Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Popularitätsschub für Irans Hardliner
Unter massivem Druck der USA stellt sich die Bevölkerung hinter die Führung in Teheran
LIMASSOL - Die jüngsten Sanktionen der USA gegen die iranische Führung haben vor allem einen Effekt: Sie führen dazu, dass sich die Bevölkerung des Landes hinter ihre Führung stellt. Für die Geistlichkeit sind die Nachrichten aus den USA fast tägliche Steilvorlagen, die rhetorisch ausgeschlachtet werden.
Jüngstes Beispiel sind die Strafmaßnahmen gegen Revolutionsführer Ali Khamenei. Irans Staatspräsident Hassan Rohani bezeichnete sie als ein „Zeichen für die geistige Behinderung im Weißen Haus“. Dort wisse man offenbar nicht, dass der Geistliche keine Auslandskonten besitze. „Hundertmal habt ihr uns sanktioniert“, spottete Rohani und bat die USA, „wenigstens ein einziges Mal den richtigen Weg einzuschlagen.“
Drohnenabschuss wurde begrüßt Noch widersinniger als die Sanktionen gegen Khamenei sind die angekündigten Strafmaßnahmen gegen Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Er soll von Washington offenbar mit einem internationalen Reiseverbot belegt werden. Damit zerstörten die Amerikaner alle noch bestehenden Mechanismen zur Wahrung des Friedens und der weltweiten Sicherheit, empörte sich das Außenministerium in Teheran. „Wollen die USA, die uns noch gestern zu Gesprächen aufforderten, wirklich alle diplomatischen Kanäle dauerhaft schließen?“, fragte der Sprecher.
An eine Einigung mit den USA glauben in Iran nur wenige. Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Zur Überraschung westlicher Beobachter in Teheran scheint der Abschuss der US-Drohne in der vergangenen Woche von vielen Iranern begrüßt worden zu sein. In dem sich verschärfenden Konflikt mit den USA, so die weitverbreitete Ansicht, müsse das Land jetzt Stärke und Entschlossenheit zeigen.
Das von Trump angestrebte Einlenken Irans sei für viele Menschen im Land jetzt undenkbar. „Wir können uns nicht jahrzehntelang von den USA demütigen lassen und dann in Washington um Gnade winseln“, sagte Simin Alisadeh, eine Physikstudentin in Isfahan. Nutznießer des iranischen Durchhaltewillens, betonte die junge Frau, seien Revolutionsgardisten, die einen enormen Popularitätsschub zu verzeichnen hätten.
Die Tatsache, dass die USA nach dem Drohnenabschuss der Iraner ihren militärischen Gegenschlag abgeblasen hätten, spiele einmal mehr den Hardlinern in der Islamischen Republik in die Karten, kommentierten EU-Diplomaten in Teheran die Eskalation am Persischen Golf. Die – lange Zeit umstrittene – Konfrontationsstrategie der Hardliner werde in der Bevölkerung inzwischen als „richtig und adäquat“bewertet. Dass sich „die iranische Bevölkerung bei Druck von außen hinter das Regime stelle, sei sowohl historisch als auch empirisch belegbar“, analysiert die Kölner Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur. Das zentrale Argument laute: „Wir wollen vielleicht nicht dieses Regime, aber wir wollen mit Sicherheit keine Einmischung von außen, wir wollen unsere Unabhängigkeit.“
Grenzverteidigung geht vor
Die „Fusion zwischen Nationalismus und Islamismus“sei in Iran bereits nach dem irakischen Überfall im September 1980 „besiegelt worden“, erinnert der französische Politikwissenschaftler Bernard Hourcade. Die universellen Ansprüche der islamischen Revolution hätten damals hinter die Notwendigkeit zurücktreten müssen, die nationalen Grenzen zu verteidigen. Revolutionsgardisten und schiitische Milizionäre seien nach der Rückeroberung der von Saddam Hussein besetzten Grenzregionen zu Helden des Vaterlandes geworden.
„Es gab nichts, was so regimestärkend war, wie der iranisch-irakische Krieg“, betont auch Amirpur. Er machte Opposition auf Jahrzehnte unmöglich. Mehr als 30 Jahre später könnte sich die Geschichte wiederholen.
Die Hardliner in Iran spüren, dass sie im Konflikt mit dem amerikanischen Erzfeind die Rückendeckung der Bevölkerung haben. Ihre Zuversicht sei nach dem Drohnenabschuss noch gewachsen, berichten westliche Beobachter in Teheran. Die Zerstörung der Spionagedrohne, betonte am Dienstag der iranische Marinekommandant Hossein Chansadi, sei „eine entscheidende Antwort“gewesen. „Ich kann Ihnen versichern, dass diese Antwort jederzeit wiederholt werden kann, und der Gegner weiß das.“