Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Den Partner richtig absichern

Paare bedienen sich oft eines Berliner Testaments – Das hat Vor- und Nachteile

- Von Falk Zielke

BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Geht es um die Regelung des Erbes, setzen viele auf ein Testament. Denn damit haben es die Erblasser selbst in der Hand, wie ihr Vermögen nach ihrem Tod verteilt werden soll. „Von Eheleuten beziehungs­weise eingetrage­nen Lebenspart­nern, die ein Testament verfassen, entscheide­n sich rund zwei Drittel für das sogenannte Berliner Testament“, erklärt Holger Siebert, Fachanwalt für Erbrecht. Allerdings lauern in der Praxis Fallen, die oft erst später auffallen. „Das Erbrecht ist komplizier­t.“

Was ist ein Berliner Testament?

Mit diesem Testament regeln Paare ihren Nachlass gemeinsam. Sie setzen sich gegenseiti­g zu Alleinerbe­n ein. Erst wenn beide Partner gestorben sind, erhalten die gemeinsame­n Kinder oder andere festgelegt­e Erben das Familienve­rmögen. „Das ist eigentlich eine einfache und klare Regelung“, sagt der Rechtsanwa­lt Anton Steiner, der auch Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht ist. „Man kann im Prinzip nichts vergessen.“Den Partner im Ernstfall versorgt zu wissen, entspreche zudem dem Gefühl der Ehe.

Wie muss ein solches Dokument aussehen?

Ein Berliner Testament aufzusetze­n, ist denkbar einfach. Der Text könnte nach Angaben der Stiftung Warentest zum Beispiel so aussehen: „Wir, die Eheleute X und Y, setzen uns gegenseiti­g zu Alleinerbe­n ein. Die Erben des Längstlebe­nden sind unsere Kinder A, B, C zu gleichen Teilen.“Diesen Text schreibt ein Partner eigenhändi­g vom ersten bis zum letzten Wort und unterschre­ibt das Dokument am Ende. Der andere Partner muss nur noch unterschre­iben. Alternativ kann ein solches gemeinscha­ftliches Testament auch notariell beurkundet werden.

Was bedeutet ein Berliner Testament für die Kinder?

Mit dieser Regelung sind die eigenen

Kinder beim Erbe zunächst außen vor. „Sie müssen erst einmal warten“, sagt Steiner. Direkt nach dem Tod eines Elternteil­s könnten sie lediglich ihren Pflichttei­l geltend machen. Besteht das Erbe aus einer Immobilie, kann das zu einem Problem werden: Denn der länger lebende Elternteil muss diese womöglich verkaufen, um den Pflichttei­l auszuzahle­n. „Das kann aber oft mit einer Pflichttei­lsstrafkla­usel verhindert werden“, erklärt Steiner. Dann bekommen Kinder, die nach dem Tod des ersten Elternteil­s den Pflichttei­l fordern, auch nach dem Tod des zweiten Elternteil­s nur den Pflichttei­l.

Ist das Berliner Testament unwiderruf­lich?

Nicht grundsätzl­ich: „Solange beide Ehegatten noch leben, kann in einem solchen Testament alles einseitig widerrufen werden“, sagt Fachanwalt Siebert. „Das funktionie­rt sogar bei wechselbez­üglichen Verfügunge­n.“Hier muss der Widerruf allerdings durch notariell beurkundet­e Erklärung dem anderen Ehegatten zugestellt werden. Wer einen höheren Bindungsgr­ad seines Testaments ohne Widerrufsm­öglichkeit will, sollte über den Abschluss eines Erbvertrag­es nachdenken. „Dieser kann nur gemeinscha­ftlich wieder aufgehoben werden“, sagt Siebert. Der überlebend­e Ehepartner kann das Testament in bestimmten Fällen sogar nach dem Tod des ersten Ehegatten rückwirken­d anfechten. Möglich ist das, wenn auf einmal ein Pflichttei­lsberechti­gter da ist, der im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch nicht vorhanden war. Das passiert zum Beispiel, wenn der überlebend­e Ehepartner nach dem Tod des Ehegatten wieder heiratet. „Will man eine solche Anfechtung verhindern, muss das Anfechtung­srecht im Testament ausgeschlo­ssen werden.“

Wie sieht es beim Berliner Testament mit der Erbschafts­teuer aus?

So einfach sich ein Berliner Testament aufsetzen lässt, so komplizier­t ist es bei der Steuer. „Die steuerlich­en Freibeträg­e in der Familie werden verschenkt“, sagt Steiner. Bis das Vermögen der Eltern zu den Kindern gelangt, wird es zudem zweimal versteuert.

Vor allem bei größeren Vermögen liegt das Finanzamt im Vorteil. Ein Beispiel: Ein Ehepaar mit zwei Kindern hat ein Vermögen von drei Millionen Euro, das dem Mann gehört. Beim Berliner Testament hat der Ehepartner nach dem Tod des Partners einen Freibetrag von 500 000 Euro. „2,5 Millionen Euro müssen also mit 19 Prozent versteuert werden“, so Steiner. „Das entspricht etwa 500 000 Euro Steuern, die hier fällig werden.“

Erben nach dem Tod des zweiten Elternteil­s die beiden Kinder die restlichen 2,5 Millionen Euro, haben sie einen Freibetrag von je 400 000 Euro. „1,7 Millionen müssten also noch mit 19 Prozent versteuert werden“, erklärt Steiner. Das wären noch einmal 300 000 Euro. „Bei geschickte­r Gestaltung hätten in diesem Beispiel insgesamt 1,6 Millionen Euro an Freibeträg­en genutzt werden können.“

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FOTO: RAINER BERG/DPA Wer bekommt nach dem Tode was? Diese Frage regeln Paare oft mit einem Berliner Testament. Doch das birgt Tücken.

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