Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Trumps Nahost-Friedenspl­an verpufft

- Von Thomas Seibert, Istanbul

F●Felder, ruchtbare sauberes Wasser, glückliche Menschen: Mit Fotos eines idyllische­n Lebens in den Palästinen­sergebiete­n wirbt die US-Regierung seit Samstag auf der Internetse­ite des Weißen Hauses für ihren Nahost-Friedenspl­an. Das Programm „Frieden zu Wohlstand“soll in den kommenden zehn Jahren mehr als 50 Milliarden Dollar an Investitio­nen in den GazaStreif­en und ins Westjordan­land bringen – klammert aber die politische­n Wurzeln des Konflikts zwischen Israel und den Palästinen­sern aus.

In den arabischen Ländern stößt die US-Vision auf breite Ablehnung. Allerdings wird die Kritik nur diskret geäußert, weil die Regierunge­n angesichts ihres Streits mit Iran die Schutzmach­t USA nicht ärgern wollen. Der US-Nahostbeau­ftragte und Schwiegers­ohn von US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner, traf sich am Dienstag in Bahrain mit Politikern und Geschäftsl­euten, um den Plan vorzustell­en. Den „Deal des Jahrhunder­ts“verspricht Trump den Israelis und den Palästinen­sern seit seinem Amtsantrit­t 2017. Er will einen Konflikt beenden, an dem sich alle amerikanis­chen Regierunge­n der vergangene­n Jahrzehnte die Zähne ausgebisse­n haben. Kushner will mit seinem Plan eine Million neue Arbeitsplä­tze für die Palästinen­ser schaffen und Armut bekämpfen.

Mit Palästinen­sern nicht geredet Ein unparteiis­cher Vermittler ist Trump nicht: Er hat Israel unter anderem durch die Verlegung der amerikanis­chen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem gestärkt und Hilfsgelde­r für die Palästinen­ser gekürzt. Der Nahostgesa­ndte Kushner hat seit über einem Jahr nicht mehr mit den Palästinen­sern geredet, was ihn nicht weiter zu stören scheint. Er sei nicht im Amt, um das Vertrauen der Palästinen­ser zu erwerben, sagte er kürzlich. Viele erwarten daher nicht den Deal, sondern den Fehlschlag des Jahrhunder­ts.

Kritiker werfen Trump und Kushner vor, sie wollten den Palästinen­sern mit viel Geld das Recht auf Selbstbest­immung abkaufen und die dauerhafte israelisch­e Besetzung palästinen­sischer Gebiete legitimier­en. Der politische Teil des Friedenspl­ans, der erst nach den israelisch­en Neuwahlen im September vorgestell­t werden soll, verabschie­det sich laut Medienberi­chten von der sogenannte­n Zwei-Staaten-Lösung, der friedliche­n Koexistenz von Israel und einem Palästinen­serstaat. Damit wirft Trump einen Grundsatz amerikanis­cher Nahostpoli­tik über Bord.

Zur Verwirklic­hung ihrer Pläne setzen die Geschäftsl­eute Trump und Kushner vor allem auf die Macht des Geldes. Kushners Friedenspl­an gleiche eher der Marketing-Broschüre eines Immobilien­unternehme­rs als einem detaillier­ten Vorschlags­paket, schrieb die Nahostexpe­rtin Tamara Cofman Wittes von der Denkfabrik Brookings Institutio­n auf Twitter.

In Bahrain will Kushner zwei Tage lang mit arabischen Regierunge­n über den Plan reden. Die Palästinen­ser-Regierung lehnte eine Einladung ab. Die PLO-Politikeri­n Hanan Aschrawi betonte, gebraucht werde eine politische Lösung. Die radikalisl­amische Hamas, die den GazaStreif­en regiert, brachte ihre Haltung auf die Formel: „Palästina ist nicht käuflich.“

„Kolossale Zeitversch­wendung“Amerikanis­che Verbündete wie Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Ägypten schickten Vertreter nach Bahrain. Auch israelisch­e Geschäftsl­eute reisten nach Manama, doch große Hoffnungen konnte sich Kushner nicht machen. Länder wie Libanon und Irak ignorierte­n die Konferenz in Bahrain völlig. Einige arabische Medien und Parteien kritisiert­en Kushners Plan als „kolossale Zeitversch­wendung“und „Totgeburt“. Offenbar aus Furcht vor allzu amerikakri­tischen Kommentare­n muslimisch­er Geistliche­r ließ Saudi-Arabien einige prominente Kleriker vorsorglic­h in Haft nehmen.

Selbst die Anwesenhei­t arabischer Partner bei dem Treffen in Manama signalisie­rt nicht unbedingt entschloss­ene Zustimmung zu Kushners Plan. Ein arabisches Gipfeltref­fen unter Führung Saudi-Arabiens hatte erst kürzlich die Rechte der Palästinen­ser betont. Entspreche­nd waren die Erwartunge­n an die Konferenz in Bahrain. Manche arabische Regierunge­n nähmen an dem Treffen wohl nur teil, um sich in Zeiten schwerer Spannungen mit dem Iran das Wohlwollen der Trump-Regierung zu erhalten, ließ sich ein USRegierun­gsvertrete­r von der Nachrichte­nagentur Reuters zitieren.

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Jared Kushner, Architekt des Nahost-Friedens

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