Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Stadt Memmingen greift tief in die Rücklagen
Die Übernahme aufgelaufener Klinikdefizite kostet heuer fast 14 Millionen Euro
MEMMINGEN - „Da wird manch einer seinen Augen nicht trauen.“Mit diesen Worten leitete Memmingens Kämmerer Jürgen Hindemit in der jüngsten Finanzsenatssitzung die Vorstellung des städtischen Haushalts 2020 ein. Hintergrund sind die zum Teil massiven Veränderungen bei den Ein- und Ausgaben der Stadt gegenüber den Vorjahren. Allerdings betonte Hindemit im gleichen Atemzug, dass die sinkenden Umlagen und steigenden Schlüsselzuweisungen heuer auf Sondereffekte zurückzuführen seien. Ungewöhnlich hoch sei auch die Entnahme aus den Rücklagen von insgesamt 12,6 Millionen Euro.
Grund für den enormen Griff in den Sparstrumpf der Stadt ist die am 1. Januar vollzogene Umwandlung des Memminger Klinikums in ein sogenanntes Kommunalunternehmen. Zuvor wurde das Krankenhaus als Regiebetrieb geführt – also wie eine Abteilung innerhalb der Stadtverwaltung. Als Kommunalunternehmen ist es jetzt rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch von der Kommune getrennt. Allerdings fungiert die Stadt weiterhin als Träger des Krankenhauses. Um dem Kommunalunternehmen einen guten Start zu ermöglichen, übernimmt die Stadt die seit 2004 aufgelaufenen Defizite aus Betrieb und Investitionen des Klinikums. Insgesamt geht es um rund 20 Millionen Euro. Nachdem im vergangenen Jahr bereits sechs Millionen Euro geflossen sind (wir berichteten), stellt die Stadt heuer knapp 14 Millionen Euro für den Konten-Ausgleich im Haushalt bereit. Laut Oberbürgermeister Manfred Schilder müsse die Stadt in diesen sauren Apfel beißen. Denn es sei eine sinnvolle Investition in die Zukunft des Klinikums.
Mit Blick auf weitere Kennzahlen des diesjährigen Etats erläuterte Kämmerer Hindemit, dass die Gewerbesteuer-Einnahmen wohl stagnieren werden. Die Stadt rechne deshalb wie im Vorjahr mit etwa 32,5 Millionen Euro. Allerdings würden die Anteile an der Einkommens-, der Umsatz- und der Grunderwerbssteuer steigen. Was die Ausgaben anbelangt, sprach der Kämmerer von einem überdurchschnittlichen Anstieg der Personalkosten um gut sechs Prozent auf fast 51 Millionen Euro im Jahr 2020. Grund dafür seien steigende Löhne und eine Zunahme der Mitarbeiterzahl. Mehr Geld in der Haushaltskasse bleibt den Kommunen heuer auch wegen des Wegfalls der sogenannten erhöhten Gewerbesteuerumlage, die bisher für den Aufbau der ostdeutschen Bundesländer verwendet wurde. Somit sinkt für Memmingen die allgemeine Gewerbesteuerumlage gegenüber dem Vorjahr von 6,3 auf 3,4 Millionen Euro.
Der städtische Haushalt wird jetzt noch in den weiteren Senaten des Stadtrats beraten. Am Ende stimmt der Gesamtstadtrat über den Etat ab.