Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Doch die Frau fürs Tempo
Viktoria Rebensburg denkt nach dem SuperGSieg in Lake Louise um
LAKE LOUISE (dpa/SID) Nur bei der Siegerehrung hatte Viktoria Rebensburg ein paar Probleme. Der weiße Cowboyhut, den sie als grandiose Gewinnerin des SuperG im kanadischen Lake Louise aufsetzen sollte, passte so gar nicht auf ihren Kopf – Rebensburg hatte versäumt, die Mütze ihres Sponsors abzuziehen. Das sah dann ein wenig albern aus, tat der guten Laune in der deutschen Mannschaft aber keinen Abbruch.
„Es ist mal wieder schön, ganz oben zu stehen“, sagte die freudestrahlende Rebensburg, für die es ingesamt ihr vierter SuperGSieg war und ihr 18. Erfolg im Weltcup. Schön war vor allem, wie sie da oben hingekommen war: Mit einem Lauf wie von einem anderen Stern, mit dem Rebensburg auch sich selbst verzückte. „Von oben bis unten wie an der Schnur gezogen, einfach geil.“
Später aber kam sie ins Grübeln, denn die beste deutsche Skirennfahrerin steht vor der Wahl: Will sie weiter alles ihrer Stammdisziplin Riesenslalom unterordnen oder schiebt sie den Fokus in Richtung Abfahrt und SuperG? „Das ist nicht so einfach“, räumt die 30Jährige ein. Eigentlich hatte Rebensburg vor, in dem Winter ohne WM und Olympia ein paar SpeedRennen auszulassen, um Kraft zu sparen. Ändert sie nun den Plan und wird vom TechnikAss zur SpeedQueen?
Ihr Coach hat eine klare Meinung. „Ich brauch da nicht zu überlegen“, sagt Jürgen Graller, für ihn ist Rebensburg schon seit jeher die perfekte SuperGFahrerin. Die Sportlerin aus Kreuth am Tegernsee ist durch ihr Skifahren wie kaum eine andere prädestiniert für diese Disziplin, in der man hohe Geschwindigkeiten ebenso drauf haben muss wie schnelle Kurven.
„Ich habe immer gesagt, dass der SuperG wie geschneidert ist für die Vicky. Sie will es oft nicht wahrhaben. Jetzt kommen wir dem Ganzen einen Schritt näher“, meint Graller und unterstreicht das „riesige Potenzial“seiner Rennfahrerin. Der Sieg in Lake Louise, „das war die Bestätigung“, findet der FrauenCoach.
„Jetzt müssen wir schauen, wie die Saison weiter verläuft. Im Speed schaut es gut aus. Ich denke, ich bin gut dabei“, räumt Rebensburg selbst ein. Auch wenn sie den Großteil ihrer Erfolge im Riesenslalom feierte – beginnend mit OlympiaGold 2010 in Vancouver – ist sie auch im SuperG Weltklasse: In den letzten sechs Jahren bestritt Rebensburg 36 SuperGRennen. Wenn sie dabei ins Ziel kam, landete sie bis auf viermal immer in den Top Ten. Zuletzt gewann Rebensburg zwei WeltcupSuperG in Serie. Bei der WM in Are im vorigen Februar fehlten ihr 0,07 Sekunden zu Gold und 0,02 Sekunden zu Bronze.
Der Verband ist erleichtert Ihre starke Form – vor Lake Louise war sie in zwei Abfahrten Vierte und Neunte geworden – hat sie klar registriert. „Jetzt muss ich überlegen, ob ich Abfahrten auslasse – das war ja der ursprüngliche Plan“, sagt sie. „Diese drei SpeedTage sprechen eher dafür, dass wir da nicht locker lassen“, meint auch Coach Graller.
Eine Entscheidung wollen die beiden demnächst treffen, denn am Samstag (10.30 Uhr) steht in St. Moritz der nächste SuperG an, gefolgt von einem Riesenslalom am Dienstag in Courchevel.
Es spricht für Rebensburgs Klasse und Form, dass sie sich aussuchen kann, in welche Rennen sie als Mitfavoritin gehen will. Im Verband sorgte ihr Erfolg von Kanada ebenso wie jener von Thomas Dreßen in der Abfahrt eine Woche davor für Erleichterung. „Natürlich sind solche Siege Balsam für die Seele“, sagt Alpinchef Wolfgang Maier. „Die Saison ist lang, wir müssen kontinuierlich arbeiten. Aber es ist natürlich gut, wenn wir jetzt schonmal ein Polster haben.“