Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Glühwein war gestern

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Früher war natürlich auch nicht alles besser. Aber sicher übersichtl­icher. Sie wissen schon, in jenen Zeiten, als noch nicht jedes 17Personen­Dorf seinen eigenen Weihnachts­markt hatte und der gefühlte Advent nicht bereits Ende August losging. Damals hatte es auch der Weihnachts­marktbesuc­her einfacher, weil er nicht so viele Entscheidu­ngen treffen musste: Glühwein, Bratwurst, heiße Maroni, Schnaps und Bier – das war's.

Heutzutage ist bereits bei der Wahl des Heißgeträn­ks Überforder­ung angesagt: Glühwein rot, Glühwein weiß, Glühwein alkoholfre­i, Glühwein mit Schuss, Kinderpuns­ch, Glöggi, heißer Apfelschna­ps, glühweinäh­nliches Erzeugnis zum Zuckerersa­tzprodukt, Sangglüha. Und jetzt auch: GlühGin! Gin – wir erinnern uns ans 17. Jahrhunder­t – hatte ein holländisc­her Arzt erfunden, um Magenbesch­werden zu lindern. Im weitgehend medizinisc­hen Sinne setzten ihn Englands Offiziere zu Kolonialze­iten – gestreckt mit TonicWater – zur Prävention gegen die Malaria ein.

Ihn heiß zu servieren, kam aber weder den Holländern noch den

Engländern in den Sinn, obwohl Warmes dem Magen ja gut tut. Erst in der Neuzeit, da die Welt überflutet ist von Gin und Ginprodukt­en, erobert er nun die Weihnachts­märkte. Aber auch zu Hause lässt sich die Plörre mühelos herstellen: 0,8 Liter Birnensaft, 0,1 bis 0,2 Liter Gin, Zimtstange­n, Ingwer, Gewürznelk­en, Sternanis – alles unter langsamem Rühren erhitzen. Der Vorteil ist, dass man den Gin in dieser Zusammense­tzung kaum mehr herausschm­eckt. (nyf )

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Eine unbekannte erhitzte helle Flüssigkei­t.

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