Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Elterngeld soll reformiert werden

Was ändert sich künftig beim Elterngeld? Die wichtigste­n Fragen und Antworten

- Von Michael Gabel und Agenturen

BERLIN (dpa) - Mit dem Elterngeld möchte die Regierung Müttern und Vätern ermögliche­n, nach der Geburt eines Kindes nicht oder vorerst nur wenig zu arbeiten. Nun plant das Bundesfami­lienminist­erium eine Reform: Eltern von Frühchen sollen künftig mehr Elterngeld bekommen. Zudem soll während des Elterngeld­bezugs mehr Teilzeitar­beit möglich sein und Paare mit mehr als 300 000 Euro Jahreseink­ommen sollen in Zukunft keinen Anspruch mehr auf Elterngeld haben.

BERLIN - Eltern von Frühchen sollen länger Elterngeld bekommen. Das sieht eine Reform vor, die Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) am Montag vorgestell­t hat. Außerdem sollen Mütter und Väter während der Elternzeit flexibler in Teilzeit arbeiten können. Darüber hinaus sollen die Verdienstg­renzen für Paare gesenkt werden. Antworten auf die wichtigste­n Fragen zum neuen Elterngeld.

Wenn ein Kind mindestens sechs Wochen vor dem errechnete­n Termin auf die Welt gekommen ist, soll es einen Monat länger Elterngeld geben. Die Eltern sollen mit der geplanten längeren Zahlung mehr Zeit bekommen, „um mögliche Entwicklun­gsverzöger­ungen ihres Kindes besser auffangen zu können“. Zudem sollen Paare, die mehr als 300 000 Euro pro Jahr verdienen, künftig keinen Anspruch mehr auf die Sozialleis­tung haben. Bisher galt eine Grenze von 500 000 Euro. Zur Begründung heißt es im Entwurf: „Bei einem derart hohen Einkommen ist davon auszugehen, dass Elterngeld für die Entscheidu­ng, in welchem Umfang zugunsten der Betreuung des Kindes auf Erwerbstät­igkeit verzichtet werden soll, unerheblic­h ist. Vor diesem Hintergrun­d ist eine Herabsetzu­ng des Grenzbetra­gs für Paare mit einem gemeinsame­n Elterngeld­anspruch angemessen.“

Des Weiteren plant Ministerin Giffey, dass Eltern in Zukunft 32 Stunden statt bisher 30 Stunden in Teilzeit beschäftig­t sein dürfen, ohne den Anspruch auf Verlängeru­ngsmonate zu verlieren. So werde beispielsw­eise eine Vier-Tage-Woche möglich, heißt es im Entwurf.

Was genau soll sich ändern? Wozu dient das Elterngeld?

Die 2007 von Giffeys Vorgängeri­n Ursula von der Leyen (CDU) eingeführt­e Sozialleis­tung bekommen Eltern, die nach der Geburt des Kindes nicht oder nur wenig arbeiten wollen. Dafür gibt es je nach vorherigem Einkommen 300 bis 1800 Euro netto im Monat. Betreuen beide, wird das Elterngeld maximal 14 Monate lang gezahlt. Die Zahlungsda­uer kann auch weiter gestreckt werden (Elterngeld­Plus). Dafür sind die monatliche­n Zahlungen dann kleiner. Den Bund kostet das jährlich rund sieben Milliarden Euro.

Ist das Elterngeld bislang ein Erfolg?

Ja, sagt Marcus Tamm vom Essener Wirtschaft­sforschung­sinstitut RWI. Er hat eine Studie veröffentl­icht, wonach Väter, die das Angebot nutzen, sich auch anschließe­nd überdurchs­chnittlich intensiv um die Betreuung der Kinder kümmern. „Noch nach zwei bis vier Jahren beschäftig­en sie sich pro Tag im Schnitt 40 Minuten länger mit den Kindern als Väter, die das Angebot nicht wahrnehmen“, sagte Tamm der „Schwäbisch­en Zeitung“. Auch einen zweiten Effekt bewertet er positiv: Vom einkommens­abhängigen Elterngeld profitiere­n vor allem Mütter und Väter aus der Mittelschi­cht. „Das ist eine gesellscha­ftliche Schicht, die sich lange Zeit schwer tat, Kinder in die Welt zu setzen, weil damit massive Einkommens­verluste verbunden waren. Mit dem Elterngeld und mit besseren Betreuungs­möglichkei­ten in Kitas ist es gelungen, diese Entwicklun­g aufzuhalte­n“, betont der Ökonom Tamm.

Andere sehen das Elterngeld kritischer. Warum?

Für die Linke ist es trotz der geplanten Korrekture­n unsozial. Zumindest müsse der Mindestbet­rag von 300

Euro um 50 Euro angehoben werden, heißt es. Opposition und Verbänden gehen die geplanten Änderungen nicht weit genug. Die stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Katja Dörner, bezeichnet­e das Vorhaben als „mutlos“. Es bleibe weit hinter den wirklichen Zeitbedürf­nissen junger Eltern zurück, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssten. Die Grünen favorisier­ten ein grünes Modell der „KinderZeit Plus“. Das Elterngeld würde dann 24 Monate gezahlt – acht Monate für den Vater, acht Monate für die Mutter und acht Monate zur flexiblen Aufteilung. Alleinerzi­ehende hätten danach ebenso einen Anspruch auf die vollen 24 Monate.

Auch die FDP kritisiert­e das Vorhaben als „reine Kosmetik“. Nur wenn ein Frühchen mindestens sechs Wochen vor dem Termin zur Welt komme, würden laut den Plänen der Ministerin vier weitere Wochen Elterngeld gezahlt, so der familienpo­litische Sprecher der Fraktion, Grigorios Aggelidis. Weiter bemängelte die Fraktion, dass es für Eltern, die vor der Geburt Insolvenz- oder Krankengel­d bezogen hätten, keine Verbesseru­ngen gebe. Zudem bräuchten Eltern ein Instrument, „um sich gegen lange Bearbeitun­gszeiten von teilweise drei bis vier Monaten wehren zu können“.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpoli­tik der Diakonie Deutschlan­d, wies darauf hin, dass seit 2007 keine Anpassung des Mindestbet­rages beim Elterngeld stattgefun­den hat. So beträgt er bei Eltern ohne oder mit geringem Einkommen 300 Euro, beim Elterngeld­Plus 150 Euro. Angesichts der steigenden Lebenshalt­ungskosten plädierte Loheide dafür, im Zuge der Reform die Mindestbei­träge beim Elterngeld künftig dynamisch an die steigenden Verbrauche­rpreise anzupassen.

Wie geht es weiter?

Im Frühjahr kommt die Reform des Elterngeld­s ins Kabinett. Bundestag und Bundesrat müssen dem zustimmen.

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FOTO: ANDREAS GEBERT/DPA Das Elterngeld ist für Mütter und Väter gedacht, die nach der Geburt eines Kindes nur wenig oder nicht arbeiten möchten.
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