Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Da darf nichts passieren“
Maselheimer Bürgermeister verteidigt Kiesabbau in Äpfingen und will Gutachten überprüfen
MASELHEIM (asp) - Gegen den geplanten Kiesabbau im Äpfinger Herrschaftsholz macht eine Bürgerinitiative mobil. Obwohl die Gemeinde Maselheim nicht der Antragssteller für das Abbauvorhaben ist, steht auch Bürgermeister Elmar Braun in der Kritik. Andreas Spengler hat mit ihm gesprochen.
Es heißt immer, Klimaschutz muss im Kleinen beginnen. Haben Sie als grüner Bürgermeister denn keine Gewissensbisse bei einem solchen Projekt wie dem Äpfinger Kiesabbau?
Ich denke da viel drüber nach. Aber ich habe alles geprüft und überlegt und insofern auch keine Gewissensbisse. Meine grünen Freunde, die vehement dagegen sind, haben auch alle gebaut, haben ein Handy, fahren Auto und brauchen also Kies. Und natürlich bin ich vor allem Maselheimer Bürgermeister und erst in zweiter Linie grüner Parteigänger. Als Bürgermeister muss ich alle Seiten abwägen.
Warum setzen Sie sich nicht dafür ein, dass dieses Waldstück im Äpfinger Herrschaftsholz erhalten bleibt?
Bei dem Wald im Herrschaftsholz handelt es sich um einen reinen Nutzwald. Der wird ohnehin früher oder später gefällt und anders aufgeforstet. Der Besitzer nutzt seinen Wald, so wie Landwirte ihre Felder nutzen. Wenn man das Bauholz rausholt und verbaut, ist das CO2 gebunden. Klimaschutz muss man umfassender sehen und Holzbau gilt als klimafreundlich.
Nun hat sich eine Bürgerinitiative (BI) gegründet, die genau das anzweifelt.
Weder ich noch die jetzigen Mitglieder der Bürgerinitiative werden noch erleben, was da tatsächlich passieren wird. Die Kiesgruben, die ich kenne, sind anders rekultiviert worden, als man es zu Beginn gedacht hat. Die alten Rekultivierungspläne in Baltringen zum Beispiel sahen vor, dass der Kies rauskommt und danach wieder Äcker entstehen. Jetzt hat man statt Äcker Natur aus zweiter Hand gemacht. Heute ist dort wieder ein richtiger Wald entstanden und die Kiesgruben sind wertvolle Landschaftsbestandteile. Im Herrschaftsholz bin ich mir aber sicher, dass dort kein Loch bleiben wird, sondern in 100 Jahren wieder ein Wald stehen wird.
Wie wollen Sie konkret mit der BI umgehen, gibt es ein Gesprächsangebot?
Ich spreche mit allen, natürlich auch mit der BI. Und ich gehe auch dorthin, wo es wehtut. Aber ich bin nicht der Antragssteller. Wir werden in dem Verfahren nur gehört und sind eingebunden. Die Vorhabensträger sind andere.
Fühlen Sie sich denn gut eingebunden?
Ja, wir erhalten alle wichtigen Informationen. Es hat auch bereits zahlreiche Gespräche gegeben und von Beginn an habe ich klargemacht: Wenn es auch nur irgendeinen Verdacht für die Gefährdung unseres Trinkwassers gibt, dann ist es vorbei. Unser Trinkwasser ist das A und O.
Können Sie verstehen, dass bei der BI so wenig Vertrauen in die Behörden vorhanden ist?
Dafür habe ich kein Verständnis. Weil ich selbst in meiner langen Zeit als Bürgermeister erlebt habe, wie die Hürden immer größer wurden. Die Bürger, die das kritisieren, wissen überhaupt nicht, was sich in der Genehmigungspraxis verändert hat. Für dieses Vorhaben gibt es mehrere Aktenordner voll an Material, das der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und von den Fachbehörden geprüft wird.
Die BI nennt ja ganz konkrete Zweifel. Der Vorsitzende Rainer Schaaf hat zum Beispiel gesagt, „wer das Gutachten bezahlt, bekommt recht“. Da spricht doch ein tiefes Misstrauen aus ihm …
… oder eine tiefe Hilflosigkeit. Das ist das letzte Argument, das er noch hat.
Was macht Sie denn so sicher, dass er unrecht hat?
Wir haben ja auch schon Gutachter bestellt und da hatte ich nie den Eindruck,
dass Gutachter käuflich sind. Das größte Problem im Herrschaftsholz ist das Wasser. Unser Trinkwasserschutzgebiet endet dort, wo der Kiesabbau anfängt. Wir haben im Gemeinderat daher beschlossen, dass wir das gesamte hydrologische Gutachten auf Plausibilität prüfen lassen – übrigens von einem Gutachter, den wir bezahlen. Die Gutachten sind so komplex, dass sie sehr schwer zu verstehen sind. Da kann ich die Zweifel schon nachvollziehen. Ich neige dazu zu glauben, dass das Trinkwasser nicht gefährdet ist und dass nur etwa zehn Prozent unseres Wassers aus dem Abbaugebiet kommen. Aber das reicht mir nicht. Unsere Trinkwasserfassung muss sicher sein. Deshalb gibt die Gemeinde etwa 5000 bis 10 000 Euro aus für einen Gutachter, der fachlich in der Lage ist, die Gutachten der Antragssteller zu lesen, zu prüfen und uns damit Sicherheit zu geben.
Der Vorwurf, der in der Kritik der BI anklingt, ist doch: Die Behörden stecken unter einem Hut, egal ob es der Maselheimer Bürgermeister oder ein Mitarbeiter des Landratsamts ist. Die Treffen sich einmal in der Woche und gehen zusammen Mittagessen …
Aber so ist es nicht. Natürlich treffe ich mich mit Mitarbeitern des Wasserwirtschaftsamts. Regelmäßig sogar, aber nicht so, wie es die BI denkt. Im Gegenteil: Ich streite mit denen, zum Beispiel darüber, wie wir mit dem Thema Biber oder dem Hochwasserschutz im Ort umgehen dürfen. Und beim Thema Herrschaftsholz sage ich ihnen deutlich: Schaut das ganz genau an. Da darf nichts passieren.
Was wäre denn, wenn ihr Gutachter Bedenken äußern würde an dem Gutachten der Abbaufirma?
Dann würden wir zunächst die Bedenken dem Landratsamt mitteilen und dann mit dem externen Gutachter besprechen.
Hätte der Gemeinderat am Ende ein Vetorecht?
Wenn es wirklich ernsthafte, nachvollziehbare Bedenken gibt, bin ich mir sicher, dass das Landratsamt das Vorhaben nicht genehmigen wird.