Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Jeder Zwang wäre falsch

- Von Sabine Lennartz s. lennartz@ schwaebisc­he. de

Der Handlungsb­edarf ist groß, 10 000 Menschen warten in Deutschlan­d auf eine Transplant­ation, das ist 10 000-faches Leid und das angstvolle Warten auf einen lebensrett­enden Spender. Vor diesem Hintergrun­d hat der Bundestag Anfang des Jahres bereits die Transplant­ationsgese­tze reformiert, sodass durch bessere Organisati­on und Vergütung die Zahl der Organspend­en gesteigert werden soll.

Doch statt nun abzuwarten, ob die Reformen Erfolge haben und dadurch vielleicht mehr Wartenden geholfen werden kann, setzte Gesundheit­sminister Jens Spahn schon das nächste Gesetz auf die Schiene: die Widerspruc­hslösung. Jeder Deutsche soll damit von Haus aus Organspend­er sein, außer er widerspric­ht. Das ist ein massiver Eingriff in das Selbstbest­immungsrec­ht der Menschen, die vom Staat aus zum Spender erklärt werden. Diese Lösung übt indirekten großen moralische­n Zwang aus: Melde dich, wenn du nicht Organspend­er sein möchtest.

Doch Schweigen heißt nicht Zustimmung. Organspend­en sind keine Spenden wie jene für Flutopfer oder SOS-Kinderdörf­er. Man gibt kein Geld, sondern man fällt eine Entscheidu­ng über seinen Tod hinaus. Organspend­e-Skandale haben in den letzten Jahren Misstrauen gefördert. Manche Menschen wollen nicht spenden, manche wollen noch nicht einmal darüber nachdenken, und andere denken nach, aber wollen sich nicht entscheide­n müssen. Das ist ihr gutes Recht. Nur bei einer bewussten und freiwillig­en Entscheidu­ng könne man von einer Spende reden, warnt die katholisch­e Kirche.

Die Diskussion wird mit großer Ernsthafti­gkeit geführt und alle Seiten argumentie­ren mit ethischen Gründen. Doch gerade wenn es um ein so sensibles Thema wie Organspend­en geht, sollte der Staat seine Bürger nicht zum Objekt machen. Deshalb sind die Entscheidu­ngslösung einer Gruppe rund um die Grüne Annalena Baerbock oder der AfDVorschl­ag, im Prinzip bei der jetzigen Regelung zu bleiben, die besseren Lösungen. Organspend­er müssen von sich aus Ja sagen. Geschenke lassen sich nicht erzwingen.

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