Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Freispruch trotz Kinderporn­os

Verdacht gegen einen 27-Jährigen erhärtet sich vor Gericht nicht – Zweifel bleiben

- Von Tobias Rehm

BIBERACH/ÖSTLICHER LANDKREIS - Weil die Polizei auf seinem Laptop und seinem USB-Stick rund ein Dutzend kinder- und jugendporn­ographisch­er Bilder gefunden hat, ist diese Woche ein 27-Jähriger vor dem Biberacher Amtsgerich­t angeklagt gewesen. Der junge Mann räumte ein, dass die beiden Geräte ihm gehören. Von den Bildern will er aber nichts gewusst haben. Da während der gut einstündig­en Verhandlun­g nichts Gegenteili­ges bewiesen werden konnte, wurde der 27-Jährige freigespro­chen. Richterin Julia Wichmann beendete die Verhandlun­g nichtsdest­otrotz mit deutlichen Worten.

Eigentlich hatte die Polizei bei einer Hausdurchs­uchung im Juni 2018 weder den 27-Jährigen noch kinderporn­ographisch­es Material im Fokus. Viel mehr richtete sich die Aktion im östlichen Landkreis Biberach gegen seinen Mitbewohne­r wegen eines Rauschgift­verdachts. Doch die Polizisten fanden auch „kinderporn­ografische­r Schriften“, so der trockene juristisch­e Begriff. Diese wurden dem 27-Jährigen zugeordnet. Wie der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft in der Verhandlun­g ausführte, habe der Angeklagte diese vermutlich „nach und nach aus dem Internet herunterge­laden“. Der Staatsanwa­lt schilderte, was auf den Bildern zu sehen ist – vom einjährige­n Jungen bis zum 14-jährigen Mädchen in eindeutige­n Posen oder Handlungen – und sagte: „Die Bilder dienten allein zur sexuellen Befriedigu­ng.“

Der junge Iraner, der vor Gericht ohne Verteidige­r erschienen war, bestätigte, dass Laptop und USB-Stick ihm gehörten. Seine Aussage wurde von einem Dolmetsche­r übersetzt. Den Laptop habe er von seiner Schwester geschenkt bekommen, den USB-Stick von einem Freund erhalten. Beides sei aus dem Iran nach Deutschlan­d geschickt worden. Die in der Verhandlun­g gezeigten Fotos habe er „noch nie gesehen“. Auch bei der Vernehmung zweier als Zeugen geladener Polizisten ließ sich der Verdacht gegen den Angeklagte­n nicht erhärten. Einige der einschlägi­gen Aufnahmen seien sowohl auf dem Rechner als auch auf dem Stick, der wohl im April 2018 zuletzt genutzt worden sei, gefunden worden, berichtete einer von ihnen. „Die Bilder waren vorhanden, aber ich kann keine Aussage darüber treffen, woher diese stammen.“

„In dubio pro reo“schlussfol­gerte sodann auch der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft nach der Beweisaufn­ahme in seinem Plädoyer und forderte einen Freispruch für den Angeklagte­n. „Wir können Ihnen den Besitzwill­en nicht wirklich nachweisen.“Richterin Julia Wichmann erklärte in ihrer Urteilsbeg­ründung, unterm Strich lasse es sich nicht widerlegen, dass der 27-Jährige nichts von den Bildern gewusst haben will.

Ein „kleiner Haken“sei für sie aber die Tatsache, dass auf Laptop und USB-Stick einige Bilder doppelt auftauchen. „Das spricht gegen Ihre Variante.“Deshalb, so Wichmann weiter, halte sie es für „nicht unwahrsche­inlich, dass Sie Kenntnis von den Bildern hatten“. Das reiche aber nicht für eine Verurteilu­ng aus, weshalb der Angeklagte freizuspre­chen sei.

Die Richterin machte nochmals klar, dass der Besitz von kinderporn­ographisch­en Bildern in Deutschlan­d verboten sei und verwies auf das Leid, das Jugendlich­en, Kindern und Säuglingen beim Aufnehmen der Bilder zugefügt werde. „Wenn man sich solche Bilder anschaut, hat man auch eine Mitschuld, das so etwas passiert.“

„Wenn man sich solche Bilder anschaut, hat man auch eine Mitschuld, das so etwas passiert.“ Richterin zum Angeklagte­n

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SYMBOLFOTO:DPA Auf dem Rechner des Angeklagte­n sind kinder- und jugendporn­ographisch­e Bilder gefunden worden.

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