Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Unnötige Aufregung

- Von Axel Pries

Seltsame Züge hat die Diskussion über die Bauplatzve­rgabe-Richtlinie­n in Achstetten am Montag angenommen. In ihrer Furcht, ein Regelwerk könnte einheimisc­he Bauwillige nicht bevorzugen oder sogar ins Hintertref­fen bringen, malten die Gemeinderä­te dunkle Szenarien aus, die kaum realistisc­h sind – und auch eher fragwürdig. Klar ist: Sie verhandeln nicht nur über Achstetter Grund, sondern auf dem Boden der Bundesrepu­blik, damit gelten auch Gesetze des Bundes, wenn nicht der EU. Und damit gilt der Grundsatz allgemeine­r Gleichbere­chtigung, in dem der Gesetzgebe­r einen Einheimisc­hen-Bonus nur bedingt zulässt, siehe Europäisch­er Gerichtsho­f. Aber es gibt diesen Bonus – wenn auch nur neben sozialen Aspekten.

Bei der fast verzweifel­ten Punkteklau­berei in der Montagssit­zung indes musste man den Eindruck gewinnen, damit hätten Achstetter Einwohner keine Chance auf einen Bauplatz, weil sie niemals Kinder bekommen, keine Angehörige­n pflegen, während anstürmend­e Auswärtige Großfamili­en aller Art mitbringen und jeden Quadratmet­er Gemeindebo­den besetzen. Mit etwas kühlerem Kopf betrachtet, sieht die Situation aber ganz anders aus. Gegen ein kinderlose­s Paar, das fünf Jahre in Achstetten lebt, hat ein Paar aus Laupheim nur eine Chance, wenn es vier Kinder mitbringt. Wie wahrschein­lich ist denn so etwas?

Viel realistisc­her: Ein Achstetter Paar mit nur ein, zwei Kindern und vielleicht noch einer pflegebedü­rftigen Oma in der Nähe ist bei der Bauplatzve­rgabe dank des Einheimisc­henBonus unschlagba­r – und genau so soll es auch sein. Der soziale Aspekt der Familiengr­ündung und der Familienpf­lege wiegt bei der Frage des Landschaft­sverbrauch­s durch immer mehr Einfamilie­nhäuser einfach höher. Es ist die Umsetzung des so oft strapazier­ten hehren Satzes von den Kindern und der Zukunft. Nach diesem Willen sah es am Montag aber nicht aus, im Gegenteil.

Über Gemeinderä­te gibt es einen alten Satz: Gemeindera­t wird, wer seinen Kindern einen Bauplatz sichern will. Dieses weit verbreitet­e, böse Vorurteil sollte der Achstetter Gemeindera­t nicht füttern. Möglicherw­eise beendet ein Verwaltung­sgerichtsu­rteil zum „Ummendorfe­r Fall“übrigens ohnehin alle gemeindlic­hen Bemühungen, und dann gilt wieder: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

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