Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Keine Entscheidung über Baulandvergabe
Verwaltung legt Gemeinderat Richtlinien mit Sozialklausel vor und löst Empörung aus
ACHSTETTEN - In der Gemeinde Achstetten tut der Gemeinderat sich schwer, eine Richtlinie bei der Bauplatzvergabe zu verabschieden. Auch am Montag gab es dazu einmal mehr viel Diskussion, aber keinen Beschluss – womit diese Entscheidung nun auf den neuen Gemeinderat zukommen dürfte, der sich nach der Kommunalwahl erst noch konstituieren muss.
„Es gibt keine Vorgaben“, hatte Bürgermeister Kai Feneberg ein Problem bei dem Thema vorgestellt. Die Verwaltung kann keine Präzedenzfälle zur Orientierung vorlegen, weil die Aufgabenstellung noch relativ jung ist: In der Zuzugsregion wächst das Interesse an knapper werdendem Bauland – so auch in Achstetten. Derzeit, so erklärte Feneberg, gebe es 80 bis 100 Bewerber.
Dabei ist es die Furcht, einheimische Bauwillige könnten in der Gemeinde nicht mehr zum Zuge kommen, die in den Beiträgen der Achstetter Gemeinderäte sehr deutlich herausklang. Diskutiert wurde über eine mögliche Richtlinie, so erklärte die Kämmerin Rebecca Schuler, die die Gemeinde über ein Rechtsanwaltsbüro hatte erarbeiten lassen. „So einfach wie möglich“, sollte sie ausfallen, erklärte Feneberg – doch so einfach gehe es gar nicht, hätten die Rechtsanwälte festgestellt.
Denn durch das Diskriminierungsverbot sei es auch grundsätzlich verboten, so Schuler, Einheimische einfach zu bevorzugen. Allerdings gebe es auch die Möglichkeit, zusätzlich soziale Aspekte in das Regelwerk einzubringen und so den Einheimischen-Bonus zu relativieren. Nach Auskunft der Anwälte, die sich auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof beziehen, dürfe der lokale Aspekt nicht mehr als 50 Prozent in der Gewichtung ausmachen. In Achstetten könnten zur Gewichtung Punkte vergeben werden.
Auf der Basis enthält die Richtlinie unter Absatz 4 „Vergaberichtlinien“die Bestimmung, dass pro minderjährigem Kind im Haushalt zehn Punkte vergeben werden – maximal 40. Auch Umstände wie alleinerziehend, schwerbehindert oder pflegebedürftige Angehörige in der Gemeinde oder einer Nachbargemeinde ergeben je zehn Punkte. Dazu wird auch Ortszugehörigkeit berücksichtigt: Je Jahr gibt es zehn Punkte, maximal 40. Bei Gleichstand etwa durch Kinderzahl im Vergleich zur Ortszugehörigkeit entscheidet der soziale Aspekt. Keinen Antrag stellen kann, wer bereits ein bebaubares Grundstück im Eigentum hat.
Die Gemeinderäte zeigten sich skeptisch bis entsetzt über das Punktesystem, das die Kämmerin anhand von Beispielen erläuterte. Zunächst kamen viele Fragen, etwa von Renate Werner: „Was sind Angehörige, was sind Pflegebedürftige?“Die Definition geschehe nach bürgerlichem Recht, erläuterte Schuler. Ob denn alle bisherigen Anträge auf Null gesetzt würden, die derzeit vorliegen, wollte Sascha Stecken wissen. In der Tat, erklärte der Bürgermeister, müssten alle bisherigen Anträge ab einem Stichtag nach der Verabschiedung der Richtlinie neu bewertet werden. Sascha Stecken formulierte beispielgebend, was die Debatte während der nächsten halben Stunde bewegte: „Wer also lange in Achstetten lebt, aber keine Kinder hat, der hat gar keine Chance?“
Die Aussicht mochten die Gemeinderäte nicht akzeptieren, schlugen Alternativmodelle mit mehr Ortsgewichtung durch Zusatzpunkte für Eheschluss vor oder Ortsbezüge, die Neuankömmlinge erst ab fünf Jahren berücksichtigen. Worauf Kämmerin Schuler stets auf die 50Prozent-Grenze in der Gewichtung verwies und Bürgermeister Feneberg mehrfach antwortete: „Beschließen können wir alles. Aber wenn jemand klagt...“Er verwies dabei auch auf den „Ummendorfer Fall“, in dem ein Bewerber derzeit gegen eine ähnliche Richtlinie klagt. Der Ausgang wird mit Spannung als richtungsweisend erwartet. In der sich auch im Ton steigernden Diskussion äußerte sich lediglich Michael Schick zurückhaltend, als er die Eheklausel verwarf und mäßigend feststellte: „Auch wer drei Kinder hat (als Außenstehender) kommt nicht zum Zug gegenüber jemandem, der lange in Achstetten wohnt.“
Beschließen mochten die Gemeinderäte die Verwaltungsvorlage letztlich nicht, obwohl Bürgermeister Feneberg lockte: Dann würden sie wohl gar keinen Beschluss mehr dazu fassen, und die schon länger ausstehende Entscheidung könnte erst frühestens im Herbst durch den neuen Gemeinderat gefällt werden.