Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Keine Entscheidungen von erheblicher Bedeutung“
Darf der bisherige Gemeinderat noch tagen und entscheiden, obwohl der neue gewählt ist? Die SZ hat nachgefragt
REGION (uno) - Der neue Gemeinderat ist gewählt, aber noch nicht eingesetzt. Dies wird in vielen Gemeinden erst Anfang Juli der Fall sein. Doch was ist in der Zwischenzeit? Dürfen die bisherigen Räte nochmals tagen und Beschlüsse fassen? Wir haben beim Landratsamt nachgefragt, wie die rechtlichen Regeln sind und folgende Auskunft erhalten.
Die neuen Gemeinderäte sind gewählt, aber noch nicht eingesetzt. Die alten Räte sind damit noch im Amt. Dürfen diese in dieser Zwischenzeit noch tagen und Beschlüsse fassen?
Die Amtszeit des bisherigen Gemeinderats endete am 26. Mai um 24 Uhr. Nach Paragraf 30 der Gemeindeordnung (GemO) führt der bisherige Gemeinderat bis zum Zusammentreffen des neu gebildeten Gemeinderats die Geschäfte weiter. Der geschäftsführende Gemeinderat kann tagen und Beschlüsse fassen, aber mit Einschränkungen.
Welche Einschränkungen gelten? Wesentliche Entscheidungen, die bis zum Zusammentreffen des neu gebildeten Gemeinderats aufgeschoben werden können, bleiben nach Paragraf 30 Absatz 1, Satz 4 der Gemeindeordnung dem neu gebildeten Gemeinderat vorbehalten.
Was sind „wesentliche Entscheidungen“?
Dies ist etwa in einer Drucksache des Landtags Baden-Württemberg vom 3. August 2015 dargelegt. Da heißt es unter anderem: „Der geschäftsführende Gemeinderat kann keine Entscheidung von erheblicher Bedeutung wie zum Beispiel die Wahl von Beigeordneten, den Beschluss des Haushalts oder herausragende Investitionsentscheidungen treffen, wenn die Entscheidung zeitlich aufgeschoben werden kann, bis der neugewählte Gemeinderat zusammentritt und darüber Beschluss fassen kann. Nur wenn ein rechtzeitiges Zusammentreten des neugewählten Gemeinderats nach Paragraf 30, Absatz 2, Satz 2 GemO ausgeschlossen ist, kann die Entscheidung vom bisherigen geschäftsführenden Gemeinderat getroffen werden.“
Gibt es einen zeitlichen Korridor, bis wann der neue Gemeinderat verpflichtet werden muss oder frühestens verpflichtet werden darf ? Wenn die Wahl von der Wahlprüfungsbehörde – in diesem Fall des Landratsamts Biberach – nicht beanstandet wurde, ist nach der GemO die erste Sitzung des Gemeinderats unverzüglich nach Zustellung des Wahlprüfungsbescheids oder nach ungenutztem Ablauf der Wahlprüfungsfrist anzuberaumen oder sonst nach Eintritt der Rechtskraft der Wahl. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Die Gemeinderäte werden nach Paragraf 32, Absatz 1, GemO vom Bürgermeister in der ersten Sitzung öffentlich auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten verpflichtet.