Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Unzureichend ausgestattet an vorderster Front
Dr. Lutz Weber hofft in der Corona-Krise auf zusätzliche Schutzausrüstung für die Hausärzte
GLAUPHEIM - Achtzehn Jahre arbeitet Dr. Lutz Weber in seinem Beruf, seit 2008 praktiziert er als niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Laupheim. Die jetzige Situation, ausgelöst durch das Coronavirus, ist auch für ihn eine völlig neue Herausforderung. Unbehaglich fühlt er sich, „denn wir haben es mit einem unsichtbaren, gefährlichen Gegner zu tun, über den wir vieles noch nicht wissen“. Ernstlich Sorge bereitet ihm, dass es den Hausärzten und ihren Teams an Ausstattung mangele.
„Es fehlt an allen Ecken und Enden“, kritisiert Weber, als Leiter des hausärztlichen Qualitätszirkels in Laupheim mit seinen Kolleginnen und Kollegen bestens vernetzt. „Wir haben nach wie vor keine Schutzkleidung und nicht genügend Atemschutzmasken.“Im Januar wollte er Masken der gehobenen Schutzstufe FFP2 bestellen, sie waren deutschlandweit nicht lieferbar. Auch bei den Testkits für Laboruntersuchungen drohten inzwischen Engpässe.
Die Notfallplanung in den Krankenhäusern sei natürlich wichtig, sagt Weber, doch an vorderster Front stünden nun mal die Hausärzte. Sie müssten dringend in die Lage versetzt werden, sich und ihre Patienten zu schützen. „Nur wenn wir handlungsfähig sind, können wir aktiv mithelfen, Gesundheitsämter und Kliniken zu entlasten“, gibt der Mediziner zu bedenken. „Wenn wir jetzt aber ,verheizt’ werden, indem wir ohne Selbstschutz Patienten nicht der richtigen Versorgung zuführen können, dann brechen wir Hausärzte irgendwann auch für die anderen Patienten weg, die ja auch noch versorgt werden müssen. Und dann rollt außer Corona noch eine ganz andere Welle auf die Krankenhäuser zu.“
Weber hofft, dass die von Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn angekündigte Beschaffung und Zuteilung von zusätzlicher Schutzausrüstung rasch umgesetzt wird – „da zählt jetzt jeder Tag“.
„Wir Hausärzte kämpfen nach unseren Möglichkeiten“, betont der 43-jährige Allgemeinmediziner.
Sämtliche Praxen hätten momentan auf Notbetrieb umgestellt und die Abläufe geändert. Bei Weber, der im Ärztehaus in der Eugen-Bolz-Straße gemeinschaftlich mit Dr. Steffen Gauß praktiziert, heißt das wie bei ihren Kolleginnen und Kollegen auch: „Wir versuchen die Kontakte auf ein Minimum zu
Dr. Lutz Weber macht den Menschen Mut im Kampf gegen Corona
begrenzen.“
Bei medizinischen Problemen, die keine unmittelbare Untersuchung der Patienten erfordern, setzen die Doktores jetzt auf Beratung am Telefon oder per Videosprechstunde. Krankmeldungen dürfen vorerst auch nach telefonischer Rücksprache ohne Arztkontakt ausgestellt werden, sie werden zu bestimmten Uhrzeiten am Eingang zum Ärztehaus ausgegeben. Wiederholungsrezepte können telefonisch oder online bestellt werden, die Praxis sendet sie der gewünschten Apotheke zu.
Wer unter einer Atemwegsinfektion, Husten oder Fieber leidet, wird inzwischen überall gebeten, den Hausarzt zunächst telefonisch zu kontaktieren. Einbestellt werden diese Patienten zu gesonderten Sprechzeiten, oder sie werden gleich bei der Ankunft in abgetrennte Räumlichkeiten geleitet.
Auf Hausbesuche und Laboruntersuchungen, die reine Routine sind, verzichten Lutz Weber und Steffen Gauß zunächst bis Anfang
April, um besonders gefährdete Patienten nicht einem unnötigen Risiko auszusetzen. „Selbstverständlich versorgen wir aber Patienten mit akuten Erkrankungen und Menschen, deren Zustand sich rapide verschlechtert.“
Die allermeisten Patienten zeigten Verständnis für diese Maßnahmen, berichtet Weber. Das Ziel sei auch hier, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Ein lawinenartiger Anstieg der Patientenzahlen könnte das Gesundheitssystem schnell an die Grenzen der Belastbarkeit bringen.
Dem Biberacher Gesundheitsamt bescheinigt Weber gute Arbeit. Die Politik indes habe es über Jahre versäumt, ausreichend Vorsorge für eine Pandemie zu treffen. Jetzt räche sich zum Beispiel, dass wichtige medizinische Ausstattung der niedrigen Preise wegen großteils aus Übersee importiert wird. Dass – wie auch im Landkreis Biberach geplant oder schon vollzogen – Krankenhausbetten in der Fläche abgebaut werden. Dass die Konditionen für Pflegeberufe in der Vergangenheit wenig attraktiv ausgestaltet waren. Aus solchen Fehlern müsse man lernen: „Gesundheit ist nun mal nicht zum Nulltarif zu haben.“
Einen Flächenbrand bei den Neuinfektionen verhindern und Zeit gewinnen, bis ein Impfstoff gegen das Coronavirus zur Verfügung steht: Darauf komme es jetzt an, sagt Lutz Weber. „Die Lage ist ernst“, schreibt er auf der Praxis-Homepage. „Aber wenn wir alle zusammenhalten, werden wir die Situation meistern.“
„Die Lage ist ernst. Aber wenn wir alle zusammenhalten, werden wir die Situation meistern.“