Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Unnötige Aufregung
Seltsame Züge hat die Diskussion über die Bauplatzvergabe-Richtlinien in Achstetten am Montag angenommen. In ihrer Furcht, ein Regelwerk könnte einheimische Bauwillige nicht bevorzugen oder sogar ins Hintertreffen bringen, malten die Gemeinderäte dunkle Szenarien aus, die kaum realistisch sind – und auch eher fragwürdig. Klar ist: Sie verhandeln nicht nur über Achstetter Grund, sondern auf dem Boden der Bundesrepublik, damit gelten auch Gesetze des Bundes, wenn nicht der EU. Und damit gilt der Grundsatz allgemeiner Gleichberechtigung, in dem der Gesetzgeber einen Einheimischen-Bonus nur bedingt zulässt, siehe Europäischer Gerichtshof. Aber es gibt diesen Bonus – wenn auch nur neben sozialen Aspekten.
Bei der fast verzweifelten Punkteklauberei in der Montagssitzung indes musste man den Eindruck gewinnen, damit hätten Achstetter Einwohner keine Chance auf einen Bauplatz, weil sie niemals Kinder bekommen, keine Angehörigen pflegen, während anstürmende Auswärtige Großfamilien aller Art mitbringen und jeden Quadratmeter Gemeindeboden besetzen. Mit etwas kühlerem Kopf betrachtet, sieht die Situation aber ganz anders aus. Gegen ein kinderloses Paar, das fünf Jahre in Achstetten lebt, hat ein Paar aus Laupheim nur eine Chance, wenn es vier Kinder mitbringt. Wie wahrscheinlich ist denn so etwas?
Viel realistischer: Ein Achstetter Paar mit nur ein, zwei Kindern und vielleicht noch einer pflegebedürftigen Oma in der Nähe ist bei der Bauplatzvergabe dank des EinheimischenBonus unschlagbar – und genau so soll es auch sein. Der soziale Aspekt der Familiengründung und der Familienpflege wiegt bei der Frage des Landschaftsverbrauchs durch immer mehr Einfamilienhäuser einfach höher. Es ist die Umsetzung des so oft strapazierten hehren Satzes von den Kindern und der Zukunft. Nach diesem Willen sah es am Montag aber nicht aus, im Gegenteil.
Über Gemeinderäte gibt es einen alten Satz: Gemeinderat wird, wer seinen Kindern einen Bauplatz sichern will. Dieses weit verbreitete, böse Vorurteil sollte der Achstetter Gemeinderat nicht füttern. Möglicherweise beendet ein Verwaltungsgerichtsurteil zum „Ummendorfer Fall“übrigens ohnehin alle gemeindlichen Bemühungen, und dann gilt wieder: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.