Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Sea-Watch 3“erreicht Italien

Das Flüchtling­sschiff nimmt Kurs auf Lampedusa – trotz ausdrückli­chen Verbots von Innenminis­ter Salvini

- Von Thomas Migge

ROM - Der Fall der „Sea-Watch 3“hat sich am Mittwochna­chmittag dramatisch zugespitzt. Das Rettungssc­hiff der deutschen Flüchtling­sorganisat­ion Sea-Watch fuhr in italienisc­he Gewässer – mit dem Ziel Lampedusa. 14 Tage lang war das Schiff zuvor im Zickzackku­rs in internatio­nalen Gewässern vor der italienisc­hen Insel unterwegs gewesen. An Bord waren neben den Mitglieder­n der Flüchtling­sorganisat­ion 42 Migranten. Sie wurden vor zwei Wochen nach Angaben von Sea-Watch vor der Küste Libyens aus Seenot gerettet. Die Organisati­on war fest davon ausgegange­n, dass sich Italien schließlic­h doch dazu bereit erklären würde, die Migranten in einem italienisc­hen Hafen von Bord zu lassen. Genau das aber geschah nicht.

Und so stellten die Besatzung und die Migranten einen Eilantrag vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte. Italien sollte auf diese Weise dazu gezwungen werden, seinen harten Kurs aufzugeben, und das Schiff in einen Hafen einfahren zu lassen. Kapitänin Carola Rackete hatte in dem Eilantrag auf die immer dramatisch­eren Zustände an Bord ihres Schiffes verwiesen. Einige der Migranten hätten demnach bereits versucht, ins Meer zu springen und an Land zu schwimmen.

Der Gerichtsho­f lehnte den Eilantrag aber ab – und gab damit indirekt Italiens Innenminis­ter und Chef der ausländerf­eindlichen Partei Lega Matteo Salvini recht, der seit Monaten das Anlegen von Flüchtling­sschiffen in Italien bei Strafe untersagt. Für Salvini sind die Mitarbeite­r von Sea-Watch wie auch anderer Organisati­onen dieser Art „Helfer von Menschenhä­ndlern“.

Nach dem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs gab es zunächst keine Reaktion von der „Sea-Watch 3“. Erst am Mittwochna­chmittag erklärte Kapitänin Rackete, dass sie ihr Schiff in italienisc­he Hoheitsgew­ässer lenken werde. Die Kapitänin verwies auf den Mangel an Lebensmitt­eln und Medikament­en an Bord.

Begrüßt wurde die Entscheidu­ng von italienisc­hen Menschenre­chtsorgani­sationen wie auch von Amnesty Internatio­nal. Zahlreiche katholisch­e Geistliche auf der Insel Lampedusa sprachen sich ebenfalls für diesen Schritt aus, damit man endlich den Betroffene­n helfen könne.

Schon vor dieser Entscheidu­ng durften 11 Migranten das Schiff verlassen, mit dem Hinweis auf ihren bedenklich­en Gesundheit­szustand. Diese Menschen befanden sich nicht mehr an Bord der „Sea-Watch 3“, als der europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte sein Urteil sprach. Und so wiesen die Richter bei der Ablehnung des Eilantrags darauf hin, dass zur Zeit niemand auf dem Rettungssc­hiff gefährdet sei. Insofern habe es keinen Grund gegeben, die italienisc­he Regierung zum Einlenken zu bewegen.

Gegen 14 Uhr erreichte das Schiff italienisc­he Hoheitsgew­ässer, wenig später erreichte es die Zwölfmeile­nzone vor dem Hafen von Lampedusa. Innenminis­ter Salvini erklärte am Mittwoch, dass „wir mit jedem Mittel verhindern werden, dass die Migranten das Schiff verlassen“. Er werde keine Genehmigun­g zum Anlegen geben.

Mit dem Eintritt in die italienisc­hen Hoheitsgew­ässer werden die Strafen des erst vor wenigen Tagen verabschie­deten neuen Sicherheit­sgesetz zum Tragen kommen. So wird damit gerechnet, dass die Polizei die „Sea-Watch 3“beschlagna­hmen und die Organisati­on mit einer Geldstrafe von bis zu 50 000 Euro rechnen muss.

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FOTO: TILL M. EGEN/ SEA- WATCH. ORG/ DPA Carola Rackete, deutsche Kapitänin der „ Sea- Watch 3“.

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