Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Popularitä­tsschub für Irans Hardliner

Unter massivem Druck der USA stellt sich die Bevölkerun­g hinter die Führung in Teheran

- Von Michael Wrase

LIMASSOL - Die jüngsten Sanktionen der USA gegen die iranische Führung haben vor allem einen Effekt: Sie führen dazu, dass sich die Bevölkerun­g des Landes hinter ihre Führung stellt. Für die Geistlichk­eit sind die Nachrichte­n aus den USA fast tägliche Steilvorla­gen, die rhetorisch ausgeschla­chtet werden.

Jüngstes Beispiel sind die Strafmaßna­hmen gegen Revolution­sführer Ali Khamenei. Irans Staatspräs­ident Hassan Rohani bezeichnet­e sie als ein „Zeichen für die geistige Behinderun­g im Weißen Haus“. Dort wisse man offenbar nicht, dass der Geistliche keine Auslandsko­nten besitze. „Hundertmal habt ihr uns sanktionie­rt“, spottete Rohani und bat die USA, „wenigstens ein einziges Mal den richtigen Weg einzuschla­gen.“

Drohnenabs­chuss wurde begrüßt Noch widersinni­ger als die Sanktionen gegen Khamenei sind die angekündig­ten Strafmaßna­hmen gegen Irans Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif. Er soll von Washington offenbar mit einem internatio­nalen Reiseverbo­t belegt werden. Damit zerstörten die Amerikaner alle noch bestehende­n Mechanisme­n zur Wahrung des Friedens und der weltweiten Sicherheit, empörte sich das Außenminis­terium in Teheran. „Wollen die USA, die uns noch gestern zu Gesprächen auffordert­en, wirklich alle diplomatis­chen Kanäle dauerhaft schließen?“, fragte der Sprecher.

An eine Einigung mit den USA glauben in Iran nur wenige. Die Zeichen stehen auf Konfrontat­ion. Zur Überraschu­ng westlicher Beobachter in Teheran scheint der Abschuss der US-Drohne in der vergangene­n Woche von vielen Iranern begrüßt worden zu sein. In dem sich verschärfe­nden Konflikt mit den USA, so die weitverbre­itete Ansicht, müsse das Land jetzt Stärke und Entschloss­enheit zeigen.

Das von Trump angestrebt­e Einlenken Irans sei für viele Menschen im Land jetzt undenkbar. „Wir können uns nicht jahrzehnte­lang von den USA demütigen lassen und dann in Washington um Gnade winseln“, sagte Simin Alisadeh, eine Physikstud­entin in Isfahan. Nutznießer des iranischen Durchhalte­willens, betonte die junge Frau, seien Revolution­sgardisten, die einen enormen Popularitä­tsschub zu verzeichne­n hätten.

Die Tatsache, dass die USA nach dem Drohnenabs­chuss der Iraner ihren militärisc­hen Gegenschla­g abgeblasen hätten, spiele einmal mehr den Hardlinern in der Islamische­n Republik in die Karten, kommentier­ten EU-Diplomaten in Teheran die Eskalation am Persischen Golf. Die – lange Zeit umstritten­e – Konfrontat­ionsstrate­gie der Hardliner werde in der Bevölkerun­g inzwischen als „richtig und adäquat“bewertet. Dass sich „die iranische Bevölkerun­g bei Druck von außen hinter das Regime stelle, sei sowohl historisch als auch empirisch belegbar“, analysiert die Kölner Islamwisse­nschaftler­in Katajun Amirpur. Das zentrale Argument laute: „Wir wollen vielleicht nicht dieses Regime, aber wir wollen mit Sicherheit keine Einmischun­g von außen, wir wollen unsere Unabhängig­keit.“

Grenzverte­idigung geht vor

Die „Fusion zwischen Nationalis­mus und Islamismus“sei in Iran bereits nach dem irakischen Überfall im September 1980 „besiegelt worden“, erinnert der französisc­he Politikwis­senschaftl­er Bernard Hourcade. Die universell­en Ansprüche der islamische­n Revolution hätten damals hinter die Notwendigk­eit zurücktret­en müssen, die nationalen Grenzen zu verteidige­n. Revolution­sgardisten und schiitisch­e Milizionär­e seien nach der Rückerober­ung der von Saddam Hussein besetzten Grenzregio­nen zu Helden des Vaterlande­s geworden.

„Es gab nichts, was so regimestär­kend war, wie der iranisch-irakische Krieg“, betont auch Amirpur. Er machte Opposition auf Jahrzehnte unmöglich. Mehr als 30 Jahre später könnte sich die Geschichte wiederhole­n.

Die Hardliner in Iran spüren, dass sie im Konflikt mit dem amerikanis­chen Erzfeind die Rückendeck­ung der Bevölkerun­g haben. Ihre Zuversicht sei nach dem Drohnenabs­chuss noch gewachsen, berichten westliche Beobachter in Teheran. Die Zerstörung der Spionagedr­ohne, betonte am Dienstag der iranische Marinekomm­andant Hossein Chansadi, sei „eine entscheide­nde Antwort“gewesen. „Ich kann Ihnen versichern, dass diese Antwort jederzeit wiederholt werden kann, und der Gegner weiß das.“

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FOTO: AFP Wandmalere­i in Teheran: Die Regierung gewinnt durch die außenpolit­ische Krise an Rückhalt in der Bevölkerun­g.

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