Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bottensche­in sagt „Tag der Reise“ab

Wie Reiseveran­stalter in der Region auf das Coronaviru­s reagieren

- Von Christian Reichl und Reiner Schick

GLAUPHEIM/WAIN/EHINGEN - Das Coronaviru­s beunruhigt dieser Tage viele Menschen – deutlich zu spüren bekommen das die Reiseunter­nehmen in der Region. Dutzende Kunden erkundigen sich nach den Möglichkei­ten, von einer Reise zurückzutr­eten. Die SZ hat mit den Firmen Reinalter in Laupheim, Fromm-Reisen in Wain und Bottensche­in in Ehingen gesprochen.

„Einige Kunden haben sich darüber informiert, was es kostet, von einer Reise zurückzutr­eten“, erzählt Sigrid Fromm, Geschäftsf­ührerin von Fromm-Reisen in Wain. Das Unternehme­n transporti­ert jährlich rund 100 000 Fahrgäste im Reiseverke­hr. Vier gebuchte Reisen wurden wegen des Virus bereits abgesagt. „Die Menschen sind durch die starke Präsenz des Themas in den Medien besorgt“, sagt Fromm. Sie vermutet, dass viele vom Umfang der Berichters­tattung auf die Gefährlich­keit des Erregers schließen.

„Über die gefährlich­e Grippe wird bei Weitem nicht in diesem Maße berichtet“, sagt Fromm. Die Bürger

sollten Ruhe bewahren und die Entwicklun­gen aufmerksam verfolgen. Das Reiseunter­nehmen steht in engem Kontakt mit Partnerage­nturen, welche die Entwicklun­gen am jeweiligen Reiseziel aufmerksam verfolgen und über Neuigkeite­n informiere­n, erklärt Fromm. „Urlauber sollten nicht grundlos in Panik geraten.“

Reisewarnu­ngen des Auswärtige­n Amts nehme man ernst, versichert Fromm: „Bisher sind zwei kleinere Regionen in Italien betroffen.“Diese wären ohnehin nicht angefahren worden. Generell auf Reisen nach Italien zu verzichten, hält Fromm für übertriebe­n: „Wir sollten auf die absoluten Zahlen schauen. Italien hat 60 Millionen Einwohner, die Zahl der Corona-Infizierte­n beläuft sich auf ein paar hundert.“

„Natürlich haben wir großes Verständni­s für die Verunsiche­rung der Kunden. Wir versuchen, die Leute sachlich zu informiere­n“, sagt Fromm. Das funktionie­re nur teilweise – einige der Kunden ließen sich ihre verständli­che Angst nicht nehmen. Wer nicht reisen wolle, der habe selbstvers­tändlich die Möglichkei­t, von der Buchung zurückzutr­eten.

„Der Kunde muss allerdings die Stornierun­gskosten bezahlen, da auch wir an unsere Verträge mit Hotels und Agenturen gebunden sind.“Eine Reiserückt­rittsversi­cherung trage nur im Falle einer Krankheit die Kosten: „Die Versicheru­ng greift bei Angst nicht.“

Auch beim Busunterne­hmen Reinalter Reisen in Laupheim, das europaweit­e Touren anbietet und rund 20 000 Reisefahrg­äste jährlich hat, gab es bereits vereinzelt Anfragen wegen des Virus. „Wir haben Anfragen im Programmbe­reich zu unseren eigenen Veranstalt­ungen und zu unseren Mietwagenf­ahrten“, sagt Geschäftsf­ührer Achim Reinalter. Die Kunden würden sich vor allem über Reisen nach Italien informiere­n: „Die werden derzeit kritisch hinterfrag­t.“

Absagen gebuchter Reisen gebe es bislang nicht, erklärt Reinalter. „Wir achten auf Reisewarnu­ngen des Auswärtige­n Amts.“Solange Gebiete als nicht gefährdet eingestuft werden, will das Busunterne­hmen Reiseziele wie geplant anfahren.

Wenn Kunden eine Reise aus Angst vor dem Virus nicht antreten möchten, müssten sie die Stornierun­gskosten selbst tragen. Der

Grund: „Wir haben die Hotels gebucht und sind an die Vertragspa­rtner gebunden“, erklärt der Busunterne­hmer. Sollten Reisewarnu­ngen für entspreche­nde Gebiete ausgesproc­hen werden, gelte das natürlich nicht. „Das ist das Risiko als Reiseveran­stalter.“

Das Ehinger Reiseunter­nehmen Bottensche­in, das auch in Laupheim eine Filiale betreibt, hat seinen für 8. März in der Lindenhall­e und auf dem Ehinger Marktplatz geplanten „Tag der Reise“abgesagt. Als Grund wird die Ausbreitun­g des Coronaviru­s genannt. Die Firma hat ihre Stammkunde­n, Partner und Aussteller in einem Rundbrief über die Entscheidu­ng informiert.

In den vergangene­n Tagen und Wochen habe sich beim gesamten Bottensche­in-Team alles um die Vorbereitu­ng auf die „mittlerwei­le traditions­reiche Reisemesse“gedreht. „Doch auch wir haben die sich überschlag­enden Meldungen zum Coronaviru­s verfolgt und sehen der Tatsache ins Auge, dass sich dessen Ausbreitun­g nicht verhindern lässt“, heißt es in dem Schreiben. Den weiteren Verlauf sowie die Folgen könne derzeit niemand vorhersage­n, auch im Nachbarkre­is sei das Virus mittlerwei­le angekommen.

„Da die Sicherheit und Gesundheit unserer Gäste, Kunden, Partner und Mitarbeite­r für uns an oberster Stelle steht, haben wir uns dazu entschiede­n, unseren Tag der Reise und den Vereinsinf­otag dieses Jahr abzusagen. Wir sehen das mit einer Großverans­taltung und mehreren Tausend Besuchern verbundene Risiko und möchten niemanden einer Gefahr aussetzen“, schreibt Bottensche­in weiter.

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“teilte das Unternehme­n mit, dass alle von Bottensche­in vorgesehen­en Reisen planmäßig stattfinde­n werden, sofern es keine Reisewarnu­ngen für die jeweiligen Zielländer gibt. Geschäftsf­ührer Horst Bottensche­in war für eine persönlich­e Stellungna­hme am Freitag nicht zu erreichen.

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ARCHIV-FOTO: DPR Abgesagt: Der „Tag der Reise“, den das Ehinger Reiseunter­nehmen Bottensche­in für den 3. März geplant hatte. Informiert wurde über die Entscheidu­ng in einem Rundbrief.
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FOTO: DPA/WOITAS Die Reisewarnu­ngen des Auswärtige­n Amts in Berlin seien ausschlagg­ebend dafür, ob eine Reise abgesagt wird, erklären Reiseveran­stalter.
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FOTO: CHRE Achim Reinalter

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