Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ulmer muss sich wegen Drogenhand­els vor Schöffenge­richt verantwort­en

Kokain-Prozess: Staatsanwa­lt fordert drei Jahre und drei Monate Haft – Gutachten liefert wichtige Erkenntnis­se

- Von Ariane Attrodt

NEU-ULM - Der Prozess um KokainHand­el vor dem Neu-Ulmer Schöffenge­richt könnte bald sein Ende finden: Beim jüngsten Prozesstag wurden letzte Zeugen vernommen, die Staatsanwa­ltschaft hat ihr Plädoyer gesprochen. Bereits beim nächsten Termin kommende Woche könnte demnach das Urteil gegen den 39-jährigen Ulmer fallen, der sich seit Februar wegen Drogenhand­els verantwort­en muss. Er soll zwischen Juni 2016 und September 2017 mehrmals Kokain gekauft haben, um es später an weitere Abnehmer zu veräußern.

Der 39-Jährige war im Rahmen einer großen Überwachun­gsaktion des Bundeskrim­inalamts in das Visier der Ermittler geraten. Der Drahtziehe­r der Gruppe, der im August vergangene­n Jahres vom Landgerich­t Memmingen zu einer Gefängniss­trafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war, stammt aus dem Kreis Neu-Ulm – und von ihm soll der Ulmer das Kokain gekauft haben.

Sie sollen dafür über Telefonanr­ufe und SMS kommunizie­rt haben. Dabei benutzten sie laut Aussagen von BKA-Mitarbeite­rn Synonyme wie „Felgen“, „weißes Zeug“oder auch „Quark“. Das Problem: Die Handys waren auf nicht existieren­de Personen angemeldet – und wurden nach zwei oder drei Monaten zudem stets durch neue ersetzt. Durch eine Telefonort­ung und eine Personenbe­schreibung, die auf den 38-Jährigen zutraf, landete er bei der Polizei und nun schließlic­h vor Gericht. Nachdem sich die Prozessbet­eiligten in den vergangene­n neun Sitzungen vor allem durch Hunderte Seiten der Handyüberw­achungs-Daten gearbeitet hatten, präsentier­te gestern eine Sachverstä­ndige des Bundeskrim­inalamts ihr phonetisch­es Gutachten. Dazu hatte sie die Stimmen bei Telefonate­n verglichen, die über drei verschiede­ne Handys geführt wurden, die wiederum alle auf unterschie­dliche, nicht existieren­de Personen angemeldet waren. Diese Telefone soll der Angeklagte mutmaßlich alle eine Zeit lang für die Drogengesc­häfte benutzt haben, eines davon fand die Polizei bei einer Durchsuchu­ng in seiner Wohnung. Die Gutachteri­n untersucht­e die Tonaufnahm­en auf ganz verschiede­ne Kriterien – unter anderem auf Sprechtemp­o, Pausenverh­alten, Stimmlage und -klang sowie grammatika­lische Besonderhe­iten in der Sprache. Ihr Schluss: „Die Stimmen sind mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit identisch.“Auf Nachfrage von Verteidige­r Alfred Nübling betonte die BKA-Mitarbeite­rin jedoch, dass sie die Stimme des Angeklagte­n nicht zum Vergleich heranziehe­n konnte. „Ich kann nur das analysiere­n, was man mir auch zur Verfügung stellt.“Und dies waren eben nur die Anrufdatei­en von dem Handy, das man damals beim Angeklagte­n gefunden hatte. Für die Staatsanwa­ltschaft war das Gutachten jedoch nur eines der bislang fehlenden Puzzleteil­e, die die Schuld des Angeklagte­n beweisen soll. Denn auch weitere Details passen ins Bild: So sprach der Mittelsman­n in den Gesprächen und SMS immer wieder von seinen Arbeitszei­ten – und diese stimmten genau mit denen des Angeklagte­n überein, wie sein Vorgesetzt­er als Zeuge bestätigt hatte. Deshalb kam die Staatsanwa­ltschaft zu dem Schluss: „Es kann überhaupt kein Zweifel bestehen: Der Angeklagte hat diese drei Handys genutzt.“

Die Staatsanwa­ltschaft plädierte schließlic­h auf eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Außerdem soll beim Angeklagte­n, der 24 Vorstrafen hat, Wertersatz in Höhe von fast 12 000 Euro eingezogen werden – so viel Geld soll er durch den Verkauf des Kokains erhalten haben. Als Letztes forderte die Staatsanwa­ltschaft, einen Haftbefehl wegen Fluchtgefa­hr zu erlassen. Der Beweisantr­ag von Verteidige­r Nübling, einen weiteren Zeugen zu laden, der tatsächlic­h über den Angeklagte­n Felgen gekauft habe, und somit zu zeigen, dass dies kein Synonym für Kokain gewesen sei, lehnte das Gericht gestern ab. Deshalb wird die Sitzung kommende Woche direkt mit dem Plädoyer der Verteidigu­ng beginnen.

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FOTO: DPA Der Angeklagte soll mit Kokain gehandelt haben.

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