Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Sea-Watch 3“erreicht Italien
Das Flüchtlingsschiff nimmt Kurs auf Lampedusa – trotz ausdrücklichen Verbots von Innenminister Salvini
ROM - Der Fall der „Sea-Watch 3“hat sich am Mittwochnachmittag dramatisch zugespitzt. Das Rettungsschiff der deutschen Flüchtlingsorganisation Sea-Watch fuhr in italienische Gewässer – mit dem Ziel Lampedusa. 14 Tage lang war das Schiff zuvor im Zickzackkurs in internationalen Gewässern vor der italienischen Insel unterwegs gewesen. An Bord waren neben den Mitgliedern der Flüchtlingsorganisation 42 Migranten. Sie wurden vor zwei Wochen nach Angaben von Sea-Watch vor der Küste Libyens aus Seenot gerettet. Die Organisation war fest davon ausgegangen, dass sich Italien schließlich doch dazu bereit erklären würde, die Migranten in einem italienischen Hafen von Bord zu lassen. Genau das aber geschah nicht.
Und so stellten die Besatzung und die Migranten einen Eilantrag vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Italien sollte auf diese Weise dazu gezwungen werden, seinen harten Kurs aufzugeben, und das Schiff in einen Hafen einfahren zu lassen. Kapitänin Carola Rackete hatte in dem Eilantrag auf die immer dramatischeren Zustände an Bord ihres Schiffes verwiesen. Einige der Migranten hätten demnach bereits versucht, ins Meer zu springen und an Land zu schwimmen.
Der Gerichtshof lehnte den Eilantrag aber ab – und gab damit indirekt Italiens Innenminister und Chef der ausländerfeindlichen Partei Lega Matteo Salvini recht, der seit Monaten das Anlegen von Flüchtlingsschiffen in Italien bei Strafe untersagt. Für Salvini sind die Mitarbeiter von Sea-Watch wie auch anderer Organisationen dieser Art „Helfer von Menschenhändlern“.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gab es zunächst keine Reaktion von der „Sea-Watch 3“. Erst am Mittwochnachmittag erklärte Kapitänin Rackete, dass sie ihr Schiff in italienische Hoheitsgewässer lenken werde. Die Kapitänin verwies auf den Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten an Bord.
Begrüßt wurde die Entscheidung von italienischen Menschenrechtsorganisationen wie auch von Amnesty International. Zahlreiche katholische Geistliche auf der Insel Lampedusa sprachen sich ebenfalls für diesen Schritt aus, damit man endlich den Betroffenen helfen könne.
Schon vor dieser Entscheidung durften 11 Migranten das Schiff verlassen, mit dem Hinweis auf ihren bedenklichen Gesundheitszustand. Diese Menschen befanden sich nicht mehr an Bord der „Sea-Watch 3“, als der europäische Gerichtshof für Menschenrechte sein Urteil sprach. Und so wiesen die Richter bei der Ablehnung des Eilantrags darauf hin, dass zur Zeit niemand auf dem Rettungsschiff gefährdet sei. Insofern habe es keinen Grund gegeben, die italienische Regierung zum Einlenken zu bewegen.
Gegen 14 Uhr erreichte das Schiff italienische Hoheitsgewässer, wenig später erreichte es die Zwölfmeilenzone vor dem Hafen von Lampedusa. Innenminister Salvini erklärte am Mittwoch, dass „wir mit jedem Mittel verhindern werden, dass die Migranten das Schiff verlassen“. Er werde keine Genehmigung zum Anlegen geben.
Mit dem Eintritt in die italienischen Hoheitsgewässer werden die Strafen des erst vor wenigen Tagen verabschiedeten neuen Sicherheitsgesetz zum Tragen kommen. So wird damit gerechnet, dass die Polizei die „Sea-Watch 3“beschlagnahmen und die Organisation mit einer Geldstrafe von bis zu 50 000 Euro rechnen muss.