl.
Im Kampf gegen die Langfinger bauen die Einzelhändler vor allem auf die Schulung ihrer Mitarbeiter. Vier von fünf Unternehmen setzen zudem Kamera- und Videotechnik zur Überwachung der Verkaufsräume ein. Bei weit über der Hälfte der Firmen sind außerdem zumindest Teile der Waren elektronisch gesichert. Fast die Hälfte der Unternehmen setzt ferner Detektive ein, um Dieben auf die Spur zu kommen.
Das Problem wird bleiben
Trotz des Milliardenschadens sind die Unternehmen alles in allem nicht unzufrieden mit ihren Erfolgen im Kampf gegen den Diebstahl. Mehr als 60 Prozent bewerteten in der EHI-Umfrage ihre Inventurdifferenzen als akzeptabel oder besser. Nur jede zwölfte Firma bewertete die Situation als „stark verbesserungsfähig“. Dass das Thema Ladendiebstahl in den kommenden Jahren an Bedeutung verliert, ist eher nicht zu erwarten. Zwar habe der Handel seine Investitionen zur Vermeidung von Ladendiebstahl in den vergangenen Jahren verstärkt, heißt es in der Untersuchung. Durch die verlängerten Ladenöffnungszeiten stehe aber gleichzeitig insgesamt weniger Personal zur Flächenbeaufsichtigung zur Verfügung.