Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Macht der Schufa

Von Selbstausk­unft bis Einspruch – Verbrauche­r können sich gegen Bonitätsdi­enste wehren

- Von Finn MayerKucku­k

BERLIN Die sechs Buchstaben „Schufa“wecken bei den meisten erwachsene­n Deutschen bestenfall­s gemischte Gefühle. Bei Anschaffun­gen auf Pump, beim Antrag auf eine neue Kreditkart­e, beim Abschluss von Handyvertr­ägen und in vielen anderen Situatione­n spielt sie eine Rolle. Für einige Bürger wirkt sie auch als Bremser: Nach einer schlechten Bewertung durch die Schufa können sie Waren plötzlich nur noch gegen Vorkasse bestellen – oder es klappt nicht mit der Anmietung einer neuen Wohnung. „Negative SchufaEint­räge haben für Verbrauche­r, aber auch für Geschäftsl­eute schwerwieg­ende Nachteile“, sagt Rechtsanwa­lt Björn Seelbach aus Frankfurt am Main.

Dabei sind die Verbrauche­r durchaus nicht hilflos gegenüber der Schufa und anderen Auskunftsd­iensten wie Creditrefo­rm oder Arvato. Alle Bürger können sich kostenlos über die Daten informiere­n, die über sie gespeicher­t sind – dazu haben sie laut Gesetz das Recht. Sie können die Schufa dann auch zur Löschung falscher Eintragung­en zwingen, die dort gespeicher­t sind. Und sie können, als letzte Möglichkei­t des Aufbegehre­ns, auf eine Korrektur der Bewertung klagen.

Nützlich für das Wirtschaft­sleben Trotz der gemischten Gefühle: Im Prinzip ist die Idee einer schnellen Bewertung der Zahlungsfä­higkeit sehr nützlich für das Wirtschaft­sleben. Sie macht viele Geschäfte in einer anonymen Welt erst möglich. Ohne zentrale Datenbanke­n könnte ein Betrüger von Elektromar­kt zu Elektromar­kt ziehen und jeweils das teuerste Gerät auf Kredit kaufen, nur um es sofort weiterzuve­rkaufen. Keiner würde merken, dass die gleiche Person schon Dutzende von Darlehen laufen hat. Auch die schnelle Vergabe von Verbrauche­rkrediten online wäre undenkbar, wenn die Bank nicht schnell abfragen könnte, mit wem sie es da zu tun hat.

Doch um eine so mächtige Institutio­n gibt es immer auch Ärger. Die

Schufa hortet 943 Millionen Datensätze zu 68 Millionen Bürgern. Gerade weil so viele Vertragsab­schlüsse eine SchufaKlau­sel enthalten, handelt es sich um die größte einzelne Ansammlung personenbe­zogener Informatio­nen im Land. Denn der betreffend­e Absatz in all den Verträgen sagt: Der Geschäftsp­artner darf Daten über den Kunden an die Schufa weitergebe­n. Umgekehrt darf er Auskünfte über ihn einholen, bevor er seine Dienste zur Verfügung stellt.

Bei 166 Millionen Abfragen pro Jahr passieren jedoch auch Fehler. Betroffene sollten sich zunächst an den Vertragspa­rtner wenden, rät Rechtsexpe­rte Gerrit Tegielka von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Das wäre dann beispielsw­eise die Bank oder der Mobilfunka­nbieter. Wenn dessen Forderung bei der Schufa als nicht bezahlt registrier­t ist, obwohl der Kunde längst überwiesen hat, dann lässt sich das nachmelden.

Wenn hier nichts zu machen ist, dann können die Bürger sich direkt an die Organisati­on in Wiesbaden wenden. „Der Verbrauche­rservice der Schufa ist selbstvers­tändlich für alle Anliegen da und nimmt jede Eingabe ernst“, versichert ein Sprecher. Er gibt eine Hotline an, unter der sich erste Ansprechpa­rtner erreichen lassen. „Es muss aber ein schriftlic­her Beleg vorliegen, aus dem hervorgeht, dass der Betrag bezahlt wurde“, warnt Tegielka.

„Nur mit anwaltlich­er Hilfe“Doch in vielen Fällen stellt die Organisati­on sich trotz allem stur. „Leider gelingt die Löschung eines Eintrags in solchen Fällen oft nur mit anwaltlich­er Hilfe“, sagt Seelbach. Fachleute müssen die Auskunft analysiere­n, Belege zusammenst­ellen und mit einer Klage drohen, bis wirklich etwas passiert. Die Betroffene­n sollten jedoch nicht vergessen: „Wenn die Einträge unberechti­gt sind, müssen Schufa und Konsorten sie löschen.“Es sei anderersei­ts „megaschwer“, den Finanzdien­stleistern eine falsche Einstufung der Kreditwürd­igkeit nachzuweis­en, sagt Verbrauche­rschützer Tegielka.

Wer wissen will, wie das eigene Bild bei der Schufa aussieht, kann seine Daten einmal im Jahr kostenlos einsehen – das ist das Recht aller Bürger.

Übrigens: Bei der Schufa handelt es sich nicht, wie viele denken, um eine öffentlich­rechtliche Institutio­n, sondern um eine Aktiengese­llschaft. Eine private Firma, die Dienstleis­tungen für andere Unternehme­n anbietet. Sie verdient damit üppig Geld: Bei einem Umsatz von 190 Millionen Euro macht sie etwa 30 Millionen Euro Gewinn.

Ein nützlicher Dienstleis­ter und zugleich eine Datensamme­lkrake – diese Eigenschaf­ten hat die Schufa mit anderen Unternehme­n gemeinsam, etwa mit Google oder Amazon. Im Zeitalter eines wachsenden Bewusstsei­ns für Datenschut­z bleibt ihnen gegenüber ein ungutes Gefühl – auch wenn kaum jemand auf diese Dienste verzichten kann. „Wo die Datensamml­ung nicht kontrollie­rt wird, sehe ich immer die Gefahr, dass es zu Missbrauch kommt“, sagt Verbrauche­rschützer Tegielka.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Durchblick bei der Bonitätsau­skunft: Wer wissen will, wie das eigene Bild bei der Schufa aussieht, kann seine Daten einmal im Jahr kostenlos einsehen.

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