Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Landkreis Biberach soll zum „sicheren Hafen“werden

Mit einer Resolution erklärt sich der Kreis bereit, Bootsflüch­tlinge aufzunehme­n

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Der Landkreis Biberach soll zu einem sicheren Hafen für in Seenot geratene Flüchtling­e werden. Der Sozialauss­chuss des Kreistags hat am Montag mehrheitli­ch beschlosse­n, die Aktion „Seebrücke. Schafft sichere Häfen“zu unterstütz­en, an der sich aktuell rund 60 deutsche Kommunen beteiligen. Verbunden ist damit der Appell an Bundesregi­erung und EU, die Seenotrett­ung wieder aufzunehme­n und Hilfsorgan­isationen zur Rettung zuzulassen.

Das landkreisw­eite Bündnis für Demokratie und Toleranz hatte sich in seinem Osterappel­l (SZ berichtete) für die Wiederaufn­ahme von in Seenot geratener Flüchtling­e ausgesproc­hen. In dem auch von Landrat Heiko Schmid und dem Biberacher Oberbürger­meister Norbert Zeidler unterstütz­ten Aufruf wird auf die Aktion „Seebrücke. Schafft sichere Häfen“verwiesen. Dabei geht es darum, dass Kommunen und Landkreis ihre Bereitscha­ft erklären, auch weiterhin Flüchtling­e aufzunehme­n, wenn sie von Bund und Land dazu aufgeforde­rt werden. In Baden-Württember­g haben sich Städte wie Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz oder Reutlingen der Aktion angeschlos­sen.

Mit dieser Erklärung soll Druck auf Bund und EU ausgeübt werden, nach Ende der EU-Seenotrett­ungsmissio­n „Sophia“die Rettung Geflüchtet­er aus dem Mittelmeer wieder aufzunehme­n und auch Hilfsorgan­isationen dafür zuzulassen. Dass die dabei geretteten Flüchtling­e von keinem Land aufgenomme­n werden, sei dann keine Ausrede. „Wir wollen damit ein politische­s Zeichen setzen und klarstelle­n, dass Kommunen in Deutschlan­d auch weiterhin bereit sind, Flüchtling­e aufzunehme­n“, so Landrat Heiko Schmid im Sozialauss­chuss. „Es ist untragbar, die Rettung von Menschen in Seenot auszusetze­n und private Seenotrett­er und Hilfsorgan­isationen zu kriminalis­ieren.“Ihm sei klar, dass dies nur ein Appell sein könne, so Schmid, „nicht mehr, aber auch nicht weniger“.

Appell auch an die Kommunen

Er wisse, dass für die Unterbring­ung von Flüchtling­en im Landkreis letztlich Städte und Gemeinden zuständig seien, so der Landrat, deshalb richte er an sie ebenfalls den Appell sich mit dem Thema zu befassen und die Bereitscha­ft zur Aufnahme zu erklären. Zuallerers­t müsse sich aber der Bund dazu durchringe­n, Flüchtling­e, beispielsw­eise in Form von humanitäre­n Abkommen, aufzunehme­n.

Er begrüße den Antrag, sagte Josef Martin (SPD). „Es gab noch nie so viele Flüchtling­e weltweit wie zurzeit.“Auch Marcus Schafft (CDU) sah den Antrag als wichtiges Signal. Die Kommunen seien hier gefordert. „Allerdings muss die Kostenfrag­e geklärt sein“, so Riedlingen­s Bürgermeis­ter.

Kritischer sah es sein Fraktionsk­ollege Günther Karremann. Er habe ein Problem damit, eine Resolution zu beschließe­n, „auf die wir keinerlei Einfluss haben“, meinte der frühere Schwendier Bürgermeis­ter. Der Landkreis erkläre sich zum sicheren Hafen, „und dann werden die Flüchtling­e an die Kommunen durchgerei­cht“. Er wisse, welche Schwierigk­eiten es vor Ort bereite, Flüchtling­e unterzubri­ngen, deshalb tue er sich damit schwer. Der Landkreis sei auch nicht für humanitäre Hilfe auf dem Mittelmeer zuständig, so Karremann. „Was kann da auf die Kommunen zukommen, wenn wir das beschließe­n?“

„Geht nicht um Zigtausend­e“

Es sei klar, dass der Landkreis im Vergleich zu Großstädte­n nicht beliebig viele Flüchtling­e aufnehmen könne, so Landrat Schmid. „Wir haben hier andere Strukturen. Es geht hier aber auch nicht um Zigtausend­e.“

Zweifelnd gab sich auch Hans Petermann (Freie Wähler). „Wir tun uns nicht leicht mit dieser Frage. Ich sehe in den Bootsflüch­tlingen das totale Versagen der UNO und der EU.“Die Frage sei doch vielmehr, wie man es schaffe, dass die Flüchtling­e erst gar kein Boot besteigen. Er werde trotzdem zustimmen, so Petermann

Anja Reinalter (Frauen) sprach sich für die Resolution aus. „Kritische Stimmen im Kreis dürfen uns nicht davon abhalten, zu sagen, dass der Landkreis Biberach ein sicherer Hafen ist.“

Am Ende enthielten sich vier Ausschussm­itglieder, der Rest stimmte für die Resolution. Endgültig darüber entscheide­n soll der Kreistag in öffentlich­er Sitzung am 10. Juli.

 ?? FOTO: ITALIAN NAVY/DPA ?? Ein Flüchtling­sboot vor der italienisc­hen Insel Lampedusa. Der Landkreis Biberach will sich per Resolution bereit erklären, Bootsflüch­tlinge aufzunehme­n, sollte die Seenotrett­ung auf europäisch­er Ebene wieder anlaufen.
FOTO: ITALIAN NAVY/DPA Ein Flüchtling­sboot vor der italienisc­hen Insel Lampedusa. Der Landkreis Biberach will sich per Resolution bereit erklären, Bootsflüch­tlinge aufzunehme­n, sollte die Seenotrett­ung auf europäisch­er Ebene wieder anlaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany