Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vertragsauflösung nach acht Wochen
Eishockeystürmer Lubor Dibelka will doch nicht für die Towerstars spielen und kauft sich frei
RAVENSBURG - Der Profisport ist immer wieder für Überraschungen gut. Vor allem aus dem Fußball ist hinlänglich bekannt, dass Verträge nicht immer bindend sind. Da unterschreiben Profifußballer mehrjährige Verträge und bekennen sich mit der Hand auf dem Herz für ihren jetzigen Club. Ein Jahr später wollen sie dann aber unbedingt zu ihrem absoluten Traumclub. Im Eishockey ist solch ein Gebaren eher ungewöhnlich – aber es passiert. Das mussten jetzt auch die Ravensburg Towerstars erfahren, denen ihr fest eingeplanter Stürmer Lubor Dibelka kurzfristig absprang. Rund acht Wochen, nachdem er den Vertrag unterschrieben hatte. Und ohne einmal im Towerstars-Trikot in Ravensburg auf dem Eis gestanden zu sein.
Nach der Meisterschaft in der Deutschen Eishockey-Liga 2 gab es bei den Towerstars einen großen Umbruch. Einer der ersten Zugänge war Lubor Dibelka. Der 36-Jährige sollte eine Schlüsselrolle in der neuen Saison einnehmen. Seine Statistiken aus der DEL2 sprachen für sich. In den vergangenen beiden Jahren hatte Dibelka für den SC Riessersee und die Tölzer Löwen 49 Tore und 64 Vorlagen in 106 Pflichtspielen geschafft. Für München und Wolfsburg hatte er zuvor drei Jahre lang in der DEL gespielt. Mit seiner Erfahrung und seiner Torgefahr sollte er in der kommenden Saison bei den Towerstars mithelfen, die Abgänge der Stürmer Robbie Czarnik, Mathieu Pompei, Olivier Hinse und Daniel Pfaffengut zu kompensieren.
Ferienwohnung wieder storniert Alles schien gerichtet: TowerstarsGeschäftsführer Rainer Schan hatte bereits eine Ferienwohnung für den neuen Stürmer angemietet. Doch dann plötzlich der Rückzieher. Dibelka wollte seinen Vertrag völlig unerwartet auflösen. „Er hat persönliche Gründe angegeben, die kann ich auch nachvollziehen“, meint Schan, ohne näher darauf einzugehen. „Ob das alles ist, sei aber dahingestellt.“Statt nach Ravensburg zu ziehen, wollte Dibelka doch in Bad Tölz bleiben. Statt den Kader komplett zu haben, fehlte den Towerstars plötzlich einer der Schlüsselspieler.
Dem Wunsch von Dibelka nach Vertragsauflösung kamen die Towerstars dennoch nach. „Wenn jemand nicht zu uns möchte, dann werden wir ihn auch nicht dazu zwingen“, sagt Schan. „Dann würde er uns auch nicht wie gewünscht weiterhelfen.“So ähnlich klang das auch bei Borussia Dortmund, nachdem sich Ousmane Dembélé erfolgreich zu seinem „Traumclub“FC Barcelona weggestreikt hatte. Der BVB bekam von Barcelona für Dembélé die RekordAblöse von bis zu 125 Millionen Euro. Davon sind die Towerstars weit entfernt, doch auf ihren Kosten sitzen bleiben wollten sie auch nicht. Also musste sich der 36-Jährige aus seinem Vertrag herauskaufen. „Wir hatten schließlich einen gültigen Vertrag geschlossen, für uns sind die ersten Kosten entstanden“, sagt Schan. So hat der Geschäftsführer etwa schon eine Ferienwohnung für Dibelka angemietet, „die nicht so einfach zu stornieren war“.
Für Schan und den neuen Towerstars-Trainer Tomek Valtonen kamen drei Stürmer in die engere Wahl als Dibelka-Ersatz. „Es ist zu diesem Zeitpunkt nicht so einfach, einen deutschen Spieler zu finden, der uns weiterhilft“, sagt Schan. Valtonen schaute sich Videos der Kandidaten an – seine Wahl fiel auf Thomas Brandl. Der kommt mit der Erfahrung von mehr als 300 DEL-Spielen von den Straubing Tigers eine Liga tiefer zum aktuellen DEL2-Meister. Und das offenbar gerne. „Ganz wichtig war uns, dass der neue Mann unbedingt zu uns wollte“, sagt Geschäftsführer Rainer Schan. Lubor Dibelka wollte und konnte das offenbar nicht.
Bruder eines Ex-Towerstars Brandl und Dibelka sind allerdings verschiedene Spieler. Während Dibelka der Vollstrecker und Vorbereiter ist, ist der 28-jährige Brandl eher der Typ harter Arbeiter. In sechs Jahren in der ersten Liga in Straubing kam Brandl, Bruder des Ex-Towerstar Maximilian Brandl, auf 29 Tore. „Thomas ist ein sehr vielseitiger Spieler, der mehrere Rollen ausfüllen kann“, wird Trainer Valtonen in einer Mitteilung zitiert. „Er wird sehr wertvoll für uns sein.“Laut Schan hatte Brandl auch Angebote anderer Clubs aus der DEL2 und sogar aus der DEL. „Wir sind froh, dass er sich für Ravensburg entschieden hat“, sagt er. Und auch bleiben möchte.