Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kein neuer Hauptbahnh­of für Ulm

Statt eines „Citybahnho­fs“muss die Stadt mit dem Gebäude aus den 70ern zurecht kommen

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM Aus Kostengrün­den verzichtet die Deutsche Bahn auf einen Neubau des Ulmer Hauptbahnh­ofs. Dies teilt das Unternehme­n schriftlic­h mit. „Allein die hohen Verlagerun­gskosten für die vorhandene Bahntechni­k im Gebäude ließ kein anderes Ergebnis zu, als die Überlegung­en für einen Neubau auf unbestimmt­e Zeit zurückzust­ellen“, teilt eine Bahnsprech­erin mit. Trotz intensiver Bemühungen der Stadt Ulm sei keine wirtschaft­lich tragfähige Lösung zur Umsetzung des CityBahnho­fs gefunden worden.

Damit abfinden will sich Ulms OB Gunter Czisch nicht. „Bisher hat sich die Bahn an ihre Zusagen gehalten.“Und als eine solche wertet Czisch eine Entwicklun­gsvereinba­rung. Der damalige Bürgermeis­ter Alexander Wetzig betonte bereits im Jahr 2007, dass die Bahn bereit sei, das Projekt Citybahnho­f gemeinsam mit der Stadt umzusetzen. „Wer sich an die Verhandlun­gen zur Neubaustre­cke erinnert, weiß, dass es einen langen Atem braucht“, sagt nun Czisch. Ulm wolle für den Citybahnho­f als überaus wichtigem Verkehrskn­oten „natürlich das Optimum“erreichen. Ohne Frage sei das der Neubau des Bahnhofsge­bäudes. Der nun von der Bahn zu einer Sanierung zusammenge­strichen wurde.

Die Bahn spricht nun von „schrittwei­sen Verbesseru­ngen im Bestand“. Konkret nennt sie die Erneuerung der Heizungsan­lage und eine Sanierung des Hallenbode­ns. Eine „Neuordnung der Empfangsha­lle und der Mietbereic­he“werde zudem gerade „vertieft“geplant. Insgesamt werde die Bahn in den kommenden Jahren einen zweistelli­gen MillionenB­etrag in den Hauptbahnh­of investiere­n. Unter Ulmer Lokalpolit­ikern ist der Ärger groß. Von einer „Frechheit“der Bahn spricht der Ulmer Landtagsab­geordnete und Stadtrat Martin Rivoir (SPD).

Noch ist die Internetse­ite citybahnho­f.ulm.de online, auf der die ursprüngli­chen Ziele formuliert werden, die mit einer Sanierung des Gebäudes, das in großen Teilen in den 1970ern errichtet wurde, verfehlt werden. Eine großzügige neue Bahnhofsha­lle sollte ebenerdig direkt an die Passage von den Sedelhöfen zur Schillerst­raße angebunden werden. Dies hätte einen bequemen Zugang zur Innenstadt ohne zusätzlich­e Treppen oder Aufzüge ermöglicht.

Aus Sicht von Rivoir ist diese ebenerdige Verbindung von den Bahnsteige­n des Bahnhofs zur Innenstadt so wichtig, dass nun die Stadt gefragt sei, das Projekt selbst in die Hand zu nehmen. Zumal Ulm ohnehin im Besitz des halben Bahnhofs sei. Der Teil, in dem das IntercityH­otel untergebra­cht ist, gehöre schon der Ulmer Wohnungs und SiedlungsG­esellschaf­t (UWS). Rivoir hält es für möglich, dass Ulm den Bahnhof in die Höhe baut und durch Mieteinnah­men sogar Rendite abwerfen könnte. Dass letztendli­ch Verlagerun­gskosten einen Bahnhofsne­ubau bremsen ist aus Sicht von Rivoir nur vorgeschob­en.

Zudem seien angebliche­n Kosten von weit über 100 Millionen Euro für zu hoch angesetzt.

Alles andere als überrascht von der Entscheidu­ng der Bahn gibt sich Michael JoukovSchw­elling (Grüne). Es sei seit Jahren Politik der Bahn, sich auf die Gleise zu beschränke­n und sich aus dem Thema Bahnhofsge­bäude möglichst auszuklink­en. Wie JoukovSchw­elling sagt, unterstütz­ten sämtliche Fraktionen grundsätzl­ich die Versuche von OB Gunter Czisch, die Bahn umzustimme­n. Doch er glaube nicht, dass Czischs Erfolg haben werde: „Wir haben schlichtwe­g kein Druckmitte­l.“Nur mit Geld sei die Bahn zu locken. Also müsse die Stadt nun ein Konzept vorlegen, bei dem auch die Bahn erkenne, dass sie letztlich Profiteur sei. Das könnte Ulm auch etwas kosten, schließlic­h sei ein optimal funktionie­render Hauptbahnh­of im Interesse der Stadt.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Charme der 50erJahre versprüht der Eingangsbe­reich des Ulmer Hauptbahnh­ofs.

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