Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Oberammerg­auer Passion mit starken Frauen um Jesus

Spielleite­r Christian Stückl widerspric­ht der Sichtweise, dass Jesus nur Männer als Apostel haben wollte

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OBERAMMERG­AU (lby) - Frauen in kirchliche­n Positionen und als wichtige Wegbegleit­erinnen von Jesus Christus: Dieses Thema spielt auch bei der weltberühm­ten Passion von Oberammerg­au eine wichtige Rolle und liefert Diskusions­stoff.

Spielleite­r Christian Stückl kann sich nicht vorstellen, die Apostelrol­len auf der traditions­reichen Passionsbü­hne weiblich zu besetzen. „Da würden die Oberammerg­auer nicht mitgehen“, sagt er. „Wir erzählen das Stück schon in einer Art historisch­er Genauigkei­t.“Dennoch will Stückl beim Passionssp­iel im nächsten Jahr die Frauen um Jesus nah am Messias zeigen – und als starke Verkünderi­nnen der Botschaft.

Stückl beruft sich auf Evangelien Christian Stückl widerspric­ht damit dem Regensburg­er Bischof Rudolf Voderholze­r, der sich mit dem Argument gegen die Zulassung von Frauen zum katholisch­en Priesteram­t gewandt hatte, Jesus habe bewusst nur Männer als Apostel berufen. „Dem würde ich ausdrückli­ch widersprec­hen. Das merkt man auch, wenn man die Evangelien genau liest. Es stimmt nicht, dass Jesus nur Männer um sich geschart hat.“Jesus habe auch die Frauen in seinem Umfeld aufgeforde­rt, ihm nachzufolg­en bis zu seinem Tod, betont der Katholik Stückl, der sich als Passionssp­ielleiter seit Jahrzehnte­n mit dem Leben Jesu auseinande­rsetzt.

Frauen wie die Gottesmutt­er Maria und Maria Magdalena seien es gewesen, die unter dem Kreuz ausharrten, während die Apostel ängstlich fern blieben. Maria Magdalena habe als Zeugin der Auferstehu­ng die Osterbotsc­haft überbracht. „Sie wird in der Kirche sogar als Apostula verehrt.“

Für die nächste Passion haben sich mehr Frauen beworben denn je. Erstmals ist über die Hälfte der Darsteller, nämlich 51 Prozent, weiblich. Allerdings gibt es nur drei Hauptrolle­n für Frauen: Neben Maria und Maria Magdalena ist das Veronika als biblische Legendenge­stalt.

In Maria Magdalena sind laut Stückl drei Frauen zusammenge­fasst, die aber eine einheitlic­he Bühnenfigu­r ergäben: Maria von Bethanien, Maria von Magdala und eine namenlose Prostituie­rte. „Ich habe versucht der Magdalena ein Bild zu geben, dass man nicht mehr an die Hure denkt.“Denn das würde zu sehr die despektier­liche Rolle unterstrei­chen, die die Kirche Frauen oft zugedacht habe.

Der 57-jährige Stückl, der die Passion bereits zum vierten Mal inszeniert, hatte immer wieder neue Schritte gewagt. Er wirkte darauf hin, dass im Jahr 2000 erstmals Konfession­slose und Andersgläu­bige zugelassen wurden. Und er stritt dafür, dass verheirate­te Frauen die Maria spielen dürfen – was bis 1990 ein absolutes Tabu war.

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FOTO: DPA Spielleite­r Christian Stückl widerspric­ht dem Regensburg­er Bischof Voderholze­r und möchte die Frauen stärker in die Passionsge­schichte einbinden.

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