Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gesine Schwan will die SPD retten
Mit diesem Comeback haben wohl die wenigsten gerechnet. Gesine Schwan bringt sich nach dem Rücktritt von Ex-SPDChefin Andrea Nahles als mögliche Nachfolgerin ins Gespräch. „Ich will der SPD gerne helfen. Und ich traue mir auch zu, dazu beizutragen, dass das Bild der Partei in der Öffentlichkeit positiver wird, als das im Moment der Fall ist“, sagte die Politologin dem „Spiegel“zur Frage nach dem Vorsitz der gebeutelten Partei.
Im Deutschlandfunk wurde sie deutlicher: Wenn die Bitte an sie herangetragen würde und diese auch eine erhebliche Unterstützung hätte, würde sie dies tun, sagte Schwan dem Sender am Dienstag – wenn,
wohlgemerkt. Gefragt hat sie bislang noch keiner der Sozialdemokraten.
Und: Sie könne sich sogar eine Doppelspitze mit dem Juso-Chef Kevin Kühnert vorstellen. Das ist durchaus bemerkenswert. Kühnert hat mit seinen Ideen zur Kollektivierung großer Unternehmen sozialistische Schreckgespenster geweckt – Schwan hingegen wollte als Mitbegründerin des konservativen „Seeheimer Kreises“genau diese bekämpfen. Grundsätzlich kann sie gut mit jungen Erwachsenen – durch ihren ehemaligen Job als Präsidentin der Frankfurter Europa-Uni Viadrina hat sie sich ihre jugendliche Neugier bewahrt. Seit 2004 ist sie mit Peter Eigen, dem Gründer der Antikorruptionsorganisation Transparency International, verheiratet.
Nachdem Schwan 2004 das erste und 2009 das zweite Mal bei der Wahl zur Bundespräsidentin gegen Horst Köhler verloren hatte, ist es in der Bundespolitik still um sie geworden – seit Nahles’ Abgang aber vergeht kaum ein Tag ohne eine Wortmeldung Schwans.
Davor hatte die 76-Jährige als Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission ihrer Partei Ratschläge gegeben und sich zu migrationspolitischen Themen geäußert. Sie setzt sich für die deutsch-polnische Verständigung ein – so wie ihre Eltern vor ihr, die im Dritten Reich zum Widerstand gehört und sich nach dem Zweiten Weltkrieg um die Freundschaft zu Polen bemüht haben.
Hauptsächlich aber sah der Terminplan Schwans in letzter Zeit so aus: März 2019: Schwan als Festrednerin bei den „Musikfesttagen an der Oder“. Februar 2019: Schwan als Festrednerin für die Verabschiedung von 18 Absolventen der Cusanus Hochschule Bernkastel-Kues. November 2018: Schwan als Laudatorin für die Verleihung des Bielefelder Integrationspreises und im selben Monat Gastrednerin beim Frauenempfang der Kreis-SPD Minden-Lübbecke in Bad Oeynhausen zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“.
Sollte Schwan nach dem SPD-Vorsitz streben, dürfte für solche Termine wohl wenig Zeit bleiben. Vom 1. September an müssen sich die Kandidaten den Mitgliedern in 20 bis 30 Regionalkonferenzen stellen.
Aber: An eine SPD-Chefin Schwan glaubt in Berlin niemand so wirklich.