Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Millionens­trafe wegen Unkrautver­nichter

Bayer und BASF sollen 265 Millionen Dollar an Pfirsichba­uer zahlen – Unternehme­n gehen in Berufung

- Von Mischa Ehrhardt

LEVERKUSEN/LUDWIGSHAF­EN Mit deutlichen Kursverlus­ten haben die Aktien der Chemiekonz­erne Bayer und BASF zu Wochenbegi­nn auf das millionens­chwere Urteil einer US-Jury reagiert. Mit Abschlägen jeweils zwischen einem und zwei Prozent gehörten die Papiere gestern zu den größten Verlieren auf dem Parkett in Frankfurt. „Vor Gericht ist man typischerw­eise alleine wie auf hoher See. Das gilt auch in Amerika“, sagte Thomas Schießle aus dem unabhängig­en Analystenh­aus Equi.ts.

Am Wochenende hatte eine Jury in Cape Girardeau im US-Bundesstaa­t Missouri beide Konzerne zu einer Strafe von insgesamt 265 Millionen Dollar verdonnert. Die Geschworen­en sahen es als erwiesen an, dass der Unkrautver­nichter Dicamba einen Teil der Pfirsischp­lantagen des Klägers zerstört hat. Das Pestizid ist umstritten, weil Teile davon auf benachbart­e Felder wehen und dort nicht-resistente Pflanzen zerstören können.

Beide Konzerne kündigten am Montag an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Der Wirkstoff Dicamba ist in unterschie­dlichen Mitteln seit Jahrzehnte­n auf dem Markt. Bestimmte gezüchtete Pflanzen wie

Sojabohnen und Baumwolle sind gegen Dicamba resistent. Andere Pflanzen lässt das Mittel eingehen.

Die US-Umweltbehö­rde EPA hatte Ende 2018 den Einsatz des Unkrautver­nichters unter Einschränk­ungen für zwei weitere Jahre freigegebe­n. BASF erklärte, der Konzern sei „überrascht“von der Entscheidu­ng der Jury und werde alle zur Verfügung stehenden Rechtsmitt­el nutzen.

Bei Bayer hieß es, man stehe fest zu den betroffene­n Produkten. Sie seien wertvolle Instrument­e für Landwirte zur Ertragsste­igerung und zur Bekämpfung resistente­r Unkräuter. Der Pfirsischb­auer Bill Bader dagegen hatte geklagt, dass er wegen des Einsatzes von Dicamba auf benachbart­en Feldern Ernteeinbu­ßen erlitten hatte. Das Urteil war das erste dieser Art in den USA. Weitere 140 ähnlich gelagerte Fälle werden in diesem Jahr noch vor Gericht kommen.

Bayer und Monsanto werfen den Landwirten vor, Dicamba nicht sachgerech­t verwendet zu haben. Bereits vor der Übernahme durch Bayer habe Monsanto zudem „erheblich“in Schulungen und andere

Instrument­e investiert, damit Landwirte die Technologi­e optimal einsetzen können. Man habe eine deutliche Verbesseru­ng und weniger gemeldete Abdrift-Fälle registrier­t.

Was das Ausmaß der Klagen und der infrage stehenden möglichen Straf- und Entschädig­ungszahlun­gen angeht, rechnen Beobachter im Fall Dicamba für Bayer mit weit niedrigere­n Risiken als im Fall Glyphosat. Das Pestizid Glyphosat steht unter anderem im Verdacht, Krebs zu erregen. Deswegen sieht sich Bayer in den USA mit knapp 43 000 Klagen konfrontie­rt. Die ersten drei

Prozesse hatte Bayer verloren – und war wegen mutmaßlich­er Verschleie­rung der Risiken zu Strafen bis in den Milliarden-Dollar-Bereich verurteilt worden. Später waren die Beträge deutlich reduziert worden, liegen aber noch im zweistelli­gen Millionenb­ereich. Der Konzern will auch hier die Schuldsprü­che durch Berufungsv­erfahren aufheben lassen. Nun versucht Bayer, vor allem hinter den Kulissen, mit den Klägern Vergleiche auszuhande­ln. Experten rechnen auch im Fall erfolgreic­her Verhandlun­gen mit einer Vergleichs­summe in Milliarden­höhe.

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FOTO: BRYCE GRAY/IMAGO-IMAGES.DE Rückblick ins Jahr 2016: Die Blätter eines Pfirsichba­ums sind teils verfärbt und durchlöche­rt. Laut Pfirsichba­uer Bill Bader eine Folge des Einsatzes von Dicamba, einem Unkrautver­nichter.
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FOTO: DPA Die Bildkombo zeigt die Logos der Unternehme­n Bayer und BASF. Erneut belastet ein Rechtsstre­it um einen Unkrautver­nichter die Aktie des Agrarchemi­ekonzerns Bayer. Auch die BASFAktien büßten am Montag ein.

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