Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Richter: „Es ging immer um Sex“
24Jähriger wird wegen sexuellem Missbrauch eines Kindes zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt
RIEDLINGEN Pornografische Fotos und eindeutige sexuelle Angebote hat ein 24Jähriger per WhatsApp einer Zwölfjährigen geschickt. Als die Mutter des Kindes dahinter kam, ging sie zur Polizei und erstattete Anzeige. Am Mittwoch wurde der Fall wegen sexuellem Missbrauch eines Kindes vor dem Riedlinger Amtsgericht verhandelt. Lange Zeit behauptete der Angeklagte, nichts von der Sache zu wissen und schob mehreren Menschen in seinem Umfeld die Schuld zu. Am Ende bekannte er sich zu dem Chat und bekam eine dreimonatige Hafstrafe, auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt, und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit aufgebrummt.
Es war in den Herbstferien des vergangenen Jahres, als die Mutter des damals zwölfjährigen Mädchens aufmerksam wurde. „Durch Zufall kam ich drauf, dass die beiden sich schreiben“, sagte die Mutter, die als Zeugin aussagte. Er habe ihre Tochter zu sexuellen Treffen eingeladen, Orte in der Gemeinde genannt, wo man sich treffen könnte. Auch Fotos habe er geschickt und verlangt, dass ihre Tochter auch welche schicke. Als die Mutter aufmerksam wurde, hatten sich die beiden bereits mehr als 14 Tage geschrieben. Wann es genau anfing, war nicht mehr nachvollziehbar. Aber ihre Tochter habe ihr gesagt, das der Angeklagte ihr bereits das erste Mal schrieb, als sie zehn Jahre alt war. Ob sie auf ihre Tochter eingewirkt habe, fragte Richter Wilfred Waitzinger. Das habe sie, so die Mutter, allerdings empfand die Tochter das Ganze nicht als so schlimm und sagte, dass der 24Jährige das nicht Ernst meine. Ihre Tochter habe nicht erfasst, was da abgeht. Weil ihre Tochter und der Angeklagte weiter miteinander schrieben, ging die Mutter zur Polizei. „Ich war so wütend und wollte, dass es aufhört.“
So stand dann eines Tages die Polizei frühmorgens bei dem 24Jährigen vor der Haustür und durchsuchte seine Wohnung. Die Beamten fanden auf einem PC und auf weiteren losen Festplatten kinder und jugendpornografische Bilder. Auch wegen des Besitzes dieser Bilder musste sich der 24Jährige verantworten.
Der Angeklagte saß am Mittwochnachmittag ohne anwaltlichen Beistand vor Gericht. Er zeigte sich sehr redegewandt und bestritt den Besitz pornografischer Bilder von Kindern und Jugendlichen. Stattdessen schob er die Schuld Menschen seines Umfeldes in die Schuhe. Das, was auf den losen Festplatten gefunden wurde, sei nicht sein Eigentum. Das gehöre seiner Exfreundin, mit der er zwei Kinder hat. Der PC habe zuerst seinem großen Bruder, dann seinem Vater gehört. Der sei pornografisch unterwegs, dem würde er so etwas zutrauen. Das tat auch seine Mutter, die im Zuhörerbereich saß und bestätigte, dass sie ihrem Mann das zutraue.
Auch die Chats mit der Zwölfjährigen wies der Angeklagte von sich. Er habe ihr lediglich einmal eine WhatsApp geschickt wegen der kleinen Hasen in seiner Garage. Die sexuellen Angebote und Fotos müsse jemand anders geschickt haben. Sein Handy sei zu dem Zeitpunkt nicht Passwort geschützt gewesen. Jeder, der in der Wohnung war, hätte Zugriff gehabt – seine Freunde oder auch seine Ex. „Der gesamte Chatverlauf soll vom großen Unbekannten sein?“, fragte Richter Waitzinger. Ob ihm nie aufgefallen sei, dass der Name der Zwölfjährigen immer oben in der Liste gestanden habe, fragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Nadine Maier.
Mehrere Chats mit Frauen
Als weiterer Zeuge war der Polizeihauptkommissar geladen, der den Fall bearbeitet und den Angeklagten vernommen hatte. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass er das geschrieben hat“, so der Zeuge. Der Chatverlauf sei schlüssig, ohne Stilbruch. Da hätten nicht mehrere Menschen geschrieben. Auch seine damalige Lebensgefährtin habe ausgesagt, dass der Angeklagte mit mehreren Frauen schreibe, was zu Problemen in der Beziehung führte. „Sie sind schon ein Opfer der Polizei und der Justiz“, sagte der Richter und verwies darauf, dass der Angeklagte 2018 mit einer 15Jährigen Chats mit sexuellem Inhalt geführt habe und dafür bereits vor Gericht saß. „Es ging immer um Sex“, so Waitzinger.
Lange Zeit sah es danach aus, dass die Verhandlung vertagt und Vater, Bruder, Exfreundin und das Mädchen geladen und dann „das große Fass aufgemacht“werden muss. „Glauben Sie, dass es dann besser wird?“, fragte der Richter den Angeklagten und stellte ihm in Aussicht, dass die Staatsanwaltschaft den Vorwurf des Besitzes kinder und jugendpornografischen Materials fallen lasse, wenn er sich nochmal überlege, ob er nicht vielleicht doch etwas mehr als nur eine „Hasennachricht“an das Mädchen geschickt habe. „Es könnte sein, dass ich etwas mehr geschrieben habe“, räumte er ein und dass er nicht gewusst habe, dass das Mädchen erst zwölf Jahre alt sei.
Weil er sich letztendlich zu einem Geständnis durchrang, blieb die Strafe am unteren Ende. Das Gesetz sieht für das Vergehen zwischen drei Monate und zwei Jahre vor. Die Staatsanwaltschaft forderte fünf Monate Gefängnis auf drei Jahre Bewährung und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit. Richter Waitzinger milderte auf drei Monate ab und empfahl dem Angeklagten, in Zukunft vorsichtiger zu sein.