Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Agnes Bernauer muss wieder sterben
Die Festspiele in Straubing gibt es nur alle vier Jahre – In diesem Jahr ist vieles ganz anders
STRAUBING (dpa) - Alle vier Jahre lebt in Straubing Agnes Bernauer erst auf, um dann wieder in der Donau ertrinken zu müssen – es ist Festspielsaison in der Gäubodenstadt. Am 21. Juni war Premiere. Auf der Bühne steht das bewährte Laientheater-Ensemble des Festspielvereins, der für die künstlerische Umsetzung zwei Profis mit niederbayerischen Wurzeln engagiert hat: Regie führt erstmals Andreas Wiedermann, geschrieben hat das Stück der ehemalige „Stern“-Korrespondent Teja Fiedler.
Fast 600 Jahre alt ist die Geschichte um die Augsburgerin Agnes Bernauer, die für ihre unstandesgemäße Liebe zum Herzogssohn Albrecht III. zum Tode verurteilt wurde. Der Wittelsbacher-Spross hatte sich ausgerechnet in die Tochter eines schwäbischen Baders verliebt. Und weil Bader seinerzeit als unehrenhaft und die Vorgänge im Badehaus als nicht so recht schicklich galten, war Albrechts Vater, Herzog Ernst von Bayern-München, der Überlieferung nach so gar nicht begeistert von der Auserwählten seines Sohnes.
Albrecht ließ sich aber nicht beirren, soll seine Agnes gar heimlich geheiratet haben. Das Paar lebte in Straubing, wo Albrecht Statthalter war. Um die jahrelange Liaison zu beenden, war Herzog Ernst jedes Mittel recht: Als Albrecht im Oktober 1435 zur Jagd in Landshut war, ließ Ernst Agnes kurzerhand verhaften und zum Tode verurteilen – unter anderem wegen Zauberei. Sie wurde in der Donau ertränkt, was für großen Ärger zwischen Sohn und Vater sorgte.
In die Rolle der Agnes Bernauer schlüpft in diesem Jahr die 19-jährige Auszubildende Kristina Kohlhäufl, die schon mit sieben Jahren erstmals bei den Festspielen mitwirkte. 2015 habe sie dann ein Edelfräulein spielen dürfen. Dass sie nun für die Hauptrolle ausgesucht wurde, sei überraschend gewesen, erzählt sie. Ende Dezember habe sie das Skript bekommen, seitdem steht bei ihr Textlernen auf dem Programm. Die Proben begannen im Mai. Für das Ensemble bedeutet das einen straffen Zeitplan. Sie habe sich den Text auf das Handy aufgesprochen, so dass sie ihn beim Autofahren wie ein Hörbuch hören und dabei lernen könne, sagt Kohlhäufl.
Biomediziner als Herzog
Als Herzogssohn Albrecht steht ihr der 36-jährige Biomediziner Benedikt Gröschl aus Regensburg zur Seite. Der fand „etwas Druck bei den Vorbereitungen“gar nicht schlecht. Zeit für andere Dinge sei momentan sowieso kaum vorhanden.
Das sagt auch Ramona Treintl, die dieses Jahr in die Rolle der Schwester Albrechts schlüpft. Die Rolle der Beatrix ist bei den Festspielen ähnlich begehrt wie die der Agnes. Schließlich ist Beatrix die Böse, die gegen Agnes intrigiert. Das zu spielen mache Spaß, sagt Treintl. Dazu gehörten auch einige handgreifliche Szenen.
Generell dürften sich die Zuschauer auf viel Action freuen, verrät der Vereinsvorsitzende Karl Weber. Er sei 1968 als Zwölfjähriger erstmals bei den Festspielen dabei gewesen. Heuer spielt er den Vater von Agnes. Etwa 180 Menschen seien auf und hinter der Bühne aktiv. Die ganze Stadt identifiziere sich mit dem Spektakel. Poster und Plakate, die Agnes-Bernauer-Kapelle, eine Agnes-Bernauer-Torte und Agnes-Bernauer-Schmuck – die Bernauerin ist in Straubing allgegenwärtig.
Regisseur Wiedermann, in Straubing aufgewachsen und Absolvent am Salzburger Mozarteum, inszeniert das Stück erstmalig. Neu seien kammerspielartige Szenen ebenso wie Massenszenen, die Musik sei weniger mittelalterlich und die Figuren würden vielschichtiger gezeichnet.