Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Alina Reh möchte keine Geschenke
Meraf Bahta holte bei der EM in Berlin Bronze, ein Jahr später wird sie gesperrt
LAICHINGEN - Platz vier bei der Heim-EM in Berlin über 10 000 Meter war für die Laichinger Langstreckenläuferin Alina Reh eigentlich ein mehr als zufriedenstellendes Ergebnis. Doch schon kurz nach dem Rennen im August erfuhr sie, dass gegen die Drittplatzierte, Meraf Bahta aus Schweden, wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Richtlinien ermittelt wurde. Jetzt – fast ein Jahr später – hat der schwedische Verband Meraf Bahta für ein Jahr lang gesperrt. Nicht, weil ihr Doping nachgewiesen wurde, sondern weil sie mehrmals gegen die Meldeauflagen für Dopingtests verstieß. Alina Reh ist jetzt aber dennoch nicht nachträglich zur EM-Bronzemedaillengewinnerin gekürt worden. Die Sperre gegen Bahta wurde rückwirkend auf den 1. September 2018 datiert und dauert noch bis 31. August an. Das EM-Rennen in Berlin fand am 8. August 2018 statt.
Somit hat der Fall Meraf Bahta, der schon für so viele Irritationen gesorgt hat, eine weitere absurd erscheinende Wendung erhalten.
Als schwedische Reporter Alina Reh damals unmittelbar nach dem Rennen von den Ermittlungen gegen ihre Konkurrentin erzählten, war sie kurz recht wütend geworden. Die Ermittlungen gegen Bahta waren nur durch eine Indiskretion bekannt geworden, allem Anschein nach wollte der schwedische Verband nicht, dass diese öffentlich werden.
Nun sagt Alina Reh, die für den SSV Ulm 1864 startet, der „Schwäbischen Zeitung“: „Klar wäre es vor Ort schön gewesen, die Medaille zu feiern – mit dem ganzen Drumherum. Aber jetzt ist es eh schon rum. Der Fokus liegt wieder auf anderen Dingen.“
Doch so ganz „wurschd“ist ihr die Sache dann nicht. Denn die 23-Jährige findet vor allem den gewählten Zeitpunkt der Sperre für „schon komisch“. Athleten von Randsportarten, wie es die Leichtathletik ist, sind auf ihre Großereignisse angewiesen: Olympia, WM und EM. Bahta, die am Montag ihren 30. Geburtstag feierte, hat und wird durch ihre Sperre keines dieser Großereignisse verpassen. Die Leichtathletik-WM in Doha beginnt am 28. September.
Alina Reh: „Das finde ich so nicht ok.“Ihr geht es ums Prinzip: „Schade, dass man da nicht konsequenter ist und schärfer durchgreift. Das wäre ja auch ein Zeichen an die Athleten für die Zukunft“, sagt die Laichingerin.
Tatsächlich wirft der Fall Meraf Bahta unabhängig vom Schicksal der Laichingerin Fragen auf. Der schwedische Verbandspräsident Stefan Olsson kritisierte die „unnötig langen“Verzögerungen im Verfahren. Immerhin waren Bahtas Verstöße schon vor der EM bekannt.
„Wenn so ein großes Event vor der Tür steht und das wissen die Kolleginnen und Kollegen ja auch, dass die Athletin daran teilnimmt, dann muss das Ganze stärker zusammengreifen und vorher eine klare Entscheidung vorliegen“, sagte der Vorstand der Nationalen Anti-DopingAgentur Deutschland, Lars Mortsiefer, der ARD-Dopingredaktion.
Rein sportrechtlich gesehen, war Bahtas Start bei der EM zulässig: Bei meldepflichtigen Kontrollversäumnissen ist eine Suspendierung nicht zwingend. Das zuständige Disziplinarorgan oder die Anti-Doping-Organisation muss dann abwägen, was im Vordergrund steht: der Schutzbedarf des Wettbewerbs oder der des Athleten. Für den schwedischen Verband war wohl Letzteres wichtiger.
Alina Reh, die sich derzeit auf die U23-EM Mitte Juli in Schweden vorbereitet, fühlt bei Doping-Angelegenheiten inzwischen nur noch „Gleichgültigkeit“: „Ich kann es sowieso nicht beeinflussen“, sagt sie und nimmt es sportlich: „Beim nächsten Mal bin ich einfach schneller. Dann braucht es das Thema gar nicht.“
„Klar wäre es vor Ort schön gewesen, die Medaille zu feiern – mit dem ganzen Drumherum. Aber jetzt ist es eh schon rum.“Alina Reh