Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gescheiterte Maut kostet 53,6 Millionen Euro
Scheuer muss den Mitgliedern des Bundestags-Verkehrsausschusses bohrende Fragen beantworten
BERLIN - Scheuer unter Beschuss: Die gescheiterte Pkw-Maut könnte sich für die Bundesregierung zum finanziellen Desaster entwickeln – und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gefährlich werden.
Aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, geht hervor, dass bereits 53,6 Millionen Euro in die vom Europäischen Gerichtshof gekippte Maut investiert wurden. Hinzu kommen der entgangene Gewinn von einer halben Milliarde Euro und Schadensersatzansprüche der beauftragten Betreiber.
Die Opposition und die SPD verlangen Einblick in die Verträge des Ministeriums mit den Firmen Kapsch TrafficCom und CTS Eventim. Die Betreiber sollten sich eigentlich zwölf Jahre lang ab Oktober 2020 um die Erhebung und Kontrolle der Maut kümmern. „Mit der Geheimnistuerei muss jetzt endlich Schluss sein“, kritisiert etwa der Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion Stephan Kühn. Bisher stehen die Verträge den Abgeordneten in der Geheimschutzstelle des Bundestags zur Verfügung, darüber öffentlich reden dürfen sie nicht. Das reicht nicht, sagt Kühn: „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, was dieses CSU-Stammtischprojekt den Steuerzahler kostet.“
An diesem Mittwoch stellt sich Scheuer dem Verkehrsausschuss im Bundestag. Die Abgeordneten wollen den Minister mit der Frage nach den Schadensersatzansprüchen und weiteren Kosten konfrontieren. Außerdem wollen sie wissen, ob der CSU-Mann nicht vor Abschluss des Deals von anderen Regierungsverantwortlichen vor dem Risiko seines Handelns gewarnt worden war. Sollte Scheuer nicht zur Klärung der Fragen beitragen, wollen die FDP, Linke und Grünen einen Untersuchungsausschuss einsetzen.
Doch Scheuer könnte sich noch mit einem juristischen Winkelzug von einem hohen Schadensersatz befreien, vermutet das „Handelsblatt“. Er könnte andere Gründe als das EuGH-Urteil für das Ende der Betreiberverträge vorschieben. Der Bericht des Ministers lässt diese Vermutung zu: Dort ist von „verschiedenen Kündigungsgründen“die Rede. Darauf werden sich aller Voraussicht nach die Betreiber nicht einlassen. Die Folge wäre ein Schiedsverfahren.
Damit hat der Bund bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Über 13 Jahre zog sich der Rechtsstreit mit Toll Collect, in dem es um die Lkw-Maut ging. Am Ende kostete das den Bund und die Unternehmen eine halbe Milliarde Euro. 250 Millionen davon kamen vom Steuerzahler.